UNICEF Fotos des Jahres 2017: Bilder zu Kinderschicksalen weltweit und die Geschichten dahinter

Mit der Auszeichnung "UNICEF-Foto des Jahres 2017" prämiert UNICEF Deutschland Fotos und Fotoreportagen, die die Persönlichkeit und Lebensumstände von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. Der ehemalige Geo-Chefredakteur und ehrenamtlicher UNICEF-Vorstands Peter-Matthias Gaede erzählt die Geschichten hinter den Bildern.
Zahras Gesicht: der Erste Preis beim UNICEF Foto des Jahres von Muhammed Muheisen, freier Fotograf, Jordanien (© Muhammed Muheisen, picture credit AP/dpa)

Syrien: Das Gesicht einer geschundenen Kindheit (1. Preis 2017)

Muhammed Muheisen (AP/dpa), durch UNICEF

Es ist Zahras Gesicht. Das Antlitz eines erst fünfjährigen syrischen Mädchens in einem Flüchtlingslager in Jordanien. Zahras Eltern sind mit ihr und sieben weiteren Kindern 2015 vor dem Krieg geflohen. Seither leben sie in einem Zelt. Der Vater, früher fuhr er Taxi und arbeitete auf seinem Hof, sucht Arbeit auf den Feldern des Jordantals; Schulbesuch ist seinen Kindern nicht möglich. Als der Fotograf Muhammed Muheisen, 1981 in Jerusalem geboren, Zahra zum ersten Mal traf, da war sie bei weitem nicht das erste Flüchtlingskind, dem er begegnete. Die Tragödie im Mittleren Osten, auch in Pakistan und Afghanistan, ist dem bereits mit vielen hohen Auszeichnungen gewürdigten Fotografen, der lange Jahre für die Agentur AP unterwegs war, allzu vertraut. Aber in Zahras Gesicht, in ihren Augen sah er das Schicksal hunderttausender Mädchen und Jungen konzentriert: die stille Traurigkeit der unschuldigsten Opfer von Krieg, Heimatverlust, Entwurzelung. Die Spuren einer Gewalterfahrung, der Kinder zunächst kaum etwas Anderes entgegenzusetzen haben als Ohnmacht und Fassungslosigkeit. Das Gesicht einer vielleicht für immer verlorenen Kindheit.
Fotograf: Muhammed Muheisen, freier Fotograf, Jordanien (picture credit AP/dpa)

Bangladesch: Der Exodus der Rohingya (2. Preis 2017)

K.M. Asad (Zuma Press), durch UNICEF

Obwohl sie seit Generationen in Myanmars Teilstaat Rakhine leben, hat sie eine Gesetzesänderung der Militärjunta 1982 zu illegalen Einwanderern erklärt und ihnen das Staatsbürgerrecht aberkannt. Auch zu den 135 offiziell anerkannten ethnischen Minoritäten im buddhistischen Myanmar dürfen sich die muslimischen Rohingya nicht zählen; viele Kinder haben keinen Zugang zu medizinischer Hilfe und können nicht zur Schule gehen.

300.000 Rohingya waren in den vergangenen Jahren bereits nach Bangladesch geflohen, als der Überfall einer Rohingya-Miliz auf einen Sicherheitsposten Auslöser eines militärischen Gewaltexzesses wurde, der im August 2017 weitere 600.000 Rohingya zur Flucht in Nachbarländer trieb. Von „ethnischen Säuberungen“ sprechen die Vereinten Nationen, von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, von „Völkermord“. Der 1983 in Dhaka geborene und für internationale Medien arbeitende Fotojournalist K.M. Asad hat die fast friedlich anmutende Ankunft einer Rohingya-Flüchtlingsfrau mit ihrem Kind am Strand von Cox’s Bazar in Bangladesch festgehalten. Abertausende sind zu Fuß über die Grenze gekommen, Abertausende, wie diese Frau, mit Booten. Mit sich tragen sie die Erfahrung von Massentötungen und Vergewaltigungen. Ihre Dörfer und Felder: verbrannt. Ihr Hab und Gut: vernichtet. Ihre Familien: zerrissen. Asads Foto einer wie dem Meer entsteigenden Mutter mit Kind: das Bild einer Rettung von Leib und Leben. Zugleich das Dokument einer humanitären Katastrophe, zu deren Opfern auch schätzungsweise 320 000 Kinder zählen.

