Unternehmen nehmen Twitter langsam als Kommunikationsmittel ernst

Immer mehr Unternehmen nutzen nach Informationen des Handelsblatts den Kurznachrichtendienst „Twitter“ für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Dabei würden allerdings die Grenzen von geschäftlichen und privaten Interessen verschwimmen. Zwar erhöhe das die Kundenbindung, doch berge die neue Offenheit auch Risiken.

Danach erlebt Twitter, das öffentliche Tagebuch im Internet, auf dem sich jede Person der Welt mitteilen kann, einen Boom. Weltweit sind dort rund 30 Millionen Menschen Mitglied, darunter sind etwa 150 000 Aktive aus Deutschland. Während in den USA bereits viele Unternehmen Twitter für ihre Öffentlichkeitsarbeit nutzten, würden in Deutschland aber erst wenige Firmen mit diesem Medium experimentieren. Beispielsweise verschicke etwa die Lufthansa ein paar Sonderangebote via Twitter durch das Netz und informiere die Bahn Follower über Verspätungen und Stellenausschreibungen. „Deutsche Unternehmer beginnen erst langsam, Twitter als Kommunikationsmittel ernst zu nehmen“, sagt Mirko Lange, PR-Berater bei der Agentur Talkabout.

Auch Kristin Walther, Inhaberin der Saftkellerei Walthers in Arnsdorf in Sachsen, teste erst noch die Möglichkeiten, die Twitter für die Öffentlichkeitsarbeit biete. Für ihren kleinen 16-Mann-Betrieb habe sie mit knapp 1500 Followern allerdings schon eine Gemeinde um sich geschart, die mehr Mitgliedern als bei der Deutschen Bahn entspreche. Täglich versende Walther rund 20 Nachrichten und habe auch eine Rabattaktion für Twitter-Follower gestartet, damit die Fangemeinde weiter wächst. In Kurzmitteilungen beziehungsweise Tweets mische die Geschäftsfrau Privates mit Beruflichem, schreibe über die Inhaltsstoffe ihrer Säfte oder sogar, dass sie gerade dabei ist, Staatshilfe zu beantragen. Immer wieder kämen allerdings auch Dinge zur Sprache, die mit ihrer Saftfabrik überhaupt nichts zu tun haben. Dennoch wolle sie damit vor allem die Kundenbindung erhöhen. „In der Lebensmittelbranche ist Vertrauen besonders wichtig. Die Kunden sollen über Twitter erfahren, dass sie es mit einem Menschen zu tun haben. Dem vertrauen sie mehr als einer Firma“, unterstreicht Walther.

Laut PR-Berater Lange könne Twitter eine Scheinbeziehung zwischen Unternehmen und Kunden herstellen: „Dadurch kann ein Konzern genauso vertraut werden wie ein Tante-Emma-Laden.“ Auch Daimler sammle Erfahrungen mit dieser neuen Methode der Öffentlichkeitsarbeit, wo bisher die Personal-, sowie natürlich die Presseabteilung zwitschern. Außerdem beteilige sich der Bereich Business Innovation. Damit wolle der Konzern laut Uwe Knaus, zuständig für die Internetkommunikation des Autobauers, vor allem junge Leute erreichen. Die einzelnen Unternehmensbereiche können bei der Presseabteilung ein Konzept vorlegen und dürfen dann eigenverantwortlich twittern. Das ist ein Novum, denn normalerweise würden PR-Abteilungen großer Unternehmen jede Nachricht überprüfen, bevor sie an die Öffentlichkeit gelange. Zudem mache Vodafone derzeit vor, wie man Twitter auch umgekehrt nutzen kann, nämlich um herauszufinden, wie das Unternehmen bei Kunden ankommt. Daher suche Pressesprecherin Carmen Hillebrandt permanent nach deutschen Twitter-Nachrichten, in denen das Wort „Vodafone“ vorkomme. Beschwere sich ein Nutzer über den Telefonriesen, antworte Hillebrandt ihm und biete Hilfe an. Damit böten sich auch für kleine und mittelständische Unternehmen neue Möglichkeiten beim Beschwerdemanagement.

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