„TV Plus“, „Arcade“, „News Plus“: Wie Apples Strategie mit Abo-Angeboten und Dienstleistungen aussieht 

Es war das ungewöhnlichste Apple-Event seit Jahren: Keine neuen Geräte, dafür Hollywood-Prominenz auf der Bühne und eine Kreditkarte aus Titan zum Einstieg ins Finanzgeschäft. Der Konzern will mehr Geld mit Dienstleistungen und Abo-Angeboten für seine Kunden verdienen.
Apple-Chef Tim Cook

Von Andrej Sokolow, dpa

Licht aus, Licht an – und plötzlich steht für ein paar Minuten Steven Spielberg auf der Bühne beim Apple-Event in der Firmenzentrale in Cupertino. Nochmal Licht aus, Licht an – jetzt tauchen die Hollywood-Stars Jennifer Aniston und Reese Witherspoon auf. Der Grund: Apple kündigt ein Abo-Angebot mit Serien und Filmen aus eigener Produktion an. Die großen Namen sollen ein Zeichen für Qualität setzen. Davor wurden bei dem Event am Montag bereits Abos für Medieninhalte und Spiele vorgestellt – sowie für den US-Markt eine Apple-Kreditkarte. Die gibt es ab Sommer nicht nur virtuell im iPhone, sondern auch als echte Karte aus Titan statt Plastik, als Statussymbol schwer zu übertreffen.

Apple weicht einstige Strategie auf

Apple verdient sein Geld bisher vor allem mit dem Verkauf von Geräten. Doch es ist klar, dass die Zeiten des schnellen Wachstums bei Hardware vorbei sind. Jetzt will der Konzern also auch mehr Geschäft mit den rund 1,4 Milliarden Geräten machen, die schon im Umlauf sind. Und darüber hinaus ebenfalls: Apples neue TV-App kommt auch auf Fernseher von Samsung, Sony und LG sowie Streaming-Boxen wie Roku und Amazons Fire TV. Damit weicht Apple noch weiter die einstige Strategie auf, mit den Diensten vor allem seine eigenen Geräte attraktiver zu machen, weil sie nur auf ihnen verfügbar sind.

Viele Fragen blieben nach der Präsentation am Montag noch offen. So wurden keine Abo-Preise für „Apple TV Plus“ (bzw. Apple TV+ in der Schreibweise des Konzerns) und das Games-Angebot „Apple Arcade“ genannt. Beide sollen erst im Herbst verfügbar sein – Apple hat also noch Zeit, an einem Geschäftsmodell zu feilen. In Medienberichten wurde zuvor schon über die Möglichkeit eines Bündel-Abos für verschiedene Apple-Dienste spekuliert. Vielleicht möchte Apple aber auch nur Rivalen wie Netflix nicht zu früh einen Einblick geben.

Kostenpflichtige Sender wie HBO an Bord

Auf den ersten Blick ist Apples erstes eigenes Streaming-Angebot noch keine Gefahr für die heutigen Platzhirsche Netflix und Amazon. Vor allem weil Apples handverlesene Auswahl aus einigen Dutzenden Projekten mehr an die TV-Boutique HBO als an das „Für alle etwas dabei“-Prinzip von Netflix erinnert. Aber zugleich soll „Apple TV Plus“ in mehr als 100 Ländern verfügbar sein. Und Apples TV-Pläne gehen weit über das Angebot exklusiver Streaming-Inhalte hinaus.

Denn der Konzern will seine TV-App zu dem Ort machen, an dem ferngesehen wird. Dazu wird man dort auch kostenpflichtige Sender wie HBO oder Showtime abonnieren und nutzen können. Für andere Länder verspricht Apple lokale Angebote. Die Rolle der Programmzeitschrift sollen personalisierte Vorschläge auf Basis bisher angesehener Sendungen übernehmen.

Ähnlich funktioniert es mit Lesevorschlägen bei „Apple News Plus“, dem Abo-Angebot mit Zugang zu 300 Magazinen und einigen Zeitungen, bei dem allerdings völlig unklar ist, wann und in welcher Form es nach Deutschland kommen könnte. Mit ihrer Teilnahme gehen diverse Medien die Wette ein, dass ein Anteil an Apples Abo-Preis von 9,99 Dollar im Monat für sie das Risiko wert ist, das Geschäft mit eigenen Abonnenten zu verlieren. Zumal laut Medienberichten die Hälfte vom Abo-Preis bei Apple bleiben soll.

Grund für Attraktivität: „Weil sie in einer Milliarde Taschen sind.“

Die New York Times und die Washington Post beschlossen, dass diese Rechnung für sie nicht aufgeht. Das Wall Street Journal, bei dem das Abo rund 40 Dollar im Monat kostet, macht dagegen mit – und will extra dafür sogar zusätzliche Journalisten einstellen. Wie es heißt, soll in der Apple-App vor allem eine Auswahl aus Artikeln der Zeitung sichtbar sein, wenngleich man sich wohl auch zum Rest „durchgraben“ könne. Andererseits kann sich das Wall Street Journal so Hoffnungen machen, neue Leser unter Verbrauchern zu gewinnen, während viele Abonnements traditionell eh auf Firmenkosten laufen.

Eine weitere offene Frage ist, wie viel die ganzen Abos zu Apples Geschäft beitragen können. So schätzte Morgan Stanley, dass ein Bündel-Angebot aus Musik und Video bis 2025 einen jährlichen Betrag von mehr als 22 Milliarden Dollar einbringen könnte. Diese Zahl liegt in einer ganz anderen Liga als das iPhone-Geschäft. In dem Ende September abgeschlossenen vergangenen Geschäftsjahr brachte das iPhone einen Umsatz von 166,7 Milliarden Dollar ein. Die gesamte Service-Sparte kam auf 37,2 Milliarden Dollar, bei einem kräftigen Zuwachs von 24 Prozent.

TV-Talkerin Oprah Winfrey brachte ohne Umschweife auf den Punkt, was Apple für Hollywood, Games-Entwickler und Medien attraktiv macht: „Weil sie in einer Milliarde Taschen sind.“ Allerdings zeigte sich beim Streaming-Dienst Apple Music, dass auch der direkte Zugang zu hunderten Millionen Nutzern ein Angebot nicht zu einem Selbstläufer macht. Nach dem Start im Sommer 2015 hat Apple Music nach jüngsten Angaben mehr als 50 Millionen zahlende Abo-Kunden. Beim Marktführer Spotify waren es Ende vergangenen Jahres 96 Millionen – plus 116 Millionen Nutzer einer Gratis-Version, auf die Apple verzichtet.