„Rakuten bringt den Spaß am Stöbern zurück“

Der japanische Internetdienstleister Rakuten gilt als Amazon Asiens. Mit einer Marktkapitalisierung von elf Milliarden Euro und 60 Tochterunternehmen zählt der Konzern zu den zehn größten E-Commerce-Playern der Welt. Bei Rakuten Deutschland sind aktuell mehr als 6 200 Onlinehändler unter Vertrag. Im Exklusiv-Interview mit absatzwirtschaft-Redakteur Thorsten Garber äußert sich Kentaro Hyakuno, Head of Global Business, zu Einkaufserlebnissen beim Onlineshopping und seinem Interesse am deutschen Markt.

Herr Hyakuno, die japanische Wirtschaft hat zuletzt nicht sehr viele positive Nachrichten hervorgebracht. Sie streben gleich die internationale Marktführung an. Warum ist Rakuten so einzigartig, dass Sie solche Erfolgsprognosen wagen?

KENTARO HYAKUNO: Die Tage der japanischen Wirtschaft, die im In- und Ausland durch die Produktion von Waren geprägt ist, sind gezählt. Daher ist jetzt der perfekte Zeitpunkt für Dienstleistungsunternehmen, die Vorreiterrolle für ein neues Japan zu übernehmen. Für Rakuten bietet Erfolg im Ausland die Chance, das Bewusstsein junger Menschen in Japan zu ändern. So wird die nächste Generation von Unternehmern und Geschäftsleuten auf die immer globalisiertere Geschäftswelt vorbereitet. Wir hoffen, ebenfalls unter Beweis stellen zu können, dass ein japanisches Unternehmen erfolgreich sein kann, ohne Produkte herzustellen. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch Rakutens einzigartiges Modell und durch unser „virtuelle Shopping-Zentrum“ den Erfolg, den wir in Japan haben, auf eine internationale Ebene übertragen können.

Erfolgreiche E-Commerce-Anbieter wie Amazon segeln nur unter einer Marke. Sie verstehen Rakuten eher als „Online-Einkaufszentrum“ mit vielen kleinen Markenshops. Warum sollen Kunden das besser finden – was bieten Sie mehr?

HYAKUNO: Das Geschäftsmodell vieler großer Online-Marktplätze kann kontraproduktiv für das Geschäft deren Händler sein. Das bedeutet zum Beispiel, dass wenn Händler ein Produkt besonders gut verkaufen, das Unternehmen der Dachmarke oft die gleiche Ware zu einem etwas niedrigeren Preis anbietet und damit seine eigenen Händler unterbietet. Deshalb bietet Rakuten, auch wenn Marken wie Amazon sicher Mitbewerber und Konkurrenten sind, ein ganz anderes Geschäftsmodell an. Damit sich ein Online-Marktplatz ständig erfolgreich weiterentwickelt, ist es unerlässlich, dass die Händler in der Lage sind, das Beste aus ihrem Vertriebskanal herauszuholen, um ihre Marke und enge Kundenbindungen aufbauen zu können. Das bedeutet, dass man sich vom herkömmlichen B-to-C- und C-to-C-Modell verabschiedet und stattdessen ein völlig neues Geschäftsmodel etabliert: B-to-B-to-C. Dieser Ansatz ermöglicht nichts weniger als eine völlig neue E-Commerce-Plattform, die eines „Virtuellen Shopping-Zentrums“. In dem virtuellen Einkaufszentrum wird der Anbieter des Online-Marktplatzes zum virtuellen Vermieter, der keine eigene Ware verkauft. Das letztendliche Ziel dieses neuen Modells ist es, dass sich Händler und Kunden auf unserer E-Commerce-Plattform auf Augenhöhe begegnen.

Wie viel Umsatz und Gewinn erzielt Ihr Unternehmen aktuell in wie vielen Ländern – und wie viel Prozent Wachstum pro Jahr erwarten Sie?

HYAKUNO: Obwohl wir keine aufgeschlüsselten Zahlen einzelner Märkte veröffentlichen, kann ich sagen, dass Rakuten 2011 in seiner 15-jährigen Geschichte mit 378,9 Milliarden Yen das höchste Umsatzniveau erwirtschaftet hat und einen operativen Gewinn von 71,3 Milliarden Yen erzielte. Wir erwarten, von Jahr zu Jahr kontinuierlich bessere Ergebnisse zu erzielen.

Mit welcher Strategie und welchem Tempo und wie wollen Sie neue Länder erobern? Insbesondere Deutschland, wo Sie kürzlich die von Ihnen übernommene deutsche Plattform Tradoria kurzerhand umbenannt haben?

HYAKUNO: Wir sehen Europa als Region mit einem enormen Wachstumspotenzial und durch Übernahmen und Joint Ventures hat Rakuten seine Präsenz beachtlich ausgebaut. Wir planen, dieses Wachstum in 27 Schlüsselmärkten auszuweiten. Trotz eines relativ langsamen Starts wächst der deutsche E-Commerce-Markt nun sehr schnell und Rakuten.de ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil dieses Wachstumsmarktes.

Hierzulande werben deutsche Onlinehändler wie Zalando mit TV-Spots und europäische Anbieter wie Spartoo mit Online-Marketing. Auf welche Instrumente setzt Rakuten?

HYAKUNO: Ich kann zu unserer Marketing-Strategie keine Details nennen. Aber wir möchten uns dadurch abheben, dass wir unseren Kunden zeigen, dass Einkaufen im Internet zum Erlebnis werden kann. In Läden stöbern und die Interaktion mit den Verkäufern zählen zu den spannendsten Elementen beim Einkaufen, gingen aber ein Stück weit verloren, als Shopping online ging. Rakuten bringt den Spaß am Stöbern und den Dialog zurück.