Spitzensportler auf dem Weg ins Marketing

Ein bekannter Name allein reicht nicht aus, um als Spitzensportler eine zweite Karriere in Wirtschaft und Marketing hinzulegen. Topathleten verfügen indes über Eigenschaften, die sie für führende Positionen und erfolgreiches Unternehmertum qualifizieren.

Von Roland Karle

Erfolgreiche Sportler werden oft und gerne für Werbekampagnen gebucht werden, weil sie in einer Emotionen weckenden Branche zu Hause und mit Promistatus gesalbt sind. Doch das Talent zur Gesichtsvermietung reicht nicht aus, um sich dauerhaft im Business zu behaupten. „Man sollte unterscheiden zwischen Sportlern, die Marken sind und solchen, die für die Markenarbeit von Unternehmen geeignet sind“, sagt Sportmarketing-Experte Oliver Zils von der Agentur Hauptsache Kommunikation.

Dabei sind die Voraussetzungen vieler Top-Athleten gar nicht schlecht, auch in der Wirtschaft Karriere zu machen. Im Vergleich zu anderen Berufsgruppen seien sie überdurchschnittlich engagiert, diszipliniert und persönlich stabil, geht aus der Studie „Kollege Spitzensport“ der European Business School (EBS) hervor, für die 25 Personalchefs und 1006 von der Sporthilfe geförderte Top-Athleten befragt wurden. So schließen fast 30 Prozent der Athleten die Schule mit einem Notendurchschnitt von 2,0 oder besser ab, obwohl sie zeitlich durch ihren Sport stark beansprucht sind. Bei den Berufswünschen wurden Tätigkeiten im Sportverband (43 Prozent), im Marketing (33 Prozent) und im Management (27 Prozent) am häufigsten genannt.

„Eine Reihe von Spitzensportlern schaffen es im Anschluss an ihre Sportkarriere bis ins Top-Management von Unternehmen, öffentlichen Institutionen und Verbänden“, resümieren die EBS-Studienautoren Sascha L. Schmidt und Thomas Saller. Zum Beispiel der frühere Fußballprofi Björn Gulden, der erst vor einigen Monaten zum Puma-Chef befördert wurde. Oder Wasserball-Olympiateilnehmer Michael Ilgner, der nach Ingenieursstudium, Dissertation, Tätigkeiten in Marketing und Vertrieb sowie einigen Jahren bei der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton in den Sport zurückgekehrt ist – als Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Sporthilfe.

Auch Philipp Zeller ist auf einem guten Weg. Er hat eine ziemlich nüchterne Vorstellung von beruflichen Perspektiven nach der Sportlerkarriere. „Auch Volljuristen können zu Hartz-IV-Empfängern werden. Es wäre wunderbar, nicht darauf angewiesen zu sein, in einer Soap von RTL 2 mitspielen zu müssen, weil das Geld ausgeht“, sagt der zweifache Hockey-Olympiasieger, der ein Studium der Rechtswissenschaften absolviert und bereits vor fünf Jahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Linklaters in Düsseldorf angefangen hat. Für beide Seiten eine gute Sache: Mit dem Goldjungen in ihren Reihen kann sich auch die Wirtschaftskanzlei schmücken, während der Leistungssportler dort seine zweite Karriere angeht.

Sportler zieht es oft in Marketing und Management

Ein vielversprechendes Modell, wie Experte Zils findet. „Sportler sind meistens ambitionierte Teamplayer, die mit Druck gut klarkommen. Solche Fähigkeiten zahlen sich in der Wirtschaft aus.“ Bei den Berufswünschen der Athleten stehen laut EBS-Studie Tätigkeiten im Sportverband (43 Prozent), im Marketing (33 Prozent) und im Management (27 Prozent) ganz oben auf der Prioritätenliste.

