Wie sich ein Scheitern des Multi-Channel-Projekts vermeiden lässt

Multi-Channel, Cross-Channel oder Omni-Channel – es gibt viele Namen für die Abhängigkeit und die Verknüpfung klassischer analoger und neuer digitaler Kanäle. Nur eines ist sicher: Multi-Channel ist für praktisch alle Geschäftsmodelle alternativlos. Kundenbedürfnisse haben sich verändert und nur Geschäftsmodelle, die sich diesen veränderten Kundenbedürfnissen anpassen, können Marktanteile halten oder ausbauen.

Von Olaf Rotax

Trotzdem tun sich viele Händler gerade hierzulande schwer. Viele Multi-Channel-Initiativen sind zurückhaltend und nur im Ausnahmefall konsequent kundenorientiert. Auf der Suche nach der Ursache lassen sich zehn typische Fehler identifizieren, die wesentlich zum Scheitern vieler Multi-Channel-Projekte beitragen.

Grundsätzlich kann in der Praxis zwischen mangelhafter strategischer Basis und mangelhafter operativer Exzellenz in der Umsetzung unterschieden werden.

Was Unternehmen bei ihren Multi-Channel-Vorhaben häufig nicht richtig machen, zeigt diese Abbildung von dgroup.

Zu einer nicht ausreichenden strategischen Basis zählt in vielen Fällen eine nicht ausreichende Betrachtung des zunehmend internationalen Online-Wettbewerbs, der verstärkt die Erwartungen der Kunden verändert. In der Folge findet vielfach keine ausreichende Differenzierung zum Wettbewerb statt und das durchaus vorhandene Marktpotenzial wird nicht genutzt. Die Lösung in diesem Falle ist einfach: Arbeiten Sie an einem USP, den Ihr Multi-Channel-Ansatz nachhaltig halten kann!

Das bestehende System wird erschüttert

Eher auf der organisatorischen Ebene liegen die nächsten zwei typischen Handlungsfallen. Allzu oft wird versucht, mit dem Bestehenden maximal viel zu erreichen. Restriktionen werden für unveränderbar angesehen. Stattdessen sollte man lieber die Frage stellen, was getan werden muss, um vorhandene Potenziale zu nutzen (Best-in-Class Ansatz). Multi-Channel ist Systemveränderung und Systemveränderung erfordert zuerst eine Erschütterung des bestehenden Systems, um es dann in einen neuen Zustand zu überführen. Dementsprechend muss jeder Multi-Channel-Prozess ein Top-Management getriebener Transformationsprozess sein. Das Ziel dieses Prozesses ist die Neudefinition des Geschäftes unter Wegfall angenommener Restriktionen und unter Nutzung neuer Potenziale aus Digitalisierung und Vernetzung.

Nur der Vollständigkeit halber sei in der Kategorie strategische Basis die häufige Unterschätzung der Rolle der IT genannt. Wenn das Geschäft zunehmend dynamisch und in Echtzeit stattfindet, dann spielt eine flexible, modulare und real-time-fähige IT-Infrastruktur eine entscheidende Rolle. An einer solchen Infrastruktur führt in Zukunft kein Weg mehr vorbei.

Flexible Strukturen schaffen

Für die operative Exzellenz in der Umsetzung sollen vor allem drei Fehler herausgestellt werden:

  • Hinter jedem erfolgreichen Multi-Channel-Angebot steht ein erfolgreiches Online-Angebot. Underperformance in Online lässt sich nicht durch Multi-Channel heilen.
  • Exzellenz braucht Zeit und lässt sich nicht ad-hoc aufbauen. Der Online-Erfolg hat bei erfolgreichen Playern wie Zappos und Asos mehr als zehn Jahre gedauert. Warum soll es bei Multi-Channel anders sein?
  • Eine ‚Test & Learn‘ Kultur ist im dynamischen und noch jungen Markt erfolgskritisch. Multi-Channel steht erst am Anfang, doch die Erwartungen der Kunden steigen kontinuierlich. Die neuen Angebote disruptiver Anbieter werden in der zweiten Stufe manchmal sehr schnell zum Marktstandard. Kern-Herausforderung ist also der Aufbau flexibler, sich kontinuierlich optimierender, Strukturen.

Es klingt am Ende eigentlich ganz einfach: Benötigt wird eine klare Basis und operative Exzellenz. Denn in der Kenntnis wesentlicher Erfolgstreiber und Fehlerquellen liegt auch die Chance, diese systematisch zu bearbeiten und von der dynamischen Marktentwicklung von Multi-Channel zu profitieren. Multi-Channel ist der Schlüssel zu Differenzierung und Wachstum. Nutzen Sie Ihre Chance!

Über den Autor
Olaf Rotax ist Managing Partner der dgroup (ehemals diligenZ Group) und Experte für Multichannel und Strategieentwicklung im Handel. In der Vergangenheit hat er verschiedene Multichannel-Integrationsprojekte von Online und traditionellem Geschäft begleitet. Vor seiner Tätigkeit bei der dgroup war er unter anderem Geschäftsführer bei Karstadt.de und shopping24.de.