Werbeinvestitionen sprudeln wieder

Die positive konjunkturelle Entwicklung in Deutschland zieht den Werbemarkt mit. Im laufenden Jahr werden die Betriebsausgaben für Investitionen in Anzeigen und Spots, Prospekte und Plakate um 2,4 Prozent wachsen und damit wieder die erstmals 1998 erreichte Hürde von 30 Milliarden Euro überspringen. Diese optimistischen Zahlen ermittelte der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Basis sind die Frühjahrsumfrage unter den 40 Mitgliedsverbänden sowie die jetzt vorliegenden Ergebnisse der Betriebserhebungen der Werbung verbreitenden Medien.

Im vergangenen Jahr sind die Investitionen in Werbung nach Angaben von ZAW-Hauptgeschäftsführer Manfred Parteina auf 29,53 Milliarden Euro gestiegen. Enthalten seien darin Gehälter und Honorare, Kosten für die Werbemittelproduktion sowie für die Verbreitung der Werbebotschaften vor allem in den Massenmedien. Zur Euphorie sehe er dennoch keinen Anlass. Zwar sei die Wende am Werbemarkt mit einem Plus von 0,69 Milliarden Euro nach dem desaströsen Werbejahr 2009 beachtlich. „Doch damit konnte erst ein Drittel des Investitionsverlustes aus dem Vorjahr aufgeholt werden“, erläutert Parteina. Die aktuell anhaltende Konjunktur sei ein Export-Aufschwung. Für weltweit verkaufte deutsche Waren werde im Ausland geworben und kaum in deutschen Medien. Entsprechend gering sei der Effekt auf die nationale Werbebilanz. Der ZAW geht nicht davon aus, dass sich die Rahmendaten für den inländischen Konsum wesentlich verbessern und verweist auf eine realistische Inflationsangst in der Bevölkerung, die als Dominoeffekt der explodierenden Rohstoffpreise mit steigenden Kosten für Benzin, Lebensmittel, Heizöl und Strom rechnen.

Als „Gegenmedikament“ empfiehlt der Verband die Förderung des werbenden Wettbewerbs anstelle der anhaltenden Bürokratisierung und Behinderung der Konsumenten orientierten Werbung der Unternehmen insbesondere durch dirigistische Eingriffe der Europäischen Union. Aus dem von Parteina in Berlin vorgestellten Jahrbuch „Werbung in Deutschland“ geht hervor, dass die 13 vom ZAW statistisch erfassten Medien als Werbung verbreitende Träger im Jahr 2010 netto (ohne Rabatte und Mittlergebühren) insgesamt 18,75 Milliarden Euro von den gesamten 29,53 Milliarden Euro Investitionen in Werbung und damit plus 2,1 Prozent für sich verbuchen konnten. Im volkswirtschaftlichen Krisenjahr 2009 waren sie noch um drastische 9,8 Prozent auf 18,37 Milliarden Euro gefallen – ein Verlust von fast zwei Milliarden Euro, von dem fast alle Medien betroffen waren. Der ökonomische Wiederaufbau im Jahr 2010 bilanziert sich nun in einem Netto-Plus im Werbegeschäft von 0,381 Mrd. Euro.

Beim Vergleich der Höhe der Netto-Werbeumsätze hat es an der Spitze der monetären Rangliste einen Wechsel gegeben: Erstmals erreichten die Fernsehsender die höchsten Einnahmen aus Werbeschaltungen mit 3,95 Milliarden Euro (plus 8,6 Prozent). Damit konnten die Sender den Vorjahresverlust 0,396 Milliarden Euro (minus 9,8 Prozent) fast wieder ausgleichen. Zu dem Erfolg beigetragen hätten insbesondere die im Massenmedium TV werbenden Online-Dienste mit einer Steigerungsrate bei ihren Spot-Schaltungen von 64 Prozent und der Position 4 der werbestärksten Branchen im Fernsehen – nach Süßwaren, Pkw und Arzneimitteln. Die monetär zweitplatzierte Werbeträgergruppe der Tageszeitungen konnte ihr Werbegeschäft mit Blick auf den dramatischen Vorjahresverlust von minus 15,5 Prozent gleichfalls stabilisieren, die Netto-Werbeumsätze kamen auf 3,64 Milliarden Euro, ein nur noch geringes Minus von 1,5 Prozent. Ursache der Verluste sei insbesondere die punktuelle Werbezurückhaltung von Handelsgruppen (minus 3,3 Prozent) als stärkste Werbeinvestoren der Tageszeitungen. Aber auch in dieser Mediengattung falle die zunehmend rege Werbetätigkeit von Online-Dienstleistungen auf (plus 52 Prozent), die bereits Rang 8 der Werbeauftraggeber der Tageszeitungen einnehmen.

