TV-Nutzung wird durch Internetangebote steigen

In Zeiten von On-Demand-Fernsehen und Interactive TV stellt sich die Frage, welche audiovisuellen Inhalte künftig wann und über welche Endgeräte gesehen oder sogar mitgestaltet werden. Diese Zukunftsperspektiven für die Erzeugung, Vermarktung und Nutzung von TV-Inhalten diskutierten jüngst Experten aus Medienwirtschaft, Politik und Wissenschaft auf der Konferenz „NewTV“, ausgerichtet vom Münchner Kreis. Einigkeit herrschte über die wesentlichen Trends: Zeitversetztes On-Demand-Fernsehen und konvergente Anwendungen lassen die Grenzen zwischen herkömmlichem Fernsehen und Internet zumindest teilweise verschwinden. Dennoch kann ein friedliches Nebeneinander von TV und den über Internet und Mobilfunk verbreiteten Angeboten festgestellt werden.

„Auch die jüngste Zukunftsstudie des Münchner Kreises hat gezeigt, dass sich laut Expertenmeinung ein umfassender Wandel der TV-Landschaft über zehn bis fünfzehn Jahre erstrecken wird“, sagt Prof. Jörg Eberspächer, Vorstand des Münchner Kreises, einer gemeinnützigen Vereinigung für Kommunikationsforschung. Dabei werden bereits heute bei einigen Angeboten Live-TV und On-demand-Inhalte auf dem Fernseher über dieselbe Nutzeroberfläche gesehen. Und bald wird es diese vom Kunden offenbar gewünschte Zusammenführung auch verbreitet am PC und auf dem Smartphone geben. „Die nahtlose Integration von linearen TV-Inhalten und On-Demand-Inhalten dient nicht nur dazu, durch Querverbindungen die Nutzung insgesamt zu steigern, sie ermöglicht auch reichere Darstellungsformen im TV sowie einen Ausbau der Geschäftsmodelle des interaktiven Fernsehens“, erklärt Gert von Manteuffel, Vice President IPTV der Deutschen Telekom AG.

Dr. Susanne Stürmer, Geschäftsführerin der UFA Film & TV Produktion GmbH, betont, das Potenzial optimaler Verbindungen von Technik und Inhalt sei noch längst nicht erschlossen. „Die Merkmale des Internets werden in vielfältiger Form Inhalte und Erzählweisen beeinflussen. So werden die Genregrenzen zum Beispiel zwischen Dokumentation, Fiction und Game zunehmend verschwimmen.“ Die verstärkte On Demand-Nutzung werde zudem neue Herausforderungen an die Programmierung von Inhalten und an das serielle Erzählen stellen. Stürmer beobachtet eine Tendenz des „Kollabierens der Mitte“: Programme hätten mehr und mehr entweder Eventcharakter, um maximale Aufmerksamkeit zu erzielen, oder sie zielten mit möglichst niedrigen Produktionskosten auf die Nische ab. Laut Andreas Mueller-Schubert, General Manager der Microsoft Corporation, werden sich Fernsehinhalte in naher Zukunft nicht verändern. „Ein Film, den man sich im Kino ansieht, ist identisch mit dem, den man sich zu Hause im Live-TV, Video-on-Demand oder auf DVD ansieht. Was sich verändert, ist die Art und Weise, wie zusätzliche Inhalte aus dem Web über interaktive Applikationen auf das TV geliefert und konsumiert werden.“

Der Fokus der TV-Vermarktung liegt derzeit für Malte Hildebrandt, Geschäftsführer Marketing der Sevenone Media GmbH, auf vier Geschäftsmodellen: Beim Branded Entertainment (Verschmelzung von Werbung und Unterhaltung) gelte es, Marken intelligent und passend zum Programm zu inszenieren. Darüber hinaus böten Sonderwerbeformen den Werbekunden neben der exklusiven Platzierung ihrer Botschaften auch eine besonders starke Zuschauerbindung. Ein noch junger Markt mit Potenzial ist laut Hildebrandt die professionelle Vermarktung von Product Placement. Nicht zuletzt bereiteten crossmediale Konzepte eine hervorragende Bühne für die Markenplatzierung: „Ziel ist es, die Markenbotschaften kreativ und glaubwürdig über alle relevanten Plattformen zu spielen – dazu zählen neben TV, Online und Mobile unter anderem auch Lizenzen, Product Placement und Events.“ Der Trend zur Delinearisierung der TV-Nutzung lässt sich nicht rückgängig machen, so das Fazit der Konferenz. „In eigenen Erhebungen haben wir Steigerungsraten in der Nutzung von Festplattenrekordern, Video-on-Demand und TV-Archiv-Nutzung von durchgängig mehr als hundert Prozent in einem Jahr festgestellt“, sagt von Manteuffel. Die Entwicklung der Nutzerzeiten lege nahe, dass das eine dabei aber nicht auf Kosten des anderen gehen muss.

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