Social-Media-Phänomen Hans Sarpei berät Karstadt Sport

Bei Schalke 04 war der Profifußballer Hans Sarpei nur ein Ergänzungsspieler. Im Internet ist er längst Kult. Jetzt soll er Karstadt aus der Krise helfen – als Social Media Consultant für Karstadt Sport. Eine Analyse, wie das Internetphänomen Sarpei entstanden ist.

Von Anne-Kathrin Keller

Bei seinem Ex-Verein Schalke 04 war er zuletzt wenig erfolgreich: Gerade einmal neun Spiele in zwei Jahren hat der Linksverteidiger bestritten. Gerade ist er auf der Suche nach einem neuen Verein. Um seine Karriere nach dem Fußball muss sich der 36-Jährige allerdings keine Sorgen machen. Er gilt als Social-Media-Phänomen. 25.000 Anhänger folgen ihm bei Twitter und mehr als 210.000 Fans bei Facebook. An seinen fußballerischen Fähigkeiten liegt das kaum. Vielmehr sind es die flapsigen Sprüche des gebürtigen Ghanaer, die ihm den diesen Status verleihen. Jetzt will das angeschlagene Unternehmen Karstadt Sport vom Kultstatus des Kickers im Netz profitieren.

„Ab sofort schreibt Karstadt schwarz“

Nach der Abwendung der Karstadtpleite vor zwei Jahren kommt die Warenhauskette nicht aus den Negativschlagzeilen. 2.000 Stellen sollen aktuell abgebaut werden, verkündete das Karstadtmanagement. Darunter bis zu hundert Führungskräfte. Jetzt soll Hans Sarpei das Image polieren – zumindest für die Sportsparte. Verkündet wurde die Personalie passenderweise auf der Facebookseite des Unternehmens, der 17.000 Fans folgen. „Ab sofort schreibt Karstadt schwarz“, twitterte Hans Sarpei parallel. Das sind die bescheidenen und selbstironischen Sprüche, für die ihn die Netzgemeinde liebt und wegen der er als Werbebotschafter für Unternehmen so attraktiv ist.

Der Job bei Karstadt ist Sarpeis zweite Verpflichtung von Unternehmensseite innerhalb kürzester Zeit. Erst im Juli erklärte ihn die Wawi Schokoladen AG zum Testimonial für den Artikel Nappo. Auch Der Schokoladenhersteller macht sich Sarpeis Social-Media-Bekanntheit zu Nutze. In einer Guerilla-Aktion auf Facebook macht der Fußballer in einem Video den Nappo-Bisstest und ruft die User auf, selbst derartige Videos hochzuladen. Die Besucher der Nappo-Facebookseite können über die besten Filme abstimmen. Der Gewinner darf Sarpei persönlich treffen. Die Werbestrategie ist fast ausschließlich auf Facebook und Youtube ausgelegt. Einzig für Fachzeitschriften hat Nappo klassische Anzeigen entwickelt.

„Gibt es was Neues auf Schalke?“

Doch wie wird ein eher mittelmäßiger Sportler im Internet zum Superstar? Einen derartigen Personenkult und die Nachfrage von Unternehmensseite als Werbefigur kennt man eher von Ausnahmespielern und -Trainern wie Jürgen Klopp. Sarpei hat den Kult um seine Person selbst losgetreten – wenn auch nicht direkt beabsichtigt. Im Juni 2011 twittert sein Schalke-Mitspieler Alexander Baumjohann: „Guten Morgen … gibt es was Neues auf Schalke?“. Zuvor hatte sich Schalke mit massivem Ärger von Trainer Felix Magath getrennt, der daraufhin bei Wolfsburg unterschrieb. In seiner Amtszeit bei Schalke hatte Magath Spieler wie Sarpei und Baumjohann wegen aus seiner Sicht zu schwachen Leistungen im Training auf die Auswechselbank gesetzt. Baumjohanns Twitterpost diente wahrscheinlich nur dazu, in der Sommerpause im Gespräch zu bleiben. Sarpei griff die Ereignisse der vergangenen Saison auf und twitterte öffentlich zurück: „Ja, du sollst nach Wolfsburg.“ „Nicht lustig“, lautete die Antwort von Baumjohann. Die Internetgemeinde sah das anders.

