Werbemarkt wächst moderat um ein Prozent

„Die volatile Lage des deutschen Werbemarkts hält noch an, aber aktuell und auf mittelfristige Sicht haben wir Grund zur Hoffnung auf Schubkraft“, sagt Michael Kern, Präsident des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Damit fasst er die Erkenntnisse aus den jetzt vorliegenden Datenerhebungen der Branche für das Jahr 2011 und die Ergebnisse der Frühjahrsumfrage unter seinen 40 Mitgliedsorganisationen der Werbeinvestoren, Medien und Agenturen in Berlin zusammen. Die Brutto-Investitionen in Werbung haben im vergangenen Jahr 29,9 Milliarden Euro erreicht – ein Plus von 0,39 Milliarden Euro (1,3 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Das Wachstum lag jedoch spürbar unter dem Ergebnis von 2010, damals verbesserte sich der Werbemarkt um 2,4 Prozent.

Die Ursachen für den abgeschwächten Werbemarkt sieht der ZAW sowohl in makroökonomischen Zusammenhängen als auch in einer verunsicherten Mediaplanung sowie im Verhalten einzelner Branchen und Unternehmensstrategien. Die eingesetzte Symbiose von ehemals traditionellen Medien mit digitalen Werbeträgern bremse punktuell Werbeeinsätze insbesondere mittelständischer Unternehmen. Spürbaren Einfluss auf die Höhe von Werbeinvestitionen hätten einzelne Wirtschaftsgruppen aufgrund ihrer speziellen Marktbedingungen. Im vergangenen Jahr steigerten beispielsweise die Online-Dienste ihre Werbung in früher so genannten „klassischen“ Werbeträgern um ein Drittel, während Werbung für Marken der Babypflege um zwei Drittel abgebaut wurden. Und schließlich registrierte der Verband unterschiedliche Bewegungen bei den Betriebsausgaben für mediale Werbung auch bei werbestarken Unternehmen. Beispielsweise testete die Handelsorganisation Aldi den örtlich begrenzten Rückzug aus der Anzeigenwerbung. Rewe dagegen verfolgte mit der Ausweitung seiner Markt-Kommunikation um fast ein Fünftel und Netto Marken-Discount mit plus zwei Drittel offensive Werbestrategien.

In der Prognose für den Werbemarkt 2012 spiegeln sich die sich abschwächenden konjunkturellen Erwartungen für die gesamte deutsche Wirtschaft wider. Der ZAW rechnet auf der Basis der Frühjahrsumfrage unter seinen 40 Organisationen mit einem Plus von einem Prozent auf dann 30,18 Milliarden Euro Investitionen in mediale Werbung (davon Netto-Werbeeinnahmen der Medien 18,83 Milliarden Euro; minus 0,5 Prozent). 28 Prozent der befragten Organisationen rechnen mit steigenden Investitionen in Markt-Kommunikation, 63 Prozent mit Stagnation auf Vorjahresniveau und neun Prozent mit sinkendem Werbeeinsatz. Sonderimpulse, die den deutschen Werbemarkt in naher Zukunft beflügeln könnten, sieht der ZAW kaum. Kursierende Prognosen von einer Werbemarktbelebung durch die Fußball-Europameisterschaft in Polen und in der Ukraine sowie durch die Olympischen Spiele in London teilt die Dachorganisation nicht. Frühere Analysen des ZAW – zuletzt der ökonomischen Wirkung der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006 – hätten immer wieder andere Effekte ergeben: Solche Großereignisse des Sports spiegelten sich zwar inhaltlich in Anzeigen, Spots und auf Plakaten wider, führten regelmäßig aber nur punktuell zu tatsächlich höheren Werbebudgets.

Höhere Investitionen in Werbung erwartet der ZAW besonders im Automarkt. Auf dem Weltmarkt gingen wegen abflauender Konjunktur die Umsätze zurück. Das führe Autokonzerne zur stärkeren Werbebesinnung auf den deutschen Markt zurück – befeuert von stabiler Arbeitsmarktlage und positiver Konsumstimmung, die von günstiger ökonomischer Aussicht für das Jahr 2013 zusätzlich angetrieben werde. Weitere, wenn auch schwächere Werbeimpulse gingen im laufenden Jahr auch vom Handel durch seine starken Wettbewerbsregungen sowie von Werbeaktivitäten der Online-Dienstleister in den Medien Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften, Plakat und Kino aus. Mittelfristig hofft der ZAW auf Schubkraft für den Werbemarkt durch die demografische Entwicklung. Die Alterung der Gesellschaft und der Bevölkerungsschwund um zehn Millionen Einwohner auf 72 Millionen fördere die Innovationsbereitschaft der Anbieter von Waren und Dienstleistungen wie gleichfalls der steigende Bildungsgrad der nachrückenden Generation. Weiterentwickelte, neue und anspruchsvollere Angebote würden den Wettbewerb um Kunden beflügeln – und damit auch die Werbung um ihre Kaufbereitschaft.

