Werberat rügt erneut frauendiskriminierende Plakatwerbung

Provokationen oder Übertreibungen in Werbeaussagen und -motiven können Empörung und Widerspruch hervorrufen, was von den Werbetreibenden häufig auch gewollt ist. Gehen diese mit ihrer Werbung jedoch einen Schritt weiter in Richtung Herabwürdigung von Personengruppen oder Diskriminierung, beschweren sich manche Verbraucher beim Deutschen Werberat. Und dieser spricht gelegentlich Öffentliche Rügen aus.

Der Deutsche Werberat hat erneut drei Unternehmen wegen frauendiskriminierender Werbung gerügt. Die Sanktionierung der Selbstkontrollinstitution traf die Joker GmbH aus Braunschweig (Niedersachsen), die Altenburger Brauerei GmbH aus dem thüringischen Altenburg sowie die Zeitzer Gerüstbau GmbH aus Zeitz in Sachsen-Anhalt.

Zusammenhang zwischen Werbung und Produkt nicht erkennbar

Das beanstandete Plakat des Gerüstbauunternehmens zeigte eine lasziv posierende Frau in Dessous zwischen den Werbezeilen „Blaue Pillen verteilen wir nicht! …aber wir bringen Sie trotzdem hoch!“, mit denen das Unternehmen für sich warb. Der Werberat war der Ansicht, das Motiv sei sexistisch und würdige Frauen herab: Das abgebildete weibliche Model werde als sexuell verfügbares Objekt dargestellt, das mit Hilfe des Potenzmittels Viagra entsprechend „benutzt“ werden könne.

Da sich das Unternehmen uneinsichtig zeigte, verhängte der Werberat ebenso eine Rüge wie im Fall der Außenwerbung des Unternehmens Joker GmbH, das sein Bowlingcenter mit einem weiblichen Dekolleté bewarb, das die gesamte Plakatfläche ausfüllte. Der Slogan dazu: „Wo würde Dieter bowlen? …natürlich bei uns im Strike 24.“ Ein weibliches Körperteil werde als Blickfang benutzt, ohne dass in irgendeiner Form ein Produktzusammenhang gegeben sei: Frauenherabwürdigend, so das Urteil des Werberatsgremiums.

Votum des Werberats muss komplett akzeptiert werden

Auch die Plakatwerbung der Altenburger Brauerei GmbH stuften die Werberatsmitglieder als erniedrigend ein: Im Rahmen einer Strandszene war neben einer Flasche des beworbenen Produkts dominant die Rückansicht eines weiblichen Models im String abgebildet, der Text: „Das kommt gut.“ Der Werberat teilte auch in diesem Fall die Kritik aus der Bevölkerung, der weibliche Torso mit fast nacktem Gesäß im Vordergrund werde lediglich als Eyecatcher benutzt und erwecke den Eindruck der sexuellen Verfügbarkeit des Models. Verstärkt werde dies durch den Claim „Das kommt gut.“

Zunächst zeigte sich die Brauerei uneinsichtig, erklärte sich dann aber bereit, von der Verwendung des beanstandeten Motivs in Zusammenhang mit einem anstehenden Sommergewinnspiel abzusehen. Das Unternehmen konnte sich jedoch nicht dazu durchringen, auf die Plakatwerbung komplett zu verzichten und wollte vereinzelte Schaltungen im regionalen Bereich nicht ausschließen. „Auch wenn das Unternehmen sich in gewissem Maße einsichtig zeigte, müssen wir öffentlich rügen. Nur teilweise dem Votum des Werberats Folge zu leisten, reicht nicht aus“, erklärt Julia Busse, Geschäftsführerin der Selbstkontrolleinrichtung.

Auch Pizzadienst, Tischlerei, Fliesenleger und Teppichverkäufer gerügt

Bereits im Mai dieses Jahres informierte der Werberat über weitere Fälle frauendiskriminierender Werbung im Internet und auf Werbeflyern. Unter anderem war der Berliner Pizzalieferant Call a Pizza negativ aufgefallen. Den Protesten aus der Bevölkerung bezüglich Motiv und Slogan schloss sich der Werberat mit der Verhängung einer Öffentlichen Rüge ebenso an wie bei dem alters- und frauendiskriminierenden Plakat der Tischlerei Janssen aus dem nordrhein-westfälischen Moers, der frauendiskriminierenden Fahrzeugwerbung des süddeutschen Fliesenlegers Patzsch (Niederlassungen in Bobingen bei Augsburg und München) sowie den sexistischen Onlinepräsentationen des Essener Teppichhändlers Tepgo. „Die Unternehmen verletzen in provokativer Weise die Würde von Frauen, um auf ihre jeweiligen Produkte aufmerksam zu machen“, erklärt Julia Busse, die Sprecherin der Selbstkontrolleinrichtung Deutscher Werberat.

Die Flyer- und Onlinewerbung des Pizzaservice Call a Pizza Marketing GmbH bildete unter dem Slogan „Fernköstliche Versuchung“ eine nur in Unterwäsche bekleidete junge Frau asiatischer Abstammung ab. Der Werberat war der Ansicht, die Darstellung sei durch Pose und insbesondere Slogan herabwürdigend und diskriminierend, da der Eindruck erweckt werde, sowohl die Pizza als auch die Frau seien bestellbar beziehungsweise käuflich.