Auch der Drittplazierte bei der Höhe der Netto-Streukosten, die Werbung per Post, musste einen erneuten Einnahmerückgang um 3,1 Prozent auf 2,98 Milliarden Euro hinnehmen. Ausgeprägt stabil ist die Lage dagegen bei den Anzeigenblättern. Sie steigerten ihre Werbeumsätze um 2,3 Prozent auf 2,01 Milliarden Euro. Eine Wende zum Besseren melden auch die Verlage der Publikumszeitschriften. Sie erreichten erstmals seit Jahren im Jahr 2010 wieder ein Wachstum ihres Werbegeschäfts: War es im Jahr zuvor noch heftig um 16,8 Prozent abgerutscht, konnten nun plus 2,9 Prozent und damit 1,45 Milliarden Euro verbucht werden. Weitere Werbeträgergruppen lagen im vergangenen Jahr mit ihrem Werbegeschäft unterhalb der Schwelle von einer Milliarde Euro: Online-Angebote 861 Millionen Euro (plus 12,7 Prozent); Fachzeitschriften 860 Millionen Euro (plus ein Prozent); Außenwerbung 766 Millionen Euro (plus 3,9 Prozent); Hörfunk 692 Millionen Euro (plus zwei Prozent) und Wochenzeitungen 218 Millionen Euro (plus 4,6 Prozent).

Die Anteile der Medien am Werbegeschäft sehen nach ZAW-Informationen wie folgt aus: An der Spitze TV mit 21 Prozent Marktanteil, dahinter Tageszeitungen mit 19 Prozent, Werbung per Post mit 16 Prozent und Anzeigenblätter mit elf Prozent. Alle anderen Gattungen erreichten einstellige Marktanteile – die Online-Angebote konnten dabei ihren Wert von vier auf fünf Prozent leicht nach oben schieben. Auch wenn der Marktanteil der Online-Werbung mit 861 Millionen Euro noch relativ bescheiden sei, demonstriere doch die Wachstumsdynamik des Mediums mehr als nur die Etablierung eines bei werbenden Unternehmen zunehmend geschätzten Kommunikationsinstruments: Im Jahr 2010 seien die Netto-Werbeumsätze der Online-Werbung um 12,7 Prozent gestiegen. Lediglich TV sei in die Nähe dieses Auftriebs gekommen, plus 8,6 Prozent.

Die Zukunftsfrage aber lautet nach ZAW-Analyse nicht: Wie lange werden die klassischen Medien noch ihre Rolle als Werbeträger angesichts der digitalen Evolution behalten? Es gebe bereits heute keine „klassischen Medien“ mehr, sie seien längst mit den digitalen verwoben. Die wesentliche Zukunftsfrage lautet: Welche Merkmale wird die Symbiose von traditionellen Medien mit den vielen digitalen Varianten haben; welche Chancen ergeben sich für die weitere Optimierung von Effizienz und Effektivität der Markt-Kommunikation? „Wenn die Leistungen der ‚alten’ Medien im Sinne von Konvergenz mit der Digitalwelt verwoben werden – und das ist der Trend –, dann haben sie exzellente Chancen, auch als ‚neue’ Medien Dominanz in Sachen Werbung auszustrahlen“, schreibt der ZAW in seinem Jahrbuch.

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