Warum Social nicht sozial bedeutet: Wie WWF, Greenpeace & Co. Spender möglichst gezielt erreichen können

Weihnachtszeit ist Spendenzeit. 25 Prozent aller jährlichen Spenden werden in der Adventszeit von den großen sozialen Organisationen eingesammelt. Und überall, sei es in der U-Bahn auf Plakaten, in Briefen, im Fernsehen oder in Magazinen wird man deutlich zum Spenden aufgefordert. In allen Kanälen, außer in einem ganz wichtigen: Social Media.

Eine neue Studie untersucht, wie man am besten über soziale Ziele in sozialen Medien spricht. Obwohl mittlerweile deutschlandweit schon über 76 Prozent aller Menschen und auch schon 63 Prozent der über 60 Jährigen soziale Netzwerke nutzen, tun sich die sozialen Organisationen in den sozialen Medien noch schwer. In der Hauptspendenzeit werben ein Viertel der untersuchten sozialen Organisationen gar nicht auf Social Media und in den jährlichen Geschäftsberichten taucht Facebook oder Instagram nur bei der Hälfte der Organisationen überhaupt auf.

Junge Spender erreicht man besser über Social Media

Kein Wunder also, dass Social Media nicht besonders „social“ ist, sondern von kommerziellen Playern dominiert wird. Unter den Top 100 Instagrammern weltweit findet sich keine soziale Organisation und die Drogeriekette dm hat in Deutschland mehr Social Follower als die 20 größten sozialen Organisationen zusammengenommen.

Dabei hat Social Media großes Potential für soziale Zwecke, wie sich im internationalen Vergleich zeigt. Facebook hat nach eigenen Angaben mit ihrem Fundraiser Tool bereits über 1 Milliarde Dollar eingesammelt und mehr also 1.000.000 soziale Organisationen in ihre Plattform integriert. Auch hier hinkt Deutschland hinterher. Lediglich 0.3 Prozent aller Spenden werden derzeit laut einer Studie der GfK über Social Media generiert, die absolute Mehrheit immer noch über den traditionellen Brief (23 Prozent) und andere Kanäle.

Die Reichweite und Kosteneffizienz von Werbung über Social Media überragend

Facebook hat mit über 30 Millionen monatlichen aktiven Nutzern eine Reichweite, die die größten TV Sendungen, Zeitungen und Radio bei weitem in den Schatten stellt. Um nur ein Beispiel zu nennen – eine einseitige Anzeige in der Bildzeitung kostet circa eine halbe Millionen Euro und erreicht rund 9,9 Millionen Personen. Für diese Summe könnte man 10 Millionen Personen über Facebook in etwa 26 mal erreichen. Auch wenn soziale Organisationen in Deutschland sich erst langsam für Social Media öffnen, gibt es auch schon gute Beispiele. In einer Studie der Kreativagenturen Kemmler Kemmler und Studio Hoekstra unter dem Motto „Social “ wurden 23 der größten deutschen sozialen Organisationen untersucht, um herauszufinden, wie man gut über soziale Ziele in sozialen Medien spricht.

Dazu wurde erstens untersucht, wie gut es sozialen Organisationen gelingt Follower zu generieren. Zum zweiten, wie viel Interaktion und Engagement sie mit ihren Posts erreichen und drittens, wie viel Buzz und Aufmerksamkeit sie in sozialen Netzwerken erzeugen. Und siehe da, es gibt einen klaren Gewinner: die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, kurz DLRG. Die DLRG besticht vor allem durch eine hohe Engagement Rate von sensationellen 10,4 Prozent auf Instagram im letzten Jahr. Durch einen klaren Fokus auf Aktion, viel visuellem Storytelling, gutem Humor und starkem Branding gelingt es der DLRG jeden zehnten User zu einem Like, Comment oder Share zu bewegen.

Ein Vergleich zu internationalen Organisationen

Im Vergleich zu ihrem Umsatz haben die großen, internationalen Organisationen Amnesty International, Greenpeace und WWF die meisten Follower.

Ihnen gelingt es, ihre Mitglieder und Spender auch in sozialen Netzwerken zu Followern zu machen und nutzen wie beispielsweise WWF gezielte Follower Kampagnen um mehr Fans zu generieren. Hier haben die großen deutschen Hilfsorganisationen noch viel Potential. Das Deutsche Rote Kreuz hat zum Beispiel über 3.000.000 Mitglieder aber nur 97.193 Follower. Es gibt also potentiell noch über 2,9 Millionen Menschen, die jetzt schon aktiv beim DRK engagiert sind, aber der Organisation noch nicht in sozialen Netzwerken folgen.

Den größten sozialen Buzz erzielen soziale Organisationen wie Unicef, SOS Kinderdörfer oder WWF, die gezielt und strategisch Werbung über soziale Netzwerke schalten und die wichtigsten Motivationen ihrer Spendengruppen ansprechen. Über eine Clusteranalyse wurden die Organisationen in vier Motivationsfelder eingeteilt, deren Follower sich in ihren Social Media Interessen ähneln. Menschen, die sich für „Sozialen Wandel“ und Organisationen wie Amnesty International oder UNO-Flüchtlingshilfe interessieren, lassen sich von Werten wie „Humanität“, „Feminismus“ und „Öffentlicher Meinungsäußerung“ begeistern. Exakt dieselben Begriffe sind für Menschen, die sich eher für Notfallhilfe und Organisationen wie DRK, DLRG und ASB interessieren, die unwichtigsten. Sie begeistern sich eher für „Spaß bei der Hilfe“, was sich im Interesse an Begriffen wie „Freiwilligendienst“, „Katastrophe“, „Lachen“ und „Nachtleben“ zeigt. Die Unterschiede zeigen sich nicht nur in den Werten, sondern auch in den Lebensumständen der Zielgruppe. So ist ein weiteres Cluster ‚Kindern und Menschen helfen‘ mit 67 Prozent stark von Frauen dominiert, die im Schnitt älter als 40 Jahre alt sind und auf dem Land leben. Das letzte Cluster „Nachhaltigkeit & Umweltschutz“ ist dagegen eher jung und urban geprägt. Die Gewinner im Buzz Ranking werben strategisch, indem sie die Grundmotivationen ihrer Zielgruppe richtig adressieren, die Werbung zielgerichtet abspielen und über längere Zeit ein Thema besetzen, anstatt jeden Tag ein neues Feld anzusprechen.

Insgesamt zeigt sich, dass es für soziale Organisationen in sozialen Netzwerken noch viel Potential gibt. Während die kommerziellen Marken mit großem Aufwand nach menschlichen Stories suchen, die sie posten könnten, generieren die sozialen Organisationen an sich jeden Tag neue spannende zwischenmenschliche Geschichten, über die sie erzählen könnten. Dieses Potential sollten sie nutzen, denn Social sollte Social werden!

(lig)