Verkäufer der E-Plus-Marken besuchen türkische Hochzeiten

Seit einigen Jahren mischt der Mobilfunker E-Plus die Branche mit frechen Ideen und niedrigen Tarifen auf. Nun will das Unternehmen nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel in den Werbemarkt einsteigen.

„Konsequent baute der Handy-Anbieter Tarife und neue Angebote aus. Auf Simyo folgte die Marke Base mit lukrativen Flatrate-Angeboten für die breite Masse und eine einträgliche Kooperation mit dem Lebensmitteldiscounter Aldi. Auch Nischenmärkte wurden besetzt. So entwickelte E-Plus etwa spezielle Marken und Tarife für in Deutschland lebende Türken oder Polen“, schreibt Spiegel-Redakteur Frank Dohmen. Da diese Gruppen mit normalen Vertriebswegen schwerer zu erreichen seien, entwerfe der Anbieter auch gleich die passende Strategie.

„So besuchen Verkäufer der jeweiligen Marken türkische Hochzeiten, um ihre Telefonkarten zu verkaufen, oder klappern während der Spargelsaison Bauernhöfe ab, die polnische Erntehelfer beschäftigen. Inzwischen gehören mehr als 30 Marken und Kooperationen zur E-Plus-Gruppe, vom Kinderangebot Kandy Mobile über Offerten für Kunden der Modekette New Yorker bis hin zu Angeboten mit dem Musiksender Viva“, so der Spiegel. Die unkonventionellen Methoden zahlten sich aus: E-Plus konnte in den vergangenen drei Jahren ständig zulegen, der Umsatz stieg trotz stark gefallener Gesprächspreise auf inzwischen rund drei Milliarden Euro.

Nun wolle sich der Handy-Konzern auch noch einen Teil der Werbeausgaben großer Unternehmen sichern. Mobile Endgeräte seien das ideale Medium, um Werbung ohne Streuverluste an den richtigen Kunden zu transportieren. „An einer solchen Lösung tüfteln die Software- und Marketingexperten des Konzerns seit Monaten. Entwickelt werden soll eine Art Werberegler, bei dem die Handy-Nutzer selbst einstellen können, welche Art von Werbung und wie viel davon sie wann akzeptieren“, führt der Spiegel weiter aus. Abhängig von der eingestellten Menge gestalte der Konzern dann Gesprächstarife oder andere Entlohnungen.

Das Prinzip: Wer Werbung in Form von SMS, Bildern oder Toneinspielungen zulässt, bezahlt weniger Gebühren oder bekommt andere Vergünstigungen wie etwa kostenlose Musik-Downloads oder Frei-SMS“. „Es ist sicher ein Versuch aus der Vergleichbarkeit der Angebote herauszutreten. Ob sich daraus allerdings ein Massenmarkt entwickeln kann, bleibt offen“, kommentiert Andreas Dippelhofer, Mitglieder Geschäftsführung des Düsseldorfer Outsourcing-Spezialisten acoreus das Geschäftsmodell.

Ob sich der Mobilfunkmarkt als attraktiver Werbeträger durchsetzen wird, hängt nach Expertenmeinung auch von den Endgeräten und den technischen Standards ab. So sei der „Feature-Fetischismus“ bei Handyherstellern nach Ansicht von Voice Days-Sprecher Bernhard Steimel bislang eher abschreckend. „Die Geräte präsentieren sich als ultimative Alleskönner mit Kamera, MP3-Player, E-Mail-System und vielen anderen Anwendungen. Die meisten Funktionen gehen aber am Otto-Normal-Verbraucher vorbei“, moniert Steimel.

„Bei Betriebssystemen, Bedienungsmenüs, Bildschirmgrößen, Einrichtungsroutinen für Software, Internetzugangstechnologien, Browsertypen und Mobile TV-Standards geht jeder Hersteller seinen eignen Weg, um einen konkurrenzlosen Standard zu setzen. Im Ergebnis springt genau das Gegenteil heraus. So müssen Spezialisten für die Erstellung von WAP-Seiten Informationen für rund 4.000 Handymodelle in ihren Datenbanken speichern“, erklärt Jens Klemann von der Unternehmensberatung Strateco, Co-Autor der Studie „Mobile Marketing“, zu deren Herausgebern die „absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing“ zählt. So lange das nicht gelöst sei, werde sich das Thema Mobile Marketing nur schwer etablieren. www.ne-na.de

www.kandymobile.com
www.newyorker.de
www.acoreus.de

www.voicedays.de