Verbraucher ändern langgehegte Einkaufsrituale

Der ehemals tägliche Einkauf von Lebensmitteln und weiteren Gütern des täglichen Bedarfs findet schon lange nicht mehr jeden Tag statt. Die größeren Haushalte mit vier und mehr Personen werden weniger und die kleineren Haushalte kommen seltener in die Geschäfte – für den Handel ein doppeltes Dilemma. Warum die Umsätze des Handels dennoch stabil sind und zum Teil steigen, erläutert die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in ihrem neuesten Bericht zum Consumer Index.

Kleinere Haushalte kaufen kleinere Packungen und diese sind – bezogen auf den Preis pro Menge – teurer als die von den größeren Haushalten bevorzugten Großpackungen. Dies ist unter anderem ein Grund dafür, dass sich die Umsätze des Handels trotz rückläufiger Mengennachfrage positiv entwickeln. Wie sich ein solcher gesellschaftlicher Wandel und damit einhergehende Einstellungsänderungen beim Einkauf von Fast-Moving-Consumer-Goods (FMCG) konkret niederschlagen, beobachtet die GfK auf lange Sicht in ihren Verbraucherpanels.

Käufer für neue Marken schwer zu finden

Dabei zeigen sich einige gravierende bis besorgniserregende Entwicklungen zwischen 2008 und 2014: Beispielsweise ist die Anzahl gekaufter Artikel in den letzten fünf Jahren um rund drei Prozent zurückgegangen. Jeder Haushalt kauft derzeit im Durchschnitt 416 verschiedene Artikel ein. Das ist laut GfK sehr wenig angesichts der riesigen und immer größer werdenden Sortimente. Weiter stellt sich die Frage, wie sich Zehntausende von Neueinführungen bei ihren potenziellen Käufern bekannt machen wollen. Fazit der Konsumforscher: Es wird immer schwerer, Käufer für neue Marken und Handelsmarken zu finden.

Ähnliches gilt für die Kategorien. Der Durchschnittshaushalt kauft aktuell Produkte aus 106 Kategorien ein; die Gesamtzahl der Warengruppen ist fast drei Mal so groß. Auch in dieser Hinsicht selektieren die Haushalte beim Einkaufen sehr stark. Auch die Anzahl der Marken, die jeder einzelne Haushalt kauft, ist seit 2008 um rund neun Prozent zurückgegangen, drei Mal stärker als die Anzahl der gekauften Artikel. Dies wiederum liegt nach Überzeugung der Marktforscher unter anderem an der Politik des Handels, der seine Eigenmarken forciert und dafür schon einmal die eine oder andere Herstellermarke aus dem Regal räumt.

Handel muss mehr denn je um Kunden kämpfen

Aber nicht nur die Marken müssen immer intensiver um ihre Käufer kämpfen, auch der Handel muss sich in seinem Eigenmarketing mehr anstrengen. Denn wenn die Shoppingtrips zurückgehen, sinkt auch die Anzahl der besuchten Einkaufsstätten. Suchten die Verbraucher im Jahr 2008 noch durchschnittlich knapp neun Geschäfte auf, um sich mit FMCG einzudecken, so sind es aktuell nur noch knapp acht. Im Durchschnitt sind jedem Händler in den letzten fünf Jahren dadurch rund zwölf Prozent seiner Kunden abhandengekommen.

Im Gegenzug können die Händler aber davon ausgehen, dass die Treue der verbliebenen Kunden wächst. Denn die Händler weiten ihre Sortimente ständig weiter aus: die Discounter bieten Frische, Backwaren und Premiumprodukte, die Vollsortimenter Handelsmarken auf Preiseinstiegsniveau. So müssen die Kunden im Prinzip gar nicht mehr die Einkaufsstätte wechseln, um ihren gesamten Bedarf an FMCG zu decken.

