Wie effizient ist Real-Time-Bidding?

Real-Time-Bidding (RTB) auf digitalen Werbeplätzen ist eine neue Art des Mediaeinkaufs für Display-Werbung, die in den USA bereits etabliert ist und nun auch hierzulande Einzug hält. Werbungtreibende ersteigern auf diesen Online-Marktplätzen potenzielle Sichtkontakte (Ad-Impressions), die dort in Echtzeit gehandelt werden – wie beim Handel mit Textanzeigen in Suchmaschinen.

von Sandra Fösken

Derjenige, der das höchste Gebot für den Werbeplatz abgibt, darf die Anzeige dort ausliefern. Da mehrere Käufer um einen Werbeplatz buhlen, sollen Publisher höhere Preise für ihr Inventar erzielen. Der Publisher legt lediglich den Mindestpreis auf Tausend-Kontakt-Preis-Basis fest. Je mehr dabei über den Nutzer bekannt ist, desto wertvoller wird diese Ad-Impression. In den USA wird bereits ein wachsender Anteil an Display-Werbeplätzen auf Auktionsbasis verkauft. In Deutschland ist der Echtzeit-Handel noch ein Nischenthema.

Mehrere Bezugsquellen für Online-Inventar über eine Schnittstelle verbinden

Getrieben wird diese Entwicklung durch die starke Fragmentierung des Werbemarkts und den Bedarf, mehrere Bezugsquellen für Online-Inventar über eine Schnittstelle zu verbinden. Die großen Ad-Networks wie Value-Click rüsten ihre Plattformen mit RTB-Technologie auf und bieten sie nun auch hierzulande an. Die Schnittstellen zu dem Inventar der Publisher und Ad-Networks bieten Yield-Optimierer wie Admeld, Rubicon Project, Improve Digital oder Revenue-Max an. Sie verfügen über die technologische Lösung (Real-Time-Bidding) für den Echtzeit-Handel mit Ad-Impressions. Wichtige Voraussetzung auf Nachfrageseite ist, dass die Agentur beziehungsweise der Werbekunde über eine Gebotssoftware „Demand-Side-Plattform“ (DSP) verfügt, die den Zugriff auf das Inventar möglich macht. Ein DSP-Anbieter ist beispielsweise App Nexus, der bereits mit Real-Time-Bidding-Anzeigenmärkten wie Google Doubleclick oder Microsoft Ad-ECN verbunden ist.

Transparenz und Flexibilität sind die Vorteile für den Kunden

Der Vorteil für die Kunden gegenüber dem tradionellen Einkauf auf Online-Werbemarktplätzen ist die Transparenz und Flexibilität. Bisher hat der Werbungtreibende ein Werbepaket zu einem festen Preis eingekauft. Mit der neuen Technologie hat er die Möglichkeit, bei jeder Ad-Impression zu entscheiden, ob er dafür mitbieten will oder nicht. Er sieht, an welchem Ort die Kampagne eingebucht wird. „Die URL wird automatisiert übertragen“, sagt Thomas Mendrina, Countrymanager bei Admeld. Auch der Publisher kann Einfluss nehmen und Werbekunden blocken.In den USA nutzen die großen Mediaeinkaufsagenturen wie WPP oder Omnicom Group den automatisierten Echtzeit-Mediahandel, um für ihre Kunden Display-Werbeplätze bestmöglich einzukaufen.

Kundenspezifischer Ansatz

Einen kundenspezifischen Lösungsansatz verfolgt die Agentur Pilot. Sie hat die Einkaufs- und Optimierungsplattform „Pilot Display Optimiser“ geschaffen, an die unter anderem die Real-Time-Bidding-Plattformen von Admeld und Rubicon Project sowie Ad-Exchanges angebunden sind, die Inventar dort einstellen. Beim Einkauf von Ad-Impressions entscheidet die Agentur anhand von Targeting- und Performance-Daten, ob sich bestimmte Sichtkontakte für Kundenkampagnen eignen. Jede Kampagne wird dann während des Flights auf Cost-per-Click- und Cost-per-Order-Ziele hin optimiert. „Das ist der Unterschied zur klassischen Netzwerkplanung, wie man sie bislang umgesetzt hat“, erklärt Jens Jokschat, Geschäftsführer bei Pilot. „Früher haben wir primär auf günstiges Inventar der typischen Restplatzvermarkter gesetzt und konnten nur die Gesamtperformance der Kampagnen verfolgen. Ein Blick auf die einzelne Website oder Platzierung war kaum möglich.“ Dies sei mit den neuen technologischen Lösungen nun machbar, ergänzt der Experte.

Bisher geringes Angebot an RTB-Impressions

Noch ist das Angebot an RTB-Impressions hierzulande gering, aber in den USA und in UK zeigt sich, dass die Vermarkter das Potenzial verstärkt nutzen, um höhere Preise und eine bessere Auslastung zu erzielen. Laut einer Studie von Admeld und Forrester Research wurden im vergangenen Jahr insgesamt 353 Millionen US-Dollar beim Echtzeit-Handel mit Display-Werbeplätzen ausgegeben. 2011 werden sich die Spendings voraussichtlich verdoppeln. Das klassische Direktgeschäft zwischen Werbekunde und Werbevermarkter bleibt von dieser Entwicklung zunächst unberührt. Premium-Inventar und beratungsintensive Sonderwerbeformen fließen nicht in diesen auktionsbasierten Handel ein. Dieses Geschäft bleibt wegen der hohen Nachfrage originär in der Hand der Vertriebsteams der Publisher. Es geht im Wesentlichen um den wachsenden Non-Premium-Bereich, den Mid- und den Longtail, den die Publisher auch über Dritte (Ad-Networks) automatisiert verkaufen.

Die Yield-Optimierer versprechen den Publishern durch den Bietmechanismus höhere Tausend-Kontakt-Preise. Doch Matthias Wahl, Geschäftsführer des Premiumvermarkters OMS Online Marketing Services, ist skeptisch: „Solange kein Modell existiert, das sowohl Anbietern wie auch Kunden neben prozessualen Vorteilen auch handfeste monetäre Vorteile bietet, wird Real-Time-Bidding in Deutschland keine so große Rolle spielen.“ Zweifel äußert auch Arne Wolter, Geschäftsführer bei Gruner+Jahr Electronic Media Sales (EMS): „Es wird immer Experten geben, die das Umfeld verstehen und den Kunden entsprechend beraten können, damit der Kunde seine Zielgruppe auch sicher trifft.“ Advertising werde nie ein hundertprozentiges Hightechgeschäft sein, betont er.

Markenprodukte müssten mit Hilfe von Markenumfeldern inszeniert werden. Dafür seien kreative Vermarkterteams mit Verständnis und auch dem Mut zur äußergewöhnlichen und zielgruppengerechten Produktinszenierung unentbehrlich, meint Wolter. Eddie Meisel, Geschäftsführer des Online-Werbemarktplatzes Adjug, ist von den RTB-Vorteilen überzeugt. Sein Unternehmen plant, eine RTB-Funktion anzubieten. Wie sich das Preisniveau der Ad-Impressions künftig entwickeln wird, ist schwer vorhersehbar. Auch ist fraglich, inwiefern die Werbekunden als Nachfrager den Preis nach unten drücken können. Nur so viel steht fest: „Es muss ein Gleichgewicht zwischen Nachfrage und Angebot herrschen, sonst wird es für die Werbekunden ineffizient“, resümiert Mendrina.