Ein Internetstar war geboren. Einige Schalkefans, die unter der Adresse web04.de bloggen, griffen Sarpeis coole Sprüche auf und dichteten sie weiter. Sarpei ist in Ghana geboren und in Köln aufgewachsen. Allein sein Name mit dem urdeutschen Vornamen und dem afrikanischen Nachnamen, seine dunkle Hautfarbe und sein leicht rheinländischer Akzent lassen genug Raum für abenteuerliche Geschichten. Innerhalb kürzester Zeit wurde Sarpei im Internet zum deutschen Chuck Norris und ihm wurden wahre Superkräfte nachgesagt. Für die Netzgemeinde geht er schneller, als Usain Bolt rennt, hält er seine eigenen Elfmeter und bringt selbst Zwiebeln zum Weinen. Gibt man den Namen Hans Sarpei bei Facebook ein, findet man weit über 1.000 Seiten und Gruppen.

Sarpei selbst habe zu Beginn gar nichts von dem Kult um ihn herum mitbekommen, betont er immer wieder. Er wurde von Freunden darauf aufmerksam gemacht, fühle sich aber in der Rolle wohl. Kein Wunder: Der Hype um ihn nutzt ihm schließlich auch auf dem Spielfeld. Auf Schalke wurde er gefeiert wie ein Star, wenn sich die Auswechselspieler aufwärmten.

Jung von Matt berät Sarpei

Der Kult um Sarpei ist zu einem Wechselspiel zwischen ihm und den Fans geworden. Die Fans gründen immer neue Facebookgruppen und dichten ihm immer neue Geschichten an. Hans Sarpei liefert ihnen Vorlagen durch neue Kommentare und Twitterposts. Er lässt seine Fans an seinem Leben teilhaben und kommentiert aktuelle Nachrichten – auch außerhalb der Fußballwelt. Wie viele davon allerdings von Sarpei selbst kommen, ist umstritten: Seit einiger Zeit wird er von der Werbeagentur Jung von Matt beraten. Jung von Matt hat in der Studie „In einem Jahr zu Deutschlands viralster Markenpersönlichkeit – Das Phänomen Hans Sarpei“, Sarpeis Internetkarriere untersucht. Ein Erfolgsrezept Sarpeis sei, so die Ergebnisse der Agentur, dass die Netz-Gespräche über ihn nicht im reinen Sportkontext stehen. Er habe es geschafft, sich thematisch breit aufzustellen. Damit habe er eine breite Markenpersönlichkeit entwickelt, die eine große Zielgruppe anspreche. Das liege gerade daran, dass Sarpei mit seinen Posts und Tweets zeitnah reagiere und sich vor allem selbstironisch gebe.

Inzwischen ist im Riva-Verlag das erste Sarpei-Buch unter dem Title „Das L steht für Gefahr“ erschienen. Das Buch ist eine Sammlung der besten Sprüche rund um den Kult-Kicker. Wo der Abwehrspieler seine sportliche Karriere fortsetzen wird, ist noch unklar. In der Vorrunde 2012/13 will sich Sarpei zunächst auf eine anstehende Reha und seinen Nebenjob bei Karstadt konzentrieren.

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Die besten Sprüche von Hans Sarpei

Die besten Sprüche von Hans Sarpei:
1. „Hans Sarpei ist nicht einfach nur ein Name, Hans Sarpei ist eine Lebenseinstellung“
2. „Hans Sarpei – Das L steht für Gefahr“
3. „Hans Sarpei kann seine eigenen Elfmeter halten.“
4. „Hans Sarpei bringt Zwiebeln zum Weinen.“
5. „Hans Sarpei schneidet das Messer mit dem Brot.“
6. „Hans Sarpei bekommt bei McDonald’s einen Whopper.“
7. „Hans Sarpei trinkt aus dem Wasserhahn auf Ex“
8. „Hans Sarpei kann Drehtüren zuschlagen“
9. „Hans Sarpei hat schon zweimal bis unendlich gezählt“
10. „Die Bildzeitung kann man knicken, Hans Sarpei nicht“

Die komplette Studie von Jung von Matt: Hans Sarpei Studie