Tatsächlich ist die Anzahl der gekauften Artikel pro Einkauf gestiegen. Die Konsumenten kaufen heute knapp sechs Prozent mehr unterschiedliche Produkte in einem einzelnen Geschäft ein als noch vor fünf Jahren. Dabei geben sie etwa 15 Prozent mehr Geld aus. Ursachen für die Mehrausgaben sind neben dem größeren Korb einerseits natürlich die Teuerung, zum anderen aber auch ein trading up seitens der Verbraucher infolge ihres gestiegenen Qualitätsbewusstseins. So lange es den Deutschen wirtschaftlich so gut geht wie heute, sollte sich daran nicht viel ändern.

Vollsortimenter profitieren vom Osterfest

Wie schnell sich die Dinge ändern können, sieht man an den Discountern. Im vergangenen Jahr noch feierten sie eine kräftige Renaissance. Im laufenden Jahr tun sie sich dagegen erheblich schwerer. Nach dem ersten Tertial liegen sie um gut ein halbes Prozent unter ihrem Vorjahresergebnis. Der aus dem starken ersten Halbjahr 2013 resultierende Basiseffekt dämpft die Wachstumsraten im Vergleich zu den Vollsortimentern. Die haben im April 2014 davon profitiert, dass sich die Verbraucher ganz offensichtlich ein schönes Osterfest bereiten wollten.

Mehr noch als das zweistellige Wachstum der LEH-Food-Vollsortimenter ist hier der Zuwachs der SB-Warenhäuser beachtlich. Die Bonsumme pro Einkauf war hier diesmal um neun Prozent höher als im letztjährigen April. Die Verbraucher gaben im April 2014 im SB-Warenhaus durchschnittlich fast dreißig Euro bei ihren Einkäufen aus. Zum Vergleich: Bei den LEH-Food-Vollsortimentern betrug die durchschnittliche Bonsumme wie auch bei den Discountern gut 16 Euro. Zu bedenken ist allerdings, dass die Ostereinkäufe die Ausgaben punktuell hochgetrieben haben.

Die Drogeriemärkte konnten im April 2014 mit den anderen Vertriebsschienen nicht mithalten. Zum einen war der Basiseffekt zum Vorjahr mit gut elf Prozent erdrückend hoch. Zudem haben die Drogeriewarengruppen im diesjährigen April überraschend schlecht abgeschnitten. Auch das Internet zieht zunehmend Umsätze von den Drogeriemärkten ab; im April des laufenden Jahres waren es 2,2 Prozent bezogen auf die Drogeriewarengruppen.

FMCG-Sortimente wieder in der Wachstumszone

Seit geraumer Zeit beobachtet die GfK, dass der Fachhandel besser abschneidet, als dies in den vergangenen Jahren der Fall war. Seine Stärke könne er naturgemäß rund um wichtige Feiertage besonders gut ausspielen. So lagen die Umsätze mit FMCG Gesamt (inkl. Fachhandel) im April 2014 um fast einen Prozentpunkt über den Lebensmittel-Einzelhandelsumsätzen (Vollsortimenter, Discounter, Drogeriemärkte – ohne Fachhandel). Das Umsatzplus von 6,8 Prozent hievte die FMCG-Sortimente insgesamt wieder in die Wachstumszone – die Steigerung lag jedoch nur bei 0,1 Prozent.

Fazit der Konsumforscher: Alles in allem haben drei Faktoren die Entwicklung der Fast Moving Consumer Goods im April 2014 beeinflusst: Der starke Kalendereffekt von plus vier Prozent hat nur wenigen Kategorien genutzt, aber auch nicht geschadet. Das schöne Wetter und die Auszeit rund um die Feiertage wiederum haben einigen Kategorien zu einem „Zwischenhoch“ verholfen. Und schließlich die kräftige Preisentwicklung im Bereich des LEH: Zum Osterfest gönnen sich viele Verbraucher etwas Besonderes, sei es zum Trinken oder zum Essen oder als Geschenk. Es handelt sich bei den Preissteigerungen also zum größten Teil um höherwertige Nachfrage und nicht um Preiserhöhungen des Handels. Entsprechend dürfte die „FMCG-Inflation“ demnächst wieder abflauen, was die Sache für den Handel nicht leichter macht.

(GfK/asc)