Scharfe Gesetze zur Schweizer Herkunft

Die Schweiz sei eine wertvolle Marke, aber der Schutz für sie umstritten, berichtet die "Neue Züricher Zeitung" (NZZ) online. Klagen über Missbrauch sollen jedoch zu einer schärferen Gesetzgebung führen. Schließlich ließen sich Produkte mit Schweizer Herkunftsangaben teurer verkaufen als ohne. Von besonderer Bedeutung sei die Marke Schweiz etwa für Naturprodukte, für Güter von Herstellern ohne starke Firmenmarke und generell für Erzeugnisse, bei denen die Schweiz ein spezielles Image geniesst, wie Uhren, Käse, Schokolade oder Präzisionsmaschinen.

Doch die Definition eines Schweizer Produkts sei nicht trivial, betont NZZ. Das geltende Markenschutzgesetz regele dies nur sehr allgemein. Demnach bestimme sich die Herkunft einer Ware nach dem Ort der Herstellung oder nach der Herkunft der verwendeten Ausgangsstoffe. Eine nähere Umschreibung via Verordnung des Bundesrates gebe es nur für Uhren. Gemäss einem Urteil des Handelsgerichts St. Gallen müsse für industrielle Produkte der Schweizer Wertanteil an den Herstellungskosten der Ware mindestens 50 Prozent betragen.

Mehrere Klagen über den Missbrauch der Marke Schweiz hätten in den letzten Jahren zu Rufen nach einer verschärften Gesetzgebung geführt. Der Bundesrat habe gegen Ende 2009 eine Botschaft zur Revision des Markenschutzgesetzes und zu einem neuen Wappenschutzgesetz vorgelegt. Zuletzt habe scih der Nationalrat erstmals mit der Vorlage befasst.

Die Vorlage gemäss Rechtskommission unterscheide zwischen drei Gütertypen: Naturprodukte, Lebensmittel (verarbeitete Naturprodukte) und alles andere (insbesondere Industrieprodukte). Umstritten seien vor allem die Herkunftsdefinitionen für Lebensmittel und Industrieprodukte.

Die Rechtskommission des Nationalrats habe die Version des Bundesrats zum Teil abgeschwächt und schlage folgende Mindestvorgaben vor: Für schwach verarbeitete Naturprodukte entspreche die Herkunft im Prinzip jenem Ort, aus dem mindestens 80 Prozent des Gewichts der für das Produkt verwendeten Rohstoffe herkommen. Diese strenge Vorgabe solle vor allem der Landwirtschaft entgegenkommen.

Für stark verarbeitete Lebensmittel, in denen die Verarbeitung für die Wertschöpfung eine größere Rolle spielen könne als die Rohstoffbasis, müssten für eine Schweizer Herkunft im Prinzip gewichtsmässig mindestens 60 Prozent der verwendeten Rohstoffe aus der Schweiz kommen und mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen. Ausnahmen seien bei Rohstoffen möglich, die naturgemäss nicht in der Schweiz produziert werden können oder temporär dort nicht genügend verfügbar sind.

Für im Vergleich zu schwach verarbeitete Lebensmittel weniger hohe Hürden habe sich vor allem die Nahrungsmittelindustrie stark gemacht. Kambly-Biskuits, Knorr-Suppen, Frisco-Glacen und andere typische Schweizer Produkte hätten laut Angaben der Industrie bei einer Gewichtsvorgabe von 80 Prozent unter Umständen „den Schweizer Pass verloren“, wie NZZ formuliert.

Der Kompromiss der Nationalratskommission komme der Nahrungsmittelindustrie entgegen, erfülle allerdings nur einen Teil ihrer Wünsche. Heikel werde außerdem die Abgrenzung zwischen schwach und stark verarbeiteten Produkten. Diese solle dem Bundesrat obliegen, womit weitere Konflikte auf der Verordnungsstufe programmiert seien.

Für alle anderen Produkte, insbesondere Industriegüter, müssten für ein Schweiz-Siegel mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten inklusive der Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Schweiz anfallen.

Hier machten Teile der Industrie mobil und forderten als Minimum eine Senkung der Vorgabe auf 50 Prozent der Herstellkosten. Die Kernbotschaft aus Industriekreisen: Die Vorgabe von 60 Prozent gehe weit über internationale Usanzen hinaus und könne dazu führen, dass 30 bis 40 Prozent der Industrieexporte nicht mehr unter dem Schweizer Siegel erfolgen dürften – was entsprechende Preiseinbussen zur Folge hätte.

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