Telekommunikationsbranche in der Gewinnfalle

Eine weltweite Studie des Beratungsunternehmens Simon, Kucher und Partners belegt, dass drei Viertel der Telekommunikationsanbieter keine angemessenen Preise für ihre Produkte am Markt durchsetzen können. Obwohl die Unternehmen mit Mobilfunk für alle, DSL und mobilem Internet eine Innovation nach der nächsten auf den Markt gebracht haben, ist die Branche heute zehn Prozent weniger wert als noch im Jahr 2000. Die Hälfte der Unternehmen liefert sich Preisschlachten mit dem Wettbewerb. Gleichzeitig werden die Anbieter in der Kundenwahrnehmung und Begeisterung von Unternehmen wie Google und Apple übertroffen.

Für die Global Pricing Study 2011 von Simon, Kucher und Partners wurden weltweit über 3 900 Unternehmen über alle Branchen hinweg befragt. Für die Telekommunikationsbranche zeigt sich, dass nur ein Drittel der Unternehmen Gewinnoptimierung als oberstes Ziel anstrebt. Lediglich 40 Prozent fokussieren sich bei ihrer Preisstrategie auf die Marge. Branchenexperte Dr. Ekkehard Stadie kritisiert: „Obwohl der Markt längst gesättigt ist, setzen 56 Prozent der Anbieter auf Volumen und machen dem Wettbewerber Anteile streitig.“ Die Quittung für eindimensionales Wachstumsstreben seien ruinöse Preiskriege. Unternehmen hätten sich auf die Billigsegmente konzentriert und kämen jetzt nur schwer aus der generellen Preissenkungsfalle heraus. Und interessanterweise gäben 80 Prozent der Befragten den aggressiven Mitbewerbern die Schuld an den Preisschlachten.

Vor mehr als 15 Jahren brachte die Telekomindustrie zuerst Mobiltelefonie, später Breitband und jetzt mobilen Datenfunk auf den Markt. Immer ging es darum, schneller als der Wettbewerb möglichst viel Volumen zu erzeugen. Der Gesamtmarkt ist den Analysten zufolge aber schon lange rückläufig. Knapp 60 Prozent der Manager erwarten laut Studie, dass der eigene Umsatz in den kommenden drei Jahren weiter wächst. Als Grund für so einen optimistischen Ausblick geben 78 Prozent der Befragten an, dass der Absatz weiter steigt. „Hier ist das Ende der Fahnenstange für den Gesamtmarkt erreicht, die Branche muss sich von dem Mantra des Neukundenwachstums verabschieden und handeln“, urteilt Stadie. Die Branche könne es sich nicht länger leisten, an bestehenden Geschäftsmodellen festzuhalten und keinen Mut gegenüber neuen Preis- und Angebotsmodellen zu zeigen.

Der einzige wachsende Bereich sei Mobile Data. Flatrates seien schlecht für den zukünftigen Umsatz. Die Datennutzung werde weiter zunehmen und damit Kosten erhöhen und Margen senken. Flatrates an sich seien die Einladung für Anbieter wie Skype, What´s App und vergleichbarer Services, quasi umsonst und ohne Risiko die exzellente und kostspielige Infrastruktur für eigene Geschäftsmodelle zu nutzen und gleichzeitig den klassischen Anbietern Geschäft wegzunehmen. Daher sollte die Branche den Trend zum eigenen Vorteil umkehren: Die meisten Menschen wollen heutzutage immer und überall online sein. „Die Telekombranche bietet die Produkte und Dienstleistungen an, auf die niemand mehr verzichten möchte. Die Herausforderung besteht darin, mit Innovationen und unverzichtbar werdenden Angeboten langfristig wieder mehr als weniger Geld zu verdienen“, sagt der Berater. Zum Vergleich nennt er den Sportwagenbauer Porsche. Das Unternehmen erhöhe bei jeder Evolutionsstufe des 911 die Motorleistung und den Preis. Hier ergebe sich eine rechnerische Preissteigerung von jährlich vier Prozent. Bei Telekommunikationsunternehmen gelte ein ähnlicher Wert – aber mit negativem Vorzeichen.

Neue Angebote sind der Studie zufolge notwendig. Beispielsweise könne der Kunde alle Dienste seines Anbieters nutzen, er zahle aber nach Anzahl der Geräte, die er mit dem Internet verbunden hat. Dabei profitiere der Anbieter doppelt: Zum einen partizipiere er an einem der wenigen Wachstumstreiber der Branche, nämlich der Anzahl genutzter Geräte pro Person – früher PC, Festnetz und Handy, heute zusätzlich Notebook, Tablet und TV. Zum anderen bauten sie eine neue Plattform auf, um Kunden zu kontaktieren und für neue und weitere Angebote zu begeistern. Eine weitere Stoßrichtung hin zu höheren Erlösen und mehr Profitabilität sollte nach Ansicht Stadies darin liegen, die Angebotspalette nach oben zu erweitern und auch auf das lange vernachlässigte Premiumsegment zu setzen, in dem die Kunden für Service, Priorität und Status mehr bezahlen. Die komplette Studie ist auf Anfrage erhältlich.

www.simon-kucher.com