Die Werbeeinnahmen der 13 vom ZAW erfassten Werbeträger erreichten 2011 eine Netto-Summe von 18,93 Milliarden Euro und damit ein Wachstum von einem Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Anteil dieser Verbreitungskosten für Werbung zu den Konsumenten mit Hilfe von Medien betrug wie im Jahr zuvor fast zwei Drittel sämtlicher Betriebsausgaben für mediale Markt-Kommunikation in Höhe von 29,92 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr fiel 2011 etwas schwächer aus: Das Umsatzwachstum, bilanziert mit den Werbeverlusten, betrug in diesem Zeitraum 189 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr mit 377 Millionen Euro. Acht Mediengattungen konnten ihre Netto-Werbeumsätze ausweiten (Vorjahr: zehn), fünf gerieten ins Minus (Vorjahr: drei). Gemessen an den Netto-Werbeeinnahmen konnten 2011 die Fernsehveranstalter die größte monetäre Summe im Medien-Werbemarkt mit 3 981 Millionen Euro (plus 0,7 Prozent) auf sich ziehen. Davon entfielen auf die Privaten 3 699 Millionen Euro (Anteil: 93 Prozent), auf ARD und ZDF 283 Millionen Euro. Die Menge der gesendeten TV-Werbeminuten verringerte sich um 6,4 Prozent auf 1,79 Millionen. Entsprechend rückläufig war ebenso die Anzahl der TV-Werbespots sämtlicher erfassten Fernsehveranstalter um 5,2 Prozent auf 3,6 Millionen. Die durchschnittliche Spotlänge blieb wie im Jahr zuvor bei 30 Sekunden – vor zehn Jahren lag der Wert noch bei 23 Sekunden.

Die Netto-Werbeeinnahmen der auf Position zwei liegenden Tageszeitungen verringerten sich erneut, dieses Mal um 2,2 Prozent auf 3 557 Millionen Euro. Zu dem Minusergebnis erheblich beigetragen haben die wichtigsten Werbeinvestoren der Tageszeitungen: Einzelne Handelsorganisationen fuhren ihre Werbeetats zurück, einige testeten punktuell andere Werbeträgergattungen für ihre Kommunikation mit den Kunden. Die monetär drittstärkste Werbeträgergattung, Werbung per Post, betrat nach zwei Minusjahren mit Rückgängen der Werbeumsätze von 6,4 und 3,1 Prozent nun in 2011 wieder die Wachstumszone – wenn auch nur ansatzweise mit einem Netto-Werbevolumen von 2 988 Millionen Euro und einem Stagnationsplus von 0,13 Prozent. Die Anzeigenblätter erwirtschafteten einen Netto-Werbeumsatz von 2 060 Millionen Euro und damit plus 2,4 Prozent. Bei dem nachfolgenden Umsatzmilliardär, den Publikumszeitschriften, hielten sich die Netto-Werbeeinnahmen fast auf dem Niveau des Vorjahres mit 1 440 Millionen Euro – ein leichter Verlust von 0,7 Prozent.

Gegenüber dem Vorjahr zumindest verringert haben sich die Netto-Werbeerlöse der Verzeichnismedien. Sie kamen auf 1 139 Millionen Euro, was einem Verlust von 1,3 Prozent entspricht (Vorjahr: minus 2,5 Prozent). Alle weiteren Gruppen der erfassten Werbeträger lagen 2011 unterhalb der Grenze von einer Milliarden Euro: Online-Angebote 990 Millionen Euro (plus 15 Prozent); Fachzeitschriften 875 Millionen Euro (plus 2,2 Prozent); Außenwerbung 811 Millionen Euro (plus 5,8 Prozent); Hörfunk 709 Millionen Euro (plus 2,5 Prozent); Wochen- und Sonntagszeitungen 214 Millionen Euro (minus 1,9 Prozent); Zeitungssupplements 85 Millionen Euro (minus 0,8 Prozent) sowie Filmtheater 85 Millionen Euro (plus 13,7 Prozent). Die im Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA zusammengeschlossenen Unternehmen gehen von einem Wachstum ihrer Netto-Umsätze im Jahr 2012 von durchschnittlich 4,4 Prozent aus. Chancen, aber auch Probleme, erwachsen den Agenturen aus der zunehmenden Komplexität der Markt-Kommunikation, die effektiv und effizient gemanagt werden muss.

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