Wie Online-Händler besser versenden

Sogenannte API-Schnittstellen verbinden Online-Shops und die IT der Versender. Sie versprechen Zeitersparnis und Produktivitätssteigerung. Doch sind sie auch für kleinere Onlinehändler sinnvoll?

PIs, offene Programmierschnittstellen, über die Funktionen anderer Websites in den eigenen Internetauftritt eingebunden werden können, haben in den vergangenen Jahren den E-Commerce revolutioniert. Mittlerweile sind viele API-Tools Standard. Facebook-Verknüpfungen oder Standortdienste wie Foursquare ermöglichen neue Wege im Marketing. Auch komfortable Zahlungsmöglichkeiten für Kunden zum Beispiel via Paypal funktionieren nicht mehr ohne API.

„Besonders Onlinehändler mit einem breit gefächerten Produktsortiment können mit API ihren Leistungskatalog unter Berücksichtigung externer Produkt und Lieferantendaten aktuell halten. Sie ermöglichen die schnelle und schnittstellenarme Weiterverarbeitung von Daten durch standardisierte Schnittstellen und finden nahezu in allen Formen des Onlinehandels, vom vermeintlich einfachen und autarken Online-Shop bis hin zu komplexen Plattformen des E-Commerce Anwendung“, erläutert Horst Wildemann, Leiter des Forschungsinstituts für Unternehmensführung, Logistik und Produktion an der Technischen Universität München.

Nun bieten immer mehr Versandunternehmen für den E-Commerce Versand-Tools an, die in das Backend von Online-Shops integriert werden können und auf Basis von API funktionieren. So werden Probleme minimiert, denn „die treten zumeist dort auf, wo Informationsasymmetrien oder -defizite durch Systembrüche entstehen. Dies findet zum einen bei der manuellen Bedarfskonfiguration wie auch beim Retouren-Handling und der finalen Bestellabwicklung oder auch im Zusammenspiel verschiedener Lieferanten statt“, sagt Wildemann weiter.

Vor allem die großen Versandunternehmen sind bereits auf den Zug mit der neuen Technik aufgesprungen: So bieten beispielsweise DHL, Hermes, iloxx oder UPS API-Anwendungen für den Versand an.

Die Vorteile können vor allem die Online-Händler ausschöpfen, die ihre Waren nicht nur über einen Kanal vertreiben. „Immer mehr Online-Händler verkaufen ihre Waren heute nicht mehr nur im eigenen Webshop, sondern nutzen unterschiedliche Kanäle. Für den Händler ist der Multichannel-Vertrieb allerdings besonders beim Versand mit deutlich mehr Aufwand verbunden“, erläutert Frank Iden, Vorsitzender der Geschäftsführung der Hermes Logistik Gruppe Deutschland.

„Genau hier greift unsere API: Sie unterstützt bei der Vernetzung verschiedener Vertriebskanäle und ermöglicht es, den Versand zentral über nur eine Software zu koordinieren – egal wo die Ware verkauft wurde. Das spart Zeit, Kosten und vereinfacht den Logistikprozess für den Händler.“ Die Endkunden merken von der veränderten Versandabwicklung nichts. Der Bestellvorgang bleibt für sie unverändert – in Funktionalität und Optik.

Vorteile für Versender

Auch für die Versender gibt es zahlreiche Vorteile. „Sie müssen die Plattform nicht mehr verlassen und können zum Beispiel direkt von ihrer Internetseite aus eine Online Paketmarke erstellen. Die Empfängeradresse wird dann direkt übernommen, so dass der Versandvorbereitungsprozess einfacher und schneller ist“, erläutert Alexander Edenhofer, Unternehmenssprecher von Deutsche Post DHL.

Darüber hinaus können Entwickler von Shopsystemen oder anderen E-Commerce-Tools, die noch nicht Teil des Partnermanagements sind, direkt die DHL-Services, wie Online Frankierung, Postfinder und einiges mehr, per Webservice an ihr System anbinden. DHL hat dafür extra ein Entwicklerportal ins Leben gerufen, in dem passende Schnittstellen und Dokumentationen angeboten werden, damit der DHL-Service direkt ins System eingebunden werden kann. „In einem Forum bekommen unsere Kunden auch Hilfestellung bei Problemen mit den Anwendungen“, so Edenhofer weiter.

