Technische Eigenschaften wichtiger als der Markenname

Autofahrer in Deutschland würden beim Kauf eines Elektroautos höhere Preise für unbekannte Automobilmarken akzeptieren, wenn der Verzicht auf eine etablierte Marke durch eine höhere Reichweite oder kürzere Ladedauer ausgeglichen wird. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung des Centers für Automobil-Management (CAMA) an der Universität Duisburg-Essen. Unter Leitung von CAMA-Direktorin Prof. Dr. Heike Proff wurden 522 potenzielle Käufer zu ihrer Zahlungsbereitschaft für Elektrofahrzeuge befragt.

Einer Referenzgruppe wurden dabei verschiedene Elektrofahrzeuge unbekannter Marken mit derzeit marktüblichen technischen Eigenschaften wie Reichweite und Ladedauer präsentiert, einer ersten Versuchsgruppe die gleichen Elektrofahrzeuge mit dem Unterschied, dass es sich um etablierte Marken wie BMW, Porsche oder Opel handelte. Weiteren Versuchsgruppen wurden wieder Elektrofahrzeuge unbekannter Marken präsentiert, diesmal aber mit Angabe verbesserter technischer Eigenschaften. Das Ergebnis: Während die Referenzgruppe für Elektroautos unbekannter Automobilmarken mit marktüblichen technischen Eigenschaften nur 10 000 bis 19 000 Euro ausgeben wollte, lag die Zahlungsbereitschaft sowohl für die Markenprodukte als auch die Autos mit verbesserten technischen Eigenschaften in den Versuchsgruppen zwischen 12 000 und 25 000 Euro.

Im Durchschnitt aller präsentierten Elektrofahrzeuge hatte die Referenzgruppe gegen einen Preis von 13 000 Euro am wenigsten einzuwenden. Mit 17 000 Euro war dagegen die mittlere Zahlungsbereitschaft in den Versuchsgruppen um mehr als 30 Prozent höher. Heike Proff erläutert, dass die Zahlungsbereitschaft in allen Untersuchungsgruppen erwartungsgemäß weit unter den aktuellen Marktpreisen für Elektrofahrzeuge liege. Sie betont aber auch, dass die positive Wirkung verbesserter technischer Eigenschaften sogar den Markeneffekt übersteige und die maximale Zahlungsbereitschaft für Elektroautos unmittelbar beeinflusse. In der Versuchsgruppe, die Elektrofahrzeuge mit etablierten Marken bewertete, habe eine maximale Zahlungsbereitschaft von 21 500 Euro festgestellt werden können, diese gelte auch für Elektrofahrzeuge unbekannter Automobilmarken mit um 20 Prozent besseren technischen Eigenschaften.

Den Grund für die hohe Bedeutung der technischen Eigenschaften sehen die Forscher insbesondere in der Fehleinschätzung der Leistungsfähigkeit dieser Fahrzeuge durch die Kunden und der sinkenden Markenbedeutung. „Deutsche Autofahrer benutzen ihr Fahrzeug im Durchschnitt nur 50 Kilometer am Tag und lassen es häufig acht und mehr Stunden stehen. Obwohl die momentane Reichweite und Ladezeit von Elektrofahrzeugen daher für viele Autofahrer vollkommen ausreichen würde, führt ihre Angst, mit einem Elektrofahrzeug ohne ausreichend Strom stehen zu bleiben oder die Flexibilität durch einen langen Ladevorgang einzuschränken, zu einer höheren Gewichtung der technischen Eigenschaften gegenüber der Marke“, schlussfolgert Heike Proff. Hinzu komme, dass das Auto immer weniger als Statussymbol und zunehmend als reines Fortbewegungsmittel wahrgenommen wird. Das Elektroauto an sich stelle bei potenziellen Käufern das Statussymbol dar, die jeweilige Marke sei weniger bedeutend.“

Die Autoren der Studie betonen, dass bereits leichte Verbesserungen in den relevanten technischen Eigenschaften von Elektrofahrzeugen zu einer Neutralisierung der Markenwirkung führen können. Gerade in der Einführungsphase, die durch kontinuierliche Verbesserungen der Fahrzeuge geprägt sein wird, würden Preisaufschläge nur schwer durchzusetzen sein. Um die maximale Zahlungsbereitschaft abzuschöpfen und das Preispremium zu sichern, sei es daher insbesondere für deutsche Automobilunternehmen wichtig, nicht nur ein unverwechselbares Markenbild zu haben, sondern auch im Wettlauf um technische Verbesserungen und Erneuerungen gegenüber den Konkurrenten sichtbare Akzente zu setzen.

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