Wenig Medialeistung für Best Ager

Die Industrie verpasst nach wie vor die zielgerichtete Ansprache älterer Kunden. Wer älter als 49 Jahre ist, existiert für die Werbeindustrie in Deutschland de facto nicht.

Das geht aus einer Untersuchung der internationalen Strategie- und Technologieberatung Booz Allen Hamilton hervor. Die Debatte über die Auswirkungen des demographischen Wandels werde seit mehreren Jahren kontrovers geführt. Konsequent reagiert habe die Industrie auf die veränderten Verhältnisse hingegen nicht, heißt es in dem beericht. Wie die Berater beweisen, zielen nur 3-5 Prozent der gesamten Media-Ausgaben auf die so genannten „Best Ager“ ab. Dabei verfügten die über 50-jährigen mit 643 Milliarden Euro über mehr als die Hälfte der gesamten privaten Kaufkraft.

Ein riesiges Konsumpotenzial liege demnach brach. Dass sich die Best Ager von der Werbung nicht angesprochen fühlten, sei nur eine Facette der Versäumnisse. „Durch den demographischen Wandel ergeben sich eine Reihe von Chancen für die Unternehmen. Um diese zu nutzen, müssen sie bei Produktentwicklung, Marketing und Vertrieb ganz neue Wege einschlagen“, erklärt Dr. Rolf Habbel, Senior Partner bei Booz Allen Hamilton.

Dabei steigt der Kaufkraft-Anteil der Best Ager weiter an. Im Jahr 2005 waren gut 30 Prozent der deutschen Bevölkerung bereits 55 Jahre und älter. Setzt sich die Bevölkerungsentwicklung wie bisher fort, dann werden nach den Berechnungen der UN im Jahr 2050 fast 45 Prozent der deutschen Bevölkerung der Generation 55+ angehören. Diese verhält sich anders als die Generation ihrer Eltern im gleichen Alter.

„Sie sind jung geblieben und interessiert an neuen Produkten sowie innovativen Dienstleistungen. Daher bieten sich hier für Unternehmen ideale Voraussetzungen, um Konsumbedürfnisse zu befriedigen“, erklärt Dr. Wolfgang Zink, Projektleiter bei Booz Allen. Zumal die Best Ager pro Kopf sogar rund 2 000 EUR im Jahr mehr ausgeben können als Personen unter 50.

Die Experten von Booz Allen gehen davon aus, dass zukünftig eine große Anzahl von Unternehmen auf diesen Trend reagieren wird – zunächst vor allem in den Branchen, die vom demographischen Wandel direkt profitieren. Auf der Seite der „natürlichen“ Gewinner stünden Unternehmen, die Produkte und Services im Bereich Gesundheit, Reisen und Körperpflege sowie für das Leben in den eigenen vier Wänden anbieten. Auch für die Finanz- und Versicherungsbranche biete sich großes Potenzial. „Nur wer aktiv dieses Feld besetzt und eine systematische Kundensegmentierung betreibt, kann daraus einen Vorteil erzielen. Nachzügler können sich nicht mehr hervorheben“, erklärt Zink.

Allerdings führten Produkte, die speziell auf Best Ager zugeschnitten seien, nicht automatisch zum Erfolg. Flops hätten ihre
Ursache häufig darin, dass die Unternehmen die Zielgruppe nur vordergründig verstünden. Die Älteren wünschten sich keine typischen „Seniorenprodukte“, sondern leicht zu bedienende und dennoch dem neusten Stand der Technik und des Designs entsprechende Produkte. Dies gelte auch für das Marketing: Es sei wichtig, so Rolf Habbel, nicht permanent das Alter zu thematisieren, sondern die Werte und lebensprägenden Momente dieser Gruppe zu beachten.

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