Neue Modelle im Pharmavertrieb

Zahlreiche Pharmaunternehmen werden in den kommenden zwei Jahren neue Geschäftsmodelle im Pharmavertrieb einführen. In einer Studie spricht das Beratungsunternehmens Roland Berger von einem drastischen Paradigmenwechsel in der Pharmabranche.

Nicht nur was die neuen Zielgruppen wie Krankenkassen oder Integrierte Versorgungszentren angehe, die neben dem Arzt künftig in den Fokus des Vertriebs rückten. Auch der reine Produktvertrieb werde an Bedeutung abnehmen, komplette Dienstleistungsangebote rund um das Thema Gesundheit würden dagegen zunehmend wichtiger. Auf dem 3. MARVECS-Forum, einer Veranstaltung von rund 50 Fachleuten aus der Pharmabranche, vertrat Alexsandar Ruzicic, Pricipal bei Roland Berger. die These, dass sich die Pharmaunternehmen mehr und mehr vom Hersteller zum Gesundheitsdienstleister wandeln.

Ein Beispiel für solche Dienstleistungen seien die so genannten Patienten Services. „Besonders bei Therapien mit hohen Abbruchraten können solche Services die Compliance deutlich verbessern – mit den entsprechend positiven Auswirkungen für alle Beteiligten“, beschreibt auch Klaus Czort, Geschäftsführer Consanita, die gemachten Erfahrungen. Beispiel Diabetes: In der Regel brechen hier zwischen 25 und 30 Prozent aller auf einen Insulin-Pen eingestellten Patienten die Behandlung in den ersten Monaten der Therapie ab, weil sie mit der Bedienung der Insulin-Pens nicht zurechtkommen. Durch die direkte Betreuung dieser Patienten könnten die Abbruchraten deutlich gesenkt werden.

Neben Ärzten rücken vor allem die Krankenkassen zunehmend in den Fokus des Außendienstes. Aber auch die neuen „integrierten“ Versorgungszentren, Apothekenketten oder der Versandhandel gehören zu den neuen Ansprechpartnern im Pharmavertrieb. „Auch hier müssen Pharmaunternehmen vom reinen Produktlieferanten der Rabatte gibt zum Versorgungsdienstleiter werden“, fordert Rainer Seiler vom Gesundheitsmanagement Berlin-Chemie. Beispiele dafür gebe es: So hätten Pharmaunternehmen in ersten Fällen mit Kassen entsprechende Verträge abgeschlossen, die nicht nur Rabatte für bestimmte Produkte festlegten, sondern auch das Case Management umfassten. Weitere Möglichkeiten seien die Risikoteilung zwischen Pharmahersteller und Krankenkassen, falls ein bestimmter Kostenansatz überschritten werde. Aber auch Pauschalmodelle würden in Zukunft an Bedeutung gewinnen.

Die zunehmenden Anforderungen führen auch zu komplett neuen Verkaufstrategien, wie Dr. Chih-Kao Hu, Managing Prinicipal bei der deutschen Niederlassung von ZS Associates, in seinem Vortrag deutlich macht. Danach reiche es künftig nicht mehr, einen Markt als Ganzes zu betrachten. Der Pharmavertrieb müsse vielmehr regional völlig unterschiedlich arbeiten. Während es in Regionen, in denen große Marktanteile gehalten werden, Sinn mache, voll allem in das Key Account Management zu investieren, sei in Regionen, in denen man mit Wettbewerbern Kopf an Kopf liege, der klassische Pharmareferent das Mittel der Wahl. In Regionen, in denen der Marktanteil klein sei, sollten die Investitionen dagegen eher zurückgehen.

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