Social Web als Dialogplattform begreifen

Die Vernetzung in den sozialen Netzwerken macht den Kunden autonomer in seinen Kaufentscheidungen und vor allen Dingen anspruchsvoller bei Beratung und Service. „Der vernetzte Verbraucher erwartet von Unternehmen, dass sie das Social Web als Dialogplattform begreifen, den Dialog transparent und offen gestalten und dort auch schnell auf Anliegen reagieren und Service-Applikationen bereitstellen, die rund um die Uhr Hilfe und Orientierung bieten“, zitiert der Online-Nachrichtendienst „Neue Nachricht“ ein wichtiges Ergebnis der Studie „Social Media im Kundenservice“. Chefredakteur Gunnar Sohn nennt im Folgenden weitere wesentliche Erkenntnisse des Praxisleitfadens der Unternehmensberatung Mind Business, der in Zusammenarbeit mit absatzwirtschaft erarbeitet wurde.

Gravierend sei die tektonische Verschiebung für die Einweg-Kommunikation der Unternehmen, die in den vergangenen Jahrzehnten in Werbung, Marketing und Service dominierte. „Noch vor drei Jahren entfielen auf das Telefon 80 Prozent der Kundeninteraktionen. Heute sind die modernen Kanäle auf dem Vormarsch. Die alljährliche Marktbefragung von Aspect belegt: Neue Medien wie Facebook, Twitter, Apps, Chats, Blogs oder Foren werden mittlerweile mit 56 Prozent häufiger genutzt als die klassischen Kanäle Telefon oder Post, die nur noch auf 44 Prozent kommen“, betonen die Studienautoren. Das Zusammenwachsen von Internet, Fernsehen und Telefon biete den Konsumenten die Möglichkeit, unabhängig von Zeit und Ort zu kommunizieren. Er entscheide situativ, wie und wann er Unternehmen erreichen möchte. „Auch die weitere Entwicklung von Kundenservices werden die sozialen Netzwerke künftig stark beeinflussen. Denn die hohen Nutzerzahlen und die hohe Dichte an Informationsaustausch machen Social Media zu einem wichtigen strategischen Element des Kundenservice der Zukunft. Nach Meinung von 70 Prozent der für diese Studie befragten Teilnehmer werden die Online Netzwerke das Kanalportfolio der Service-Kommunikation zukünftig erweitern. 13 Prozent sind der Meinung, dass sie im eigenen Unternehmen schon innerhalb eines Jahres von hoher Relevanz sein werden“, erläutert Mind Business.

Wenn allerdings die vernetzten Verbraucher autonomer und unberechenbarer agieren, wie in der Mind-Analyse angedeutet, dann sei der Begriff „Kanal“ zumindest fragwürdig, moniert Andres Klug, Vorstand des Kölner Softwarespezialisten Ityx. „Es wird ja nicht nur mit, sondern vermehrt auch über Unternehmen im Netz gesprochen. Die Ich-Sender im Social Web kann man nicht mit dem Taktstock dirigieren. Schaltzentrale in der Social Media-Welt sind die Menschen, die es nutzen. Es entstehen komplexe Gebilde mit unerwarteten und unvorhersehbaren Effekten“, kommentiert Klug. Bislang gebe es nur wenige Firmen, die sich professionell im Web 2.0 bewegen. „Wie wird sich das in Zukunft auswirken, wenn der vernetzte Verbraucher sich seine bevorzugten Marken und Dienstleister nach ihrem Service-Verhalten auf Facebook & Co. Auswählt?“, fragt Klug.

Wo die alte Marketing-Denkweise hinführen kann, belegt die Studie. So versuche der Stromversorger Teldafax, sich die Möglichkeiten von Social Media zunutze zu machen – leider ohne Erfolg: „Denn das Unternehmen nutzt die eigene Facebook-Seite als reines Gatekeeper-Medium. Die Mitarbeiter publizieren regelmäßig Nachrichten und Meldungen und lassen dabei die Kundenprobleme oder -äußerungen mit Bezug auf das Unternehmen außer Acht. Dabei kommen weder die neuen Medien noch die klassischen Kommunikationskanäle zur Pflege der Kundenbeziehung zum Einsatz. Ging es um Kritik, hielt Teldafax jedoch nicht still. Anstatt Einsicht zu zeigen und Hilfe anzubieten, wies das Unternehmen lediglich darauf hin, dass kritische Äußerungen unerwünscht seien. Auch werden negative Verbraucherkommentare gelöscht, was einen schlechten Eindruck macht und für weitere ungünstige Kritik sorgt“, schreiben die Studienautoren. Musicstar.de würde auf Facebook ähnlich vorgehen. Auf negative Kritik werde nicht reagiert, ebenso kümmern sich die Verantwortlichen im Unternehmen nicht um die Kundenbeziehung. Ein Verbot negativer Kundenäußerungen oder das Löschen von kritischen Kommentaren sei ein Kampf gegen Windmühlen. „Denn viele verärgerte User äußern sich dann auf anderen Social Media-Plattformen oder in zahlreichen Foren und beziehen Stellung gegen das Unternehmen. Die Beiträge werden von anderen Usern gelesen und kommentiert, worauf der Imageschaden ins Unermessliche steigt“, lautet das Resümee der Mind-Studie.

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