Wie sehr belasten die Streiks die Marke Lufthansa?

Vor gut einem Jahr sprachen Lufthansa-Marketingchef Alexander Schlaubitz und Brandmanagerin Nicole Mies im Interview mit Chefredakteur Christian Thunig über die Premiumherkunft der Lufthansa, über Eurowings und die Problematik der Streikkultur. Damals betonte Mies, dass langfristig Streiks keinen Schaden anrichten würden. Heute, ein Jahr später, sieht das ein wenig anders aus
Lufthansa-Marketingchef Alexander Schlaubitz und Brandmanagerin Nicole Mies bestimmen die Flugroute der Marke Lufthansa (© Ellen Bornkessel)

„Als Hüter der Marke hat man mit Blick auf die vergangenen Monate besondere Schmerzen. Inwiefern schaden Streiks der Marke Lufthansa?“ Fragte die absatzwirtschaft Lufthansas Brandmanagerin Nicole Mies. Sie wies auf intensives Tracking und Analysen im Onlinebereich hin, die einen sehr guten Einblick über die kurzfristigen Entwicklungen aufzeigen. Parallel dazu analysiere Lufthansa auch ihre Marken-Trackings. Trackings geben Informationen über Markenbekanntheit, Markenverwendung und Markenimage, um Veränderungen im Zeitablauf feststellen zu können. „In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass es durchaus kurzfristige Auswirkungen gibt, aber dass man keine langfristige Tendenz erkennen kann. Am Ende geht es darum, wie wir dem Kunden gerecht werden, indem wir ihn aktiv informieren oder ihm beim Umbuchen helfen. Hier wollen wir in Zukunft noch besser werden.“

Nach 23 Streiktagen in 18 Monaten

Nach einem Jahr voller Streiks ist allerdings die kurzfristige Auswirkung zu einer langfristigen mutiert. Das musste auch Alexander Schlaubitz im Horizont Online-Interview zugeben: „Nach den ersten Streiks setzten noch sehr schnell Stabilisierungseffekte ein – die Werte für unsere Marke gingen nach unten, erreichten dann aber bald wieder das Ausgangsniveau. Dieser ‚Bounce-Back-Mechanismus‘ funktioniert nicht mehr. Nach 23 Streiktagen in 18 Monaten gibt es eine Art negativen Lerneffekt. Die Menschen assoziieren Lufthansa auch mit Streik. Das ist ein Problem.“

Alexander Schlaubitz äußerte schon damals im absatzwirtschaft-Interview, dass es wichtig sei, ein nachhaltiges Unternehmensgerüst zu schaffen, mit einem nachhaltigen Markenportfolio, „das uns in die Lage versetzt, über die nächsten Jahrzehnte erfolgreich wirtschaften zu können. Dazu gehört auch, ein zeitgemäßes Abkommen mit unseren Belegschaften zu schließen. Es gibt bestimmte Dinge, an die sich unsere Belegschaft über die Jahrzehnte gewöhnt hat, die in der Form einfach weiterhin nicht mehr zukunftsfähig sein werden.“

Veränderungen ist die Lufthansa im letzten Jahr angegangen, bekam damit aber auch immer wieder Gegenwind der Gewerkschaften. Das Resultat: Die anhaltenden Streiks in den Tarifkonflikten mit Piloten und Flugbegleitern haben Schäden in Höhe von rund 500 Millionen Euro verursacht. Die Zahl beziehe sich auf dreizehn Pilotenstreiks und einen Streik der Gewerkschaft der Flugbegleiter Ufo in den Jahren 2014 und 2015, sagte Konzernchef Carsten Spohr dem Tagesspiegel. Dazu kommt noch der Unmut bei vielen Passagieren, die wegen den ständig drohenden Flugausfällen auch mitunter die Flugmarke wechselten.

Markenwertverlust?

Durch einen großen Konzernumbau liegt die Lufthansa mittlerweile im Dauerstreit mit ihren Beschäftigten. Wie stark hat die Marke an Wert verloren?  Schlaubitz zu Horizont: „Wir sind in den vergangenen 18 Monaten bei einzelnen Kriterien der Markenwahrnehmung zwischen zehn und 15 Prozent ins Negative gerutscht.“ Laut Schlaubitz hatten sie dieses Tracking in der Vergangenheit nicht, insofern gibt es keine objektiven Vergleichswerte. Lufthansa muss aber davon ausgehen, dass Effekte in dieser Größenordnung „in der Geschichte der Lufthansa einmalig sind.“