„Endlich! – Die Alte ist weg …“

Ebenfalls rügen musste der Werberat die Tischlerei Janssen GmbH wegen frauen- und altersdiskriminierender Werbung. Auf einem Plakat wirbt das Unternehmen für Haustüren mit der Gegenüberstellung einer alten Frau, die eine Grimasse zieht, und einer jungen, freundlich in die Kamera lächelnden Frau mit dem Slogan „Endlich!!! Die Alte ist weg… …die Neue ist da!“ Der Werberat teilte die Kritik aus der Bevölkerung, die abgebildeten Frauen würden mit den beworbenen Haustüren gleichgesetzt und als austauschbare Objekte vorgeführt. Zudem würden insbesondere ältere Frauen herabgewürdigt.

Als erniedrigend stuften die Mitglieder des Entscheidungsgremiums auch die Abbildung auf dem Fahrzeug des Fliesenlegers Patzsch GmbH ein: Sie zeigt einen Frauenkörper in Netzstrümpfen und High Heels ohne Slip auf Fliesen sitzend. Die Begründung des werbenden Unternehmens, mit dem nackten Gesäß die Fußbodenheizung bewerben zu wollen, die nur unter Fliesen möglich sei, nicht jedoch unter Parkett oder Laminat, ließ der Werberat nicht gelten. Der halbnackte Frauenkörper werde als bloßer „Eyecatcher“ benutzt und die Frau dadurch auf ihre sexuelle Funktion reduziert dargestellt.

Der Teppichhändler Tepgo Shop und Co. Warenvertriebs GmbH warb sowohl auf seiner Homepage als auch im Rahmen seiner Angebote bei einem Onlineauktionshaus mit einer Frau in Unterwäsche, die in herabwürdigender Weise auf dem jeweils beworbenen Teppich posiert. Auf der Webseite des Unternehmens kam noch die technische Funktion hinzu, dass mit einer Lupe ausgewählte Teile des Körpers der Frau herangezoomt werden konnten. Die gesamte Darstellung reduziere die Frau auf ihren Körper und setze sie erniedrigend als Blickfang ein.

Sexistische Werbemotive immer wieder Anlass zur Beschwerde

Als frauendiskriminierend hatte der Deutsche Werberat auch im März dieses Jahres einige Kampagnen eingestuft und wiederum nur die Unternehmen öffentlich gerügt, die sich nicht kooperativ verhielten. Negativ aufgefallen war damals die Firma DQ-PP aus Nadrensee in Mecklenburg-Vorpommern. Dem Protest aus der Bevölkerung bezüglich Motiv und Slogan schloss sich der Werberat mit der Verhängung einer Öffentlichen Rüge ebenso an wie dem zu den Plakaten der Städtewerbung Schnelle aus Büren (Nordrhein-Westfalen) und des Tele Service Center in Mülheim-Kärlich (Rheinland-Pfalz).

Im Internet bot DQ-PP seine Seile bei einem Online-Auktionshaus mit der Abbildung einer Frau in Unterwäsche mit stark betontem Dekolleté und dem Slogan an: „Geile Seile“. Der Werberat stufte die Werbung als sexistisch und frauendiskriminierend ein, da ohne Produktzusammenhang eine halbnackte Frau mit ihrem Körper als Blickfang benutzt werde.

Bei der Plakatwerbung der Städtewerbung Schnelle folgte der Werberat ebenfalls dem Protest aus der Bevölkerung: Das Motiv zeigt das Dekolleté einer Frau ohne Abbildung ihres Kopfes. Knapp unter dem Dekolleté ist der Slogan „Ein echter Hingucker“ platziert. Auch in diesem Fall solle der Körper einer Frau missbräuchlich ohne Produktzusammenhang Aufmerksamkeit erzeugen.

„Handy im Arsch? Wir reparieren es.“

Das Tele Service Center Mülheim-Kärlich zeigte auf einer Plakatwand vor der Reparaturannahmestelle für Mobiltelefone die Rückansicht eines nur mit einem Stringtanga bekleideten Frauentorsos, dem ein Smartphone zwischen den Pobacken klemmt. Der Slogan dazu lautete: „Handy im Arsch? Wir reparieren es.“ Die sexuell aufreizende Darstellung und plumpe Verbindung zum beworbenen Reparaturservice entspricht nicht den Vorstellungen von Moral und Frauenwürde auf Seiten der Werbewirtschaft.

Da sich die drei werbenden Unternehmen uneinsichtig zeigten und ihre frauenfeindliche Werbung nicht abändern wollten, verhängte die Selbstkontrollinstanz der Werbewirtschaft in allen Fällen eine Rüge.

Der Werberat ist eine Institution der 41 im Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW zusammengeschlossenen Organisationen der werbenden Unternehmen, Werbeagenturen und Medien. Das Gremium wird in solchen Fällen tätig, die rechtlich nicht zu beanstanden sind, aber in der Bevölkerung als inakzeptabel kritisiert werden. Die Sanktion der Öffentlichen Rüge braucht die Werbeselbstkontrolle nur selten einzusetzen, die Durchsetzungsquote ist hoch. (ZAW/asc)