Mobile First: Mit Seiten-Turbos zum Erfolg

Lange Ladezeiten auf dem Smartphone nerven und senken nachweislich die Conversion Rate. Unternehmen müssen deshalb umdenken und neue Strategien entwickeln. Helfen können dabei Technologien wie PWA und AMP. Was das ist, erklärt Gastautor Felix Holzapfel, CEO Germany Zone.
Die volle Frauenpower und Gleichberechtigung erhält immer wieder Dämpfer

Von Gastautor Felix Holzapfel, CEO Germany Zone 

Die User sind vor allem eines: ungeduldig. Wer daran den geringsten Zweifel hegt, sollte sich aktuelle Zahlen ansehen. Jeder Zweite erwartet, dass die von ihm aufgerufene Website auf dem Smartphone innerhalb von weniger als zwei Sekunden geladen ist. Jeder Dritte ist sogar noch anspruchsvoller: Die Seite muss in einer Sekunden vollständig auf dem Screen erscheinen, ansonsten wird sie sofort weggeklickt.

Google bestraft lange Ladezeiten

Die Suchmaschine Google macht schon länger darauf aufmerksam, dass mit jeder Sekunde, die eine Mobile-Site zum Laden benötigt, die Conversion Rate sinkt. Vor rund zwei Jahren führte die Suchmaschine deshalb den Mobile-Friendly-Index ein – seitdem wird im Ranking abgestraft, wessen mobile Seite zu lange Ladezeiten hat. Vor knapp einem Jahr verschärfte Google die Gangart noch einmal. Auf der Pubcon in Las Vergas kündigte das Unternehmen an, dass der Mobile-Index den Desktop-Index ablösen werde. Google checkt also nicht mehr, ob es zur Desktop-Seite eine mobile Seite gibt, sondern sieht sich in erster Linie die mobile Variante an. In zahlreichen Marketingetagen löste diese Vorgabe Alarmsirenen aus. Was eigentlich verwunderlich ist, da jeder nur das allgemein übliche Digitalverhalten beobachten muss. Tatsächlich nutzen immer mehr Menschen das mobile Internet, der Mobile-Commerce nimmt zu, selbst in stationären Läden ist es längst selbstverständlich, sich weitere Informationen zu den einzelnen Produkten auf das Handy zu holen. Doch häufig endet diese Suche im Frust: Die Seiten sind nicht zur mobilen Nutzung geeignet oder haben zu lange Ladezeiten. Die Diskrepanz zwischen Zugriffszahlen und Usability könnte nicht größer sein.

Bisher zu geringe Investitionen

Dieses Phänomen hat viele Ursachen. Das Tempo des technologischen Wandels und die schnelle Änderung der Mediennutzung setzen Dienstleister und Markenartikler immens unter Druck. Viele Unternehmen haben mit Investitionen geknausert und lieber die Infrastruktur ihrer Website über Jahre hinweg verbogen. Die IT-Abteilung war es jahrelang gewohnt, hochwertige Systeme anzuschaffen und diese möglichst lange laufen zu lassen, da die „Restlaufzeiten“ entscheidend zur Rendite beitrugen. Die Zeit zu handeln ist jetzt: Es ist ein Denken erforderlich, das sich von Abschreibungszyklen verabschiedet und den Kunden und dessen Bedürfnisse in den Mittelpunkt seiner Überlegungen stellt. Das Smartphone muss dabei eine zentrale Rolle spielen.

PWA und AMP sind Schlüssel zum Erfolg

Zwei Technologien könnten hier eine Schlüsselrolle zukommen: Progressive Web Apps (PWA) und Accelerated Mobile Pages (AMP). Bei PWA handelt es sich gewissermaßen um getunte mobile Websites. Sie vereinen die Vorteile einer App mit den Features einer Mobile-Site. Die PWA ist technisch auf mobile Endgeräte ausgelegt, wird aber nicht in den App-Stores gekauft, weshalb auch nicht jedes Update neu heruntergeladen werden muss. Viele Experten sehen in PWA die Zukunft, weil damit künftig nicht mehr mobile Webseiten und native Apps programmiert werden müssen, sondern nur noch PWA. Während PWA damit ein Thema für die nahe Zukunft ist, ist AMP ein klarer Fall für die Gegenwart. Dabei handelt es sich um eine spezielle Programmierung mobiler Webseiten, die zu schnelleren Ladezeiten führt, weil nur sofort geöffnet wird, was auch sofort auf dem Screen gelesen werden kann. Dieser Seiten-Turbo, der von Google entwickelt wurde, eignet sich vor allem für Publisher oder Unternehmen mit umfassenden Inhaltsangeboten. Zahlreiche Verlage testen derzeit AMP, nach Angaben von Google experimentieren auch große Unternehmen wie Zalando und Comdirect damit.

Es wird noch einige Monate dauern, bis genügend Erfahrungen vorliegen und die neuen Technologien auf breiter Front zum Einsatz kommen. Die Entwicklung aber ist nicht aufzuhalten: Mobile gibt künftig die Richtung vor. Dann kommt länger nichts. Dann Desktop.

Über den Autor

Felix Holzapfel ist Jahrgang 1978, hat an der Fachhochschule Köln studiert und seine Karriere als Webdesigner angefangen. Im Jahr 2002 gründete Holzapfel die deutsch-amerikanische Digital-Agentur conceptbakery. Die Agentur galt als Pionier für alternative Marketing-Strategien und avancierte schnell zu einer der führenden Social Media Agenturen in Deutschland (lt. Top-10-Ranking BVDW). 2016 fusionierte conceptbakery mit der britischen Agentur Zone. Seither ist Holzapfel CEO in Deutschland und Teil des „International Committee“. Er ist Referent und Autor zahlreicher Branchen-Handbücher für digitale Markenführung, darunter „Digitale Marketing Evolution: Wer klassisch wirbt, stirbt“.