Bangladesch: Nichts als pure Verzweiflung (3. Preis 2017)

Kevin Frayer (Getty Images), durch UNICEF

Es war der 20. September 2017, als Lebensmitteltransporte in einem Flüchtlingslager der Rohingya am Golf von Bengalen eintrafen. Innerhalb nur weniger Tage seit Ende August waren in Lagern wie diesen hunderttausende Menschen gestrandet. Mit wenig mehr als dem, was sie auf dem Leib trugen. Der Fotograf Kevin Frayer war Zeuge jenes Moments, in dem ein weinender kleiner Junge den Truck mit den Versorgungsgütern erkletterte, die Beine eines Helfers umschlang, dann die Hand ausstreckte, den Augenkontakt mit dem erhofften Retter suchte. Frayer, 1993 in Kanada geboren, hat lange für Associated Press im Nahen Osten gearbeitet, lebt mittlerweile in Peking und fotografiert für Getty Images. Menschen in Notlagen sind ihm alles andere als unbekannt, doch der verzweifelt bettelnde Junge verkörperte für ihn, wie er sagt, ein Ausmaß an Traurigkeit, das ihn mehr erschüttert habe als alles zuvor Gesehene. Ungezählte Rohingya-Männer sind der Gewalt in Myanmar zum Opfer gefallen; es sind deshalb vor allem Frauen und – auch tausende unbegleitete – Kinder, die sich nach Bangladesch geflüchtet haben: in Behelfsbehausungen aus Bambus und Plastik auf schlammigem Untergrund, in denen Krankheiten, Mangelernährung und im Wortsinne nackte Not grassieren.

Ehrenvolle Erwähnungen:

Russland: Friedliche Koexistenz

Yuliya Skorobogatova (Freie Fotografin), durch UNICEF

„Du tust ja nichts, außer auf das Baby aufzupassen.“ Das war nur der gedankenlos hingeworfene Satz eines Freundes, aber er animierte die russische Fotografin Yuliya Skorobogatova zu einem Projekt, das dem angeblichen Nichtstun eine wunderbare Lebendigkeit verlieh. Unter dem Titel „Mama zuhause“ portraitierte sie junge Frauen beim alltäglichen Versuch, Berufstätigkeit und Kindererziehung miteinander zu vereinen. „Elena, Köchin, verheiratet mit zwei Söhnen, acht und vier“ hat Skorobogatova eines der hier zu sehenden Bilder leicht ironisch genannt; ein Verweis auf die übliche Ferne der berufstätigen Ehemänner. Nun kann auch eine Berufsköchin ohne Zweifel bestens zuhause kochen. Wie aber sieht die Heimarbeit von Schauspielerinnen, Pilateslehrerinnen, Tierärztinnen, Architektinnen, Verpackungsdesignerinnen aus, wenn sie von ihrer Kinderschar umgeben sind? Skorobogatova, 1981 in Moskau geboren, Mutter zweier Töchter, hat das in liebevoll-turbulenten Szenen festgehalten. Ihre Arbeiten wurden unter anderem im Stern, in Cosmopolitan und Vanity Fair veröffentlicht. Als ihre Berufe gibt sie ausdrücklich „Fotografin und Hausfrau“ an.

Irak: Befreit, aber nicht von der Angst 

Zohra Bensemra (Thomson Reuters), durch UNICEF

Mossul, Irak, Sommer 2017. Der „Islamische Staat“ ist aus der zweitgrößten Stadt des Landes vertrieben; drei Jahre, nachdem er sie erobert hatte. Die Kämpfe während der monatelangen Rückeroberung haben die Stadt, in deren großer Moschee der IS-Chef das „islamische Kalifat“ ausgerufen hatte, weitgehend zerstört. Die Zivilbevölkerung: zu Geiseln geworden und zwischen den Fronten immer wieder an der Flucht gehindert. Dann dieser Moment: ein kleines Mädchen, barfuß an der Hand eines jungen Mannes hierhergekommen, steht an einem Checkpoint von Spezialkräften der irakischen Armee in Kokjali. Der Soldat mit der Waffe, die Verlegenheitsgeste des Mädchens: eine der vielen Irrsinns-Situationen, denen auch die Kinder der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt ausgesetzt waren. Und sind. Die Angst und die Verletzung der Kinder hat die 1968 in Algier geborene Fotografin Zohra Bensemra in weiteren Bildern eingefangen. Sie ist eine jener Photojournalistinnen, die dorthin gehen, wo es selbst dem Betrachter wehtun muss, dieses Leben auszuhalten: Sie hat den algerischen Bürgerkrieg dokumentiert, war in Afghanistan und Somalia, im Sudan und Libyen. Und von Mossul ist sie für die Agentur Reuters nach Rakka in Syrien gereist: zum nächsten Vertreibungskampf gegen den IS. Zum nächsten Ort, an dem auch die Kinder sterben.

