Selektiver Vertrieb: Onlinehändler begrüßen Urteil gegen Deuter

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat dem Rucksackhersteller Deuter untersagt, die Belieferung eines Händlers davon abhängig zu machen, dass dieser die Waren nicht über eine bestimmte offene Internet-Handelsplattform vertreibt. Auch die Nutzung von Preissuchmaschinen sei kein Grund für eine Nicht-Lieferung. Der Bundesverband Onlinehandel (BVOH) sieht darin einen „Meilenstein auf dem Weg zu einem beschränkungsfreien Onlinehandel“.

Deuter ist einer der führenden Outdoor-Hersteller Deutschlands und nicht nur in Online-Handelskreisen für sein rigides selektives Vertriebssystem bekannt. „Das ist ein weiterer Punktsieg für den Onlinehandel“, sagt Oliver Prothmann, Präsident des Bundesverbands Onlinehandel (BVOH). Das LG Frankfurt sei nun das vierte Gericht, das gegen Hersteller-Beschränkungen urteile – nach den Entscheidungen des Kammergerichts Berlin, des Oberlandesgerichts Schleswig und des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

„Das lässt uns zwar optimistisch in die Zukunft schauen, doch der Kampf geht weiter“, erklärt Prothmann. Auch das Bundeskartellamt in Bonn hatte in jüngster Zeit in seinen Ermittlungen gegen Adidas und Asics pro Onlinehandel votiert. Die Wettbewerbsbehörden in Österreich und der Schweiz gehen in dieselbe Richtung.

Logo-Klausel der EU-Kommission nicht bindend

Viele Hersteller berufen sich bei ihren selektiven Vertriebsbeschränkungen auf die sogenannte Logo-Klausel der Europäischen Kommission. Nach Ziffer 54 der Leitlinien der Europäischen Kommission zur Vertikal-GVO (Gruppenfreistellungsverordnung) vom 19.05.2010 kann der Hersteller verlangen, dass, wenn sich die Website des Händlers auf der Plattform eines Dritten befindet, Kunden die Website des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die
des Händlers nicht über eine Website aufrufen, die den Namen oder das Logo dieser Plattform tragen.

Nach dem Wortlaut der Logo-Klausel scheint es Herstellern damit gestattet, den Vertrieb über Drittplattformen generell zu untersagen, denn diese tragen regelmäßig ihr eigenes Logo. Laut den Richtern des Frankfurter Landgerichts sei ein solches Verständnis jedoch weder mit Art. 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) noch mit Sinn und Zweck von Art. 4 lit. c Vertikal-GVO vereinbar. Denn es würde faktisch dazu führen, dass Hersteller einen auch nach den tatsächlichen Umsätzen ganz wesentlichen Teil des Internetvertriebs ohne jegliche qualitative Differenzierung untersagen könnten.

Plattform-Verbote „existenzbedrohend“

Im Urteil heißt es deshalb: „(…) Die Leitlinien stammen aus dem Jahr 2010. Mit dem Urteil des EuGH in Pierre-Fabre (GRUR 2012, 844 = EuZW 2012, 28) muss Ziffer 54 der Leitlinien daher als überholt gelten. Schließlich binden die Leitlinien lediglich die Kommission, nicht jedoch die Kammer.“ Verbandspräsident Prothmann betont: „Auf Grundlage dieses Urteils können wir mit unseren Mitgliedern weitere Schritte gegen Beschränkungen des Onlinehandels und insbesondere von existenzbedrohenden Plattform-Verboten diskutieren und weiter Schritte gegen Hersteller planen.“

Urteil des LG Frankfurt; AZ 2-03 O 158/13 (BVOH/asc)