Was ist mit alten Unterlassungserklärungen?

RabattG und ZugabeVO sind bekanntlich abgeschafft. Dies ist jedermann bekannt. Nicht bekannt und auch in der Öffentlichkeit bislang noch gar nicht besprochen ist die Frage, was denn nun mit den mehreren 100.000 Unterlassungserklärungen geschieht, die von Rabatt- und Zugabesündern in den vergangenen Jahrzehnten abgegeben wurden.

1. Das Problem
Immerhin haben sich in den Unterlassungserklärungen die entsprechenden Personen (zumeist Händler) jeweils verpflichtet, bestimmte Rabatte nicht mehr zu gewähren oder bestimmte Zugaben nicht mehr zu geben, die einst gegen RabattG oder ZugabeVO verstießen. Diese Erklärungen sind für gewöhnlich mit empfindlichen Vertragsstrafeversprechen verknüpft.

Kann sich nun der jeweilige Händler nach der Gewährung von Rabatten oder Zugaben, die ehemals rechtswidrig waren, schlicht darauf berufen, dass die entsprechenden Gesetze nun eben nicht mehr gelten, wenn der Empfänger des ehemaligen Unterlassungsversprechens von ihm plötzlich fünfstellige oder gar sechsstellige Beträge verlangt, weil er – was nun eigentlich zulässig ist – wiederum Rabatt oder Zugaben gewährt hat ?

Die Antwort hierauf lautet: Nein!

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gilt eine Unterlassungsverpflichtungserklärung auch dann weiter, wenn ihre Geschäftsgrundlage weggefallen ist. Ein typischer Wegfall der Geschäftgrundlage wäre eine Änderung der Gesetzeslage, wie hier geschehen. Bei einer derartigen Erklärung handelt es sich nämlich um einen unbefristet bindenden gegenseitigen Vertrag und Verträge sind bekanntlich einzuhalten.

2. Die Lösung
Der Verpflichtete kann und darf seine Erklärung jedoch aus wichtigem Grund kündigen. Erst wenn die Erklärung gekündigt und nachweisbar wirksam beim Vertragspartner eingegangen ist, kann er nicht mehr bei nach Eingang der Kündigung stattfindenden Rabatt- oder Zugabegewährungen aus der Unterlassungsverpflichtungserklärung vorgehen.
Wer also die Erklärung nicht kündigt, bleibt bis zur Kündigung seiner Erklärung gebunden und muss sich darauf einstellen, für den Fall, dass er die zu unterlassende Handlung tätigt, auf Zahlungen der Vertragsstrafe in Anspruch genommen zu werden.

3. Unbedingt beachten
Zwei wesentliche Punkte gibt es zu beachten:

  • Zum einen kann eine Unterlassungsverpflichtungserklärung hier nur dann gekündigt werden, wenn sie ausschließlich wegen eines Verstoßes gegen das RabattG oder die ZugabeVO abgegeben werden musste. Die Frage, ob dies im Einzelfall der Fall ist, lässt sich nur beantworten, wenn man sich entweder die hoffentlich noch vorhandene Abmahnung der Gegenseite und deren rechtliche Begründung noch einmal genau ansieht oder wenn man den damaligen Verstoß, auf den die Unterlassungserklärung basiert, im Nachhinein noch einmal rechtlich beurteilt. Häufig liegen nämlich bei Verstößen gegen RabattG oder ZugabeVO auch gleichzeitig Verstöße gegen das allgemeine Wettbewerbsrecht vor. In Betracht kommen hier die Fallgruppen des „übertriebenen Anlockens“ des „psychologischen oder rechtlichen Kaufzwangs“ oder im Falle der Zugabe ein sonstiger Fall einer unzulässigen zugabeähnlichen Leistung.
  • Weiterhin zu beachten ist, dass selbst ohne Abgabe der Kündigungserklärung nur das Verhalten zu unterlassen ist, welches tatsächlich der Unterlassungsverpflichtungserklärung zugrunde lag oder diesem Verhalten ähnlich ist. Jede Abmahnung und eine darauffolgende Unterlassungsverpflichtungserklärung basierte auf einem konkreten Sachverhalt. Nur dieser Sachverhalt wird von der Unterlassungsverpflichtungserklärung erfasst, nicht jedoch jede Gewährung von Zugaben oder Rabatten.
  • 4. Checkliste für den Werbenden
    Vor dem Hintergrund der dargestellten Problematik ist dem Werbenden anzuraten, nach folgender Checkliste vorzugehen:

  1. Begeben Sie sich auf die Suche nach allen Unterlassungsverpflichtungserklärungen, die Ihr Unternehmen und ggfs. mit Ihrem Unternehmen verbundene Unternehmen jemals abgegeben haben. Dabei ist auch daran zu denken, dass diese Erklärungen zu Lasten des jeweiligen Rechtsnachfolgers weitergelten.
  2. Sortieren Sie diejenigen Erklärungen aus, die irgendetwas mit Zugaben, Rabatten oder allgemeiner Wertreklame zu tun haben.
  3. Überprüfen Sie anhand der rechtlichen Begründung der Abmahnung, ob die jeweilige Erklärung ausschließlich wegen eines Verstoßes gegen das ehemalige Rabattgesetz oder die Zugabeverordnung abgegeben wurde. Ist die Abmahnung nicht mehr vorhanden oder enthält diese keine rechtliche Begründung, sollte der damalige Sachverhalt durch einen Rechtsanwalt überprüft werden.
  4. Schreiben Sie die Gegenseite der Erklärungen, die ausschließlich wegen Verstoßes gegen die benannten Gesetze abgegeben wurden an (per Einschreiben/Rückschein) und kündigen Sie die Erklärung aus wichtigem Grund. Alternativ können Sie die Gegenseite auch zunächst einmal zu einer Stellungnahme auffordern.

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Autor: RA Peter Schönberger
eingestellt am 9. August 2001