Horst Wildemann sieht noch einen entscheidenden Vorteil: „Der elektronische Geschäftsverkehr verheißt den Unternehmen entscheidende Wettbewerbsvorteile vornehmlich durch die Optimierung der unternehmensübergreifenden Wertschöpfungskette von der Bestellung des Kunden bis zur Abwicklung gemeinsam mit Lieferanten. Denn das Management der Wertschöpfungskette ist weiterhin größeren Veränderungen unterworfen.“

Zwar sind die APIs an sich kostenlos, doch es erfordert einiges an IT-Knowhow, um sie in ein bestehendes Online-Shop-System zu integrieren. Das ist eine Hürde vor allem für kleinere Online-Händler ohne IT-Bezug. Doch auch sie können die Vorteile von Versand-APIs nutzen. Denn immer mehr Anbieter von Onlineshop-Software bieten mittlerweile die auf API basierenden Module für den Versand an und unterstützen die Unternehmen bei deren Installation.

Einer von ihnen ist die Firma Gambio. Das Unternehmen mit Sitz in Bremen hat sich auf Software für KMU spezialisiert. Es arbeitet momentan mit dem Versandunternehmen Hermes zusammen. Online-Shop-Betreiber können das Versandmodul nachträglich installieren. Wenn sie dabei Hilfe benötigen, übernimmt Gambio – dann jedoch kostenpflichtig – die Installation. Zukünftig wird das Versand-Modul standardmäßig installiert sein und zum Software-Paket gehören.

Der Nutzen von Versand-APIs liegt für Gambio-Geschäftsführer Daniel Schnadt auf der Hand: „Händler benötigen einfache Systeme, um den wachsenden Anforderungen an ihre Geschäftsprozesse kosteneffizient gerecht zu werden. Darum werden sich diese Lösungen insbesondere im Bereich der KMU weiter durchsetzen.“ Größere Unternehmen hätten seit Längerem eigene Lösungen implementiert, um die Prozesse im Versand zu optimieren. Die API-Tools machen dies nun auch für kleinere Unternehmen zugänglich und erschwinglich. Die Nachfrage komme, so Daniel Schnadt, von Unternehmen aller Branchen.

Der passende Versanddienstleister

Ein Unternehmen, das die Versandabwicklung über eine API-Schnittstelle nutzt, ist der Online-Shop Manu-Faktur Design mit Sitz in Böblingen. Gemeinsam mit ihrem Mann verkauft Manuela List seit dem Jahr 2009 über www.manufaktur.eu vor allem handgemachte Lederunikate von Kissen über Schuhe bis zu Portmonees sowie Leder- und Wollfilzzuschnitte und Handarbeitszubehör.

Vor einigen Monaten hat sich Manuela List für die Hermesschnittstelle entschieden. Ihr Wunsch nach einer schnelleren und effizienteren Auftragsbearbeitung hat sich erfüllt: „Der größte Vorteil ist die Zeitersparnis“. Technische Probleme bei der Bedienung des Tools hat sie nicht. „Die anfänglichen kleinen Probleme wurden immer prompt bearbeitet. Der technische Support von Gambio ist in jeder Hinsicht schnell und zuverlässig“, lobt die Inhaberin von Manu-Faktur Design. Für sie hat sich die relativ kleine Veränderung ihrer Arbeitsabläufe ausgezahlt.

Welcher Versanddienstleisterpasst zu mir?

Wie finden Unternehmen den richtigen Versandhändler? Horst Wildemann von der TU München hält vor allem Lieferzuverlässigkeit sowohl im B2B als auch im B2C-Business für „ein wesentliches Qualitätsmerkmal“, das insbesondere in Zeiten zunehmender Individualisierung und Personifizierung des globalen Warenaustauschs nicht vernachlässigt werden dürfe.

Der Versandabwicklung komme hierbei eine entscheidende Rolle zu: „Die richtige Wahl des Versanddienstleisters hängt sowohl von ökonomischen als auch von ökologischen Gesichtspunkten ab.“ Etwa 50 Prozent der Online-Händler setzten heute auf einen Pool unterschiedlichster Versanddienstleister (Paketdienstleister, Kuriere, Speditionen), um ihre Logistik wandlungsfähig und effizient gestalten und somit ihre Versandkosten optimieren zu können.

Die Wahl des Unternehmens hänge dabei im Wesentlichen von den unterschiedlichen Preisen der Anbieter für verschiedene Versandeinheiten, Gewichtsklassen und Bestimmungsländer ab. „Zudem können auch individuelle Anforderungen der Kunden eine entscheidende Rolle für die Wahl des Versandunternehmens spielen“, so Wildemann.

von Paul Henkel, Quelle: Mittelstandsmanager