„Die Wirtschaft profitiert nicht nur von dem Kontaktnetzwerk der Ex-Sportler, sondern auch von Persönlichkeiten, die es gewohnt sind, mit außergewöhnlichem Einsatz auf sehr konkrete Ziele hinzuarbeiten“, betont Jung-von-Matt-Manager Raphael Brinkert. Er ist zugleich Geschäftsführer der im Juli gestarteten Agentur JvM Sports, die „innovative Sportmarketing-Konzepte für Unternehmen, Vereine, Verbände und Athleten entwickeln“ will. Das Besondere ist die Zusammensetzung der Agenturspitze: Neben Brinkert sitzen die früheren Profisportler Katja Kraus – sie arbeitete nach ihrer Zeit als Fußballnationalspielerin als Pressesprecherin bei Eintracht Frankfurt, als Kommunikationschefin beim Vermarkter Sportfive und zuletzt als Vorstand Marketing und Kommunikation beim Hamburger SV – und Ex-Nationalspieler Christoph Metzelder im Boot.

Bei Jung von Matt hat man sich gut überlegt, was und mit wem der Start von JvM Sports gelingen soll. „Je besser man die Personen der Branche kennt, umso einfacher ist eine qualitative Einschätzung. Ich habe mit beiden Partnern schon jahrelang zusammengearbeitet – mit Katja bei der Entwicklung der vielfach prämierten CSR-Initiative ,Hamburger Weg‘, mit Christoph bei unserem gemeinsamen Engagement für seine Stiftung und unseren Heimatverein TuS Haltern am See“, erläutert Brinkert.

Wie Hans Sarpei zu einer Social-Media-Ikone wurde

Der Kreative hat sich bereits als Berater eines anderen Sportlers einen Namen gemacht. Über Metzelder lernte Brinkert den damaligen Schalke-Spieler Hans Sarpei kennen – und der gilt inzwischen als Social-Media-Ikone. Sarpei beherrscht zwei Fähigkeiten exzellent: schrägen Humor und moderne Netzwerk-Kommunikation. Das gefiel auch Karstadt Sports. Das Unternehmen verpflichtete Sarpei als „eine Mischung aus Testimonial, PR- und Social-Media-Berater. Hier hat er einen enorm positiven Beitrag für die Marke in den sozialen Netzwerken geleistet“, sagt Brinkert. Unvergessen bleibt Sarpeis erster Kommentar zu seinem Engagement: „Ab sofort schreibt Karstadt Sports schwarz.“

„Als Fußballer hatte er schon den Schalk im Nacken“, sagt Brinkert. Sarpei heiterte seine Kollegen bei mancher Trainingseinheit auf, war ein Spaßvogel, doch ohne den virtuosen Umgang mit digitalen Sozialnetzwerken wie Facebook, Youtube & Co hätte er es maximal zum obersten Schalker Kabinenwitzbold gebracht. Nun ist Sarpei ein strahlendes Beispiel dafür, wie der Weg vom Spitzensport in die Marken- und Marketingwelt gelingen kann, ohne ausschließlich als Testimonial fungieren zu müssen.

„Seine Marke ist im Wesentlichen in drei Worten zu fassen: unterhaltsam, zuverlässig, schwarz“, so Brinkert. Dabei habe sich Sarpei vom Linksverteidiger zu Deutschlands Social-Media-Persönlichkeit des Jahres weiterentwickelt. Nach seiner Tätigkeit für Karstadt Sports ist er nun für Yahoo als Blogger im Einsatz, auf Tele 5 wird er ab Mitte November mit „Hans Sarpei – das T steht für Coach“ auf Sendung gehen. Sarpei ist also der fliegende Wechsel vom Profifußballer zum hauptberuflichen Experten fürs Social Web gelungen. Brinkert traut seinem Schützling noch einiges zu: „Wer Hans kennt, weiß, mit welchem Engagement er an seiner Marke arbeitet. Er wird auch in der Zukunft für die eine und andere Überraschung sorgen.“

Lesen Sie in der aktuellen Printausgabe der absatzwirtschaft (10/2013) mehr über Spitzensportler im Marketing in der Rubrik „Marketing Life“. In der Geschichte „Ein Prominame allein zählt nicht“ werden unter anderem die Karrieren von Oliver Kahn, Olympiasiegerin Lena Schöneborn, Fußball-Weltmeister Günter Netzer, Puma-Vorstandsvorsitzender Björn Gulden und Ex-Biathletin Petra Behle beleuchtet.

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