Elfenbeinküste: Gemeinsam schaffen sie Hoffnung

Anush Babajanyan (VII Agency), durch UNICEF

In Westafrika, etwa hier in Abidjan, einer Stadt der Elfenbeinküste, werden Zwillingen Wunder zugetraut. Und also bringen ihre Mütter sie gerne in die Nähe der großen Moschee des Vororts Koumassi, um Gläubigen nach dem Gottesdienst eine zweite Gelegenheit zu bieten, sich gute Wendungen im Leben zu wünschen. Gegen eine kleine Spende, natürlich.

Die 1983 in Armenien geborene Fotografin Anush Babajanyan stieß ganz zufällig auf diese Praxis, in der sich Aberglaube, Armut und eine spezifische Form von Kinderarbeit vereinen. Sie sah Dutzende Zwillinge in den Straßen, herausgeputzt und stundenlang in Pose. Eine zwar niedliche, aber auch traurige Begegnung, wie die Fotografin fand, die für die Agentur VII arbeitet und unter anderem in New York Times, Washington Post und National Geographic veröffentlicht. Babajanyans größtes Thema: Friedensprozesse zwischen ihrem Heimatland Armenien und der Türkei, die sie unter anderem mit einem Projekt junger Fotografen aus beiden Ländern fördern will.

Großbritannien: Auf der Verliererstraße

Toby Binder (Freier Fotograf), durch UNICEF

Arbeitslosigkeit, Bandenkriminalität, Teenagerschwangerschaften, Drogen, Alkohol – vor allem in den ehemaligen Industriestädten des Vereinigten Königreichs gehört all das zum Leben vieler Jugendlicher, noch einmal verschärft in Schottland und Nordirland. Verschiedene Regierungsprogramme haben das nur zum Teil verändert, nicht aber die noch immer strukturelle Notlage und die Perspektivlosigkeit vieler Heranwachsender. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt dreimal höher als im Rest der Bevölkerung, bis zu elfmal höher in besonderen Krisenzonen. Und latente Gewalt geht nach wie vor von der konfessionellen Spaltung und dem Wirken ehemaliger paramilitärischer Gruppen in Nordirland aus.

Der 1977 in Esslingen geborene Fotograf Toby Binder, Mitglied der Agentur Anzensberger, hat die Lage von Kindern und Jugendlichen in den klassischen Arbeitervierteln von Belfast und Glasgow, von Edinburgh und Liverpool über Jahre hinweg dokumentiert. Er lebt in München und Buenos Aires; seine Arbeiten, überwiegend Sozialreportagen, wurden allein in Deutschland von zwei Dutzend Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht und mit vielen Preisen und Nominierungen ausgezeichnet.

Deutschland: Wenn der Papa alles ist

Leona Ohsiek (FH Hannover), durch UNICEF

Hannah lebt mit ihrem Vater in einer kleinen Wohnung in Hannover-Linden. Sie war erst wenige Monate alt, als ihre Mutter bei einem Autounfall starb. Das Mädchen war zu klein, um Erinnerungen an die Zeit davor zu haben. Der Verlust der Mutter verfolge die inzwischen neunjährige Hannah deshalb weniger als ihn, sagt der Vater. Und doch gebe es immer wieder Momente der Melancholie und wortlosen Trauer.

Leona Ohsiek, Jahrgang 1995 und gegenwärtig Studentin des Fachbereichs Fotojournalismus und Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover, hat ihre Geschichte „über die Höhen und Tiefen einer kleinen Familie ohne Mutter“ ebenso einfühlsam und zugewandt fotografiert, wie sie das sensible Verhältnis zweier Menschen empfindet, denen die Mitte genommen wurde.

