Microsoft und die Influencer: „Der Unterschied liegt darin, dass wir Influencer nicht buchen wie Plakat- oder Kinowerbung“

Seit über einem Jahr arbeitet Magdalena Rogl bei Microsoft Deutschland. Als Head of Digital Channels intensiviert sie die Kooperation mit Markenbotschaftern – auch intern. Im asw-Interview spricht sie über Influencer-Marketing und ob sich der Aufwand überhaupt lohnt.

Warum arbeitet Microsoft mit Influencern zusammen?

Sie geben einem Unternehmen Gesicht und Charