Wo Prostituierte ihre Kundenbeziehungen pflegen

Das Rotlichtmilieu hat das Web längst für eigene Zwecke entdeckt. Nun nistet sich die Szene auch immer stärker bei Facebook ein. Weite Teile der Plattform entwickeln sich zum „Redlight District“. Prostituierte und „Escort Services“ bieten erotische Dienste in ihren virtuellen Bordellen zum Kauf. Das weltgrößte Netzwerk eignet sich hervorragend zur Pflege von Kundenbeziehungen und für Preisverhandlungen in dem Business, wie Sudhir Venkatesh, Soziologieprofessor an der Columbia University, feststellt. Überraschend viele Prostituierte nutzen Social Media daher als Motor für ihr Geschäft.

„Die Rotlichtszene ist bei neuen Technologien immer ganz weit vorne dabei“, sagt Torsten Schwarz, Chef der Unternehmensberatung Absolit. „Das war schon im World Wide Web so und ist auch bei sozialen Medien der Fall.“ Facebook ist daher gefordert, hier klare Regeln zu schaffen. Die Plattform hat wohl kaum Interesse daran, dass sich ihr Gewerbegebiet weiter zum Rotlichtmilieu entwickelt. Der Experte geht daher nicht davon aus, dass das Portal zu einem Eldorado für Prostitution wird. „Twitter beispielsweise ist für die Rotlichtszene unkomplizierter. Hier ist sie schwer aktiv“, meint Schwarz. Nachdem der Online-Kleinanzeigendienst Craigslist den boomenden Redlight District auf seinen Seiten geschlossen hat, ist das Technologie-affine Gewerbe nicht etwa an seine dunklen Straßenecken zurückgekehrt. Vielmehr hat es im Web neue Plätze für sich entdeckt, um seine „Ware“ feilbieten zu können.

Venkatesh hat beinahe 300 Prostituierte über ihren Umgang mit neuen Technologien interviewt. Wie er in einem Wired-Beitrag festhält, betreiben rund 83 Prozent davon ein Facebook-Profil, das sie vorwiegend oder ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen. Mehr als 60 Prozent der Prostituierten haben bereits den Redlight District bei Craigslist genutzt, um das Geschäft anzukurbeln. Nach dem Aus war Facebook ihre erste Wahl. Auf ihren Seiten veröffentlichen sie Bilder, werben für ihre Services und legen Preise für ihre Dienstleistungen fest. 70 Prozent der Userinnen pflegen ihr Profil gleich unterwegs per Smartphone. Nicht nur ihren Kunden können sie durch das Angebot in sozialen Medien womöglich zu einem höheren Maß an Anonymität verhelfen. Bei Facebook und in weiteren sozialen Netzwerken pflegen sie auch ihr eigenes Image und trennen Geschäftliches von Privatem. pte