Bangladesch: Warten mit der letzten Kraft

Jacob Ehrbahn (für Politiken), durch UNICEF

Ein weiteres Flüchtlingslager der Rohingya in Bangladesch. Zurückgeblieben sind die, denen die Kehle aufgeschlitzt wurde, die von Klippen gestürzt worden sind, denen die Gliedmaßen abgeschnitten wurden. Mitgebracht haben die Überlebenden die verstörende Erinnerung daran. Nun sitzen sie in langen Wartereihen, manchmal über den ganzen Tag hinweg, um Hilfe zu erhalten. Eine junge Mutter versucht, ihr Kind aus der Bedrängnis zu befreien, ihm ein bisschen Luft und Schatten zu spenden.

Der 1970 geborene dänische Fotojournalist Jacob Ehrbahn, dem sich diese Szene bot, arbeitet seit 2003 für die Tageszeitung Politiken. In seinem Heimatland wurde er bereits dreimal zum „Fotografen des Jahres“ gewählt; internationale Auszeichnungen hat er ähnlich viele und renommierte wie Muhammed Muheisen erhalten. Und wie Muheisen und andere Fotografen, deren Arbeiten aus den Kriegsgebieten hier zu sehen sind, sind Ehrbahns Reportagen ein Beleg dafür, dass auch Milliarden auf Facebook kursierende Fotos die Bedeutung sozial engagierter, professioneller Fotografie nicht schmälern können. Dies sind die Bilder, die das Vergessen und Wegschauen unmöglich machen. Die Bilder, die Druck auf politisches Handeln erzeugen.

Afghanistan: Bismillahs Gefühl für den Schnee

Andrew Quilty (Agence VU), durch UNICEF

Weit, sehr, sehr weit ab von dem, was wir den „alpinen Skizirkus“ nennen, gibt es Abfahrts- und Slalomspezialisten, denen die Bretter zwar nicht die Welt bedeuten. Aber doch Zugang zu einem Wintervergnügen, das in Afghanistan nicht unbedingt eine Massenbewegung ist.

Es waren zwei Mitarbeiter einer internationalen Entwicklungshilfe-Organisation, die eines Tages im Jahr 2009 ihre Skier in das Dorf Au Bala im abgelegenen Fuladi-Tal mitbrachten. Und offenbar haben sie nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Als der australische Fotograf Andrew Quilty acht Jahre später nach Au Bala kam, traf er dort Bismillah, Aliqullah, Baz Mohammed und andere Jungen, die ihm ihre selbstgebastelten Skier zeigten: grob zusammengezimmerte Hölzer mit in den Boden genagelten Plastikstreifen und Nylonresten für die Bindung. Dass die Region, einst berühmt für ihre 2001 von den Taliban gesprengten Buddha-Statuen, zu einem Wallfahrtsort von Experten der Ski-Industrie werden wird, ist höchst unwahrscheinlich. Quilty aber, unter anderem bereits mit einem World Press Photo Award in der Kategorie Sport geehrt, war derart beeindruckt, dass er sich freute, als die Alten des Dorfes ihm den Vorraum ihrer Moschee als Fotostudio zur Verfügung stellten. Andrew Quilty, Jahrgang 1983, arbeitet für die Agence Vu in Paris, wurde bereits vielfach ausgezeichnet und lebt nach Stationen in Sydney und New York zur Zeit in Kabul.

Tansania: Stärker als die Sonne

Ana Palacios (Freie Fotografin), durch UNICEF

Immer wieder thematisieren Fotografen das Schicksal so genannter Albinos in Afrika. Und damit die Lebensgefahr, die den weißhäutigen Kindern durch den furchtbaren Aberglauben droht, ihr Blut zu trinken wirke Wunder. Die 1984 in Spanien geborene Fotojournalistin Ana Palacios hat aber nicht nur Alarmismus betrieben, sondern ist auf die Suche nach offizieller Hilfe für die Albinos gegangen. Und hat sie in Tansania gefunden, in der Stadt Kabanga, wo die weißen Kinder vor einer noch größeren Gefahr geschützt werden sollen: der Sonne. Da der Haut der Albinos jene Stoffe fehlen, die sie vor den krebsfördernden Wirkungen ungebremster Sonneneinstrahlung schützen, kann ein Hautkarzinom ihre Lebenserwartung leicht auf unter 30 Jahre senken. Palacios’ Bild von der so gerne tanzenden elfjährigen Kelen im noch unfertigen Schlaftrakt eines Kinderheims zeigt, wie es auch ihre anderen Fotos tun, die Vitalität und Fröhlichkeit von Kindern, die sich behütet fühlen dürfen. Licht in die Schattenzonen unserer Welt will Ana Palacios bringen, vorrangig Menschenrechtsthemen widmet sie sich deshalb, etwa der Versklavung von Kindern. Palacios Arbeit wird in den großen Magazinen der Welt veröffentlicht; sie ist mit zahlreichen Ausstellungen und Auszeichnungen gewürdigt worden und hat als Koordinatorin für Filmproduktionen unter anderem mit Milos Forman, Jim Jarmusch und Ridley Scott zusammengearbeitet.

