Vorsicht beim Telefonmarketing: 300.000 Euro – so teuer können Cold Callings werden

Auch in Zeiten der Digitalisierung ist das Telefonmarketing bei vielen Unternehmen noch immer ein fester Bestandteil der Vertriebsstrategie. Cold Calls können jedoch teuer werden, wie ein aktuelles Beispiel zeigt: Die Bundesnetzagentur verhängte kürzlich ein Bußgeld über 300.000 Euro.

Von Gastautor Magnus Hirsch, Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte

Das Energieunternehmen Energy2day hatte über mehrere Subunternehmen im In- und Ausland Verbraucher anrufen lassen, um sie von einem Wechsel ihres Stromanbieters zu überzeugen. Wie die BNetzA mitteilte, hatten sich die Anrufer dabei unter anderem als örtlicher Energieversorger ausgegeben und behauptet, sie würden mit diesem zusammenarbeiten. Rund 2.500 Verbraucher reichten bei der Bundesnetzagentur Beschwerde ein – mit Erfolg: Die BNetzA sah in den Anrufen eine unzulässige Belästigung und verhängte ein Rekordbußgeld über 300.000 Euro gegen Energy2day. Sie macht dabei auch deutlich: Wer Subunternehmer mit telefonischen Marketingkampagnen beauftragt, dem obliegen als Auftraggeber umfangreiche Aufsichtspflichten, vor allem dann, wenn es in einer Vertriebsstruktur bereits zu Rechtsstreitigkeiten wegen unlauteren Marktverhaltens gekommen ist. Gegen das Verhalten von Energy2day hatten mehrere Wettbewerber Klagen vor den Zivilgerichten eingereicht.

Das sagt das Gesetz

Nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern dann eine unzumutbare Belästigung, wenn der Verbraucher nicht seine vorherige Einwilligung erklärt hat. Die Betonung liegt hier auf „vorher“ – es genügt nicht, wenn der Angerufene anschließend zustimmt. Dies gilt im Übrigen nicht nur für neue Kontakte, sondern auch für Bestandskunden (Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 19. Juli 2013, Az. 38 O 49/12). Mutmaßliche oder konkludente Einwilligungen genügen jedenfalls bei Verbrauchern nicht. Für Anrufe bei Geschäftsleuten ist eine zumindest mutmaßliche Einwilligung erforderlich.

Auch pauschale Einwilligungen, wie sie nicht selten zum Beispiel bei Gewinnspielaktionen eingeholt werden, reichen nicht aus. Hierzu sagt die Rechtsprechung, dass die Einwilligung eines Verbrauchers nur dann wirksam ist, wenn sie sich auf eine Werbeaktion für ein konkretes Produkt oder eine konkrete Dienstleistung bezieht, sprich: dem Verbraucher muss klar sein, für welchen genauen Zweck er zur Nutzung seiner Daten einwilligt (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012, Az. I ZR 169/10). Kritisch zu sehen ist in diesem Zusammenhang auch, wenn die Datenfreigabe für eine Partnerliste erst per „opt-out“ ausgeschlossen werden muss; stattdessen sollte die Abfrage, ob der Verbraucher telefonisch kontaktiert werden darf, stets als „opt-in“ formuliert sein. Dabei sind auch die datenschutzrechtlichen Anforderungen einzuhalten.

Einwilligung für alle Zeit?

Verbraucher können ihre Einwilligung jederzeit widerrufen. Dann ist darauf zu achten, dass der Widerruf auch tatsächlich im Datenbestand des Unternehmens registriert wird, sonst droht bei der nächsten Nutzung eine Abmahnung. Hat ein Unternehmen Telefondaten längere Zeit nicht genutzt, können Anrufe auch deshalb unzulässig sein, weil die Einwilligung zeitlich erloschen ist. Nach eineinhalb oder zwei Jahren erinnert sich ein Verbraucher kaum noch daran, dass er seine Einwilligung zu Telefonanrufen erteilt hat; er kann sich dann im Zweifel auf den Zeitablauf berufen (Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 23. November 2011, Az. 3 O 10154/10).

Wer steht für Call Center ein?

Bedient sich ein Unternehmen Call Centern für sein Telefonmarketing, muss es für deren Versäumnisse gerade stehen. Es muss seine Subdienstleister folglich umfassend instruieren und danach beaufsichtigen, um nicht für deren Fehlverhalten in die Haftung genommen zu werden. Von den Subunternehmen Regress zu nehmen, ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa, wenn der Subunternehmer vorsätzlich gegen Absprachen verstößt.

Über den Autor

Doktor Magnus Hirsch ist Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Frankfurt am Main. Er berät Unternehmen u.a. beim Aufbau von nationalen und internationalen Markenstrategien sowie bei der Entwicklung von Werbekonzepten. Außerdem vertritt er sie bei Marken- und Wettbewerbsverletzungen und bringt hier langjährige Erfahrung in der Prozessführung vor Land- und Oberlandesgerichten in Kennzeichen-, Design-, Wettbewerbs- und Urheberrechtsstreitigkeiten ein.