Sansibar: Vom Mädchenrecht, nicht unterzugehen

Anna Boyiazis (Freie Fotografin), durch UNICEF

Sansibar, ein halbautonomer Teilstaat von Tansania, ist fast zu 100 Prozent muslimisch. Und weil das so ist, durften hier Frauen nach Ansicht der religiösen Autoritäten des Inselarchipels vor Ostafrika nicht schwimmen. Auf keinem Kontinent ertrinken zwar mehr Menschen als in Afrika, das patriarchale Geschlechterdogma am Strand aber war stärker. Bis mutige Frauen das Projekt „Panje“ starteten, übersetzt: großer Fisch. Seither gehören auch die Mädchen der Kijini-Grundschule auf der Hauptinsel Unguja zu den „großen Fischen“, nehmen sich das Recht, sich im „Burkini“ am Wasser zu freuen und nicht unterzugehen. Die 1967 in Kalifornien geborene Fotografin Anna Boyiazis, Tochter griechischer Eltern aus der Ägäis und als Kind selber mit dem Spitznamen „Psaroukla“ (großer Fisch) gerufen, arbeitet als Fotojournalistin vor allem zu Frauenrechten; sie ist engagiert in der Kampagne #womenmatter (Frauen zählen), hat internationale Preise gewonnen, lehrt an Kunsthochschulen und veröffentlicht Bücher zu Design und Architektur. Zur Schwimmbewegung der Mädchen und jungen Frauen auf Sansibar sagt sie: Noch sei die fragil, bekämpft vor allem von alten Männern. Aber Kazija und Chema, Mwanaidi und Siti schwämmen denen nun glücklicherweise einfach davon.

Syrien: Nichts ist vorbei

Christian Werner (Freier Fotograf), durch UNICEF

Aleppo in Schutt, Homs eine Apokalypse: Nur schlimmer noch Hiroshima und Nagasaki, nur vielleicht Dresden, Kassel, Köln am Ende des Zweiten Weltkriegs sahen so aus wie einige syrische Städte 2017 aussehen. In den Ruinen: Mädchen wie Victoria, mit ihrem Bruder und den Eltern immerhin lebend und zurückgekehrt in ein Haus, das nicht mehr bewohnbar ist. Zwischen den Trümmern: Kinder, die nach Brennholz suchen, durch zerstörte Läden stöbern, auf Steinwüsten blicken, verhungernde Katzen finden. Wie hier noch einmal von vorne beginnen? Unter welchem Dach schlafen? Auf welche Schule gehen? Auf welche Hilfe hoffen? Wie den nächsten Winter überdauern? Nichts ist hier schon vorbei, nichts ist hier schon Frieden. Und nirgendwo ein Marshallplan, kein Ende des alten Regimes. Der deutsche Fotoreporter Christian Werner, Jahrgang 1987 und an der Hannoverschen Hochschule für Fotojournalismus und Dokumentarfotografie ausgebildet, war in Aleppo und Homs nach deren Rückeroberung durch die Truppen des von Russland und dem Iran unterstützten Baschar al-Assad. Werner hat für die Agenturen laif und Zeitenspiegel gearbeitet, unter anderem in Spiegel, Zeit und Washington Post veröffentlicht und zählte bereits 2014 zu den Ausgezeichneten beim UNICEF-Foto des Jahres, damals mit einer Reportage über die vom IS verfolgten Jesiden im Irak. Zu Werners großen Fotoreportagen gehört die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer. Mithin eine zweite Tragödie, die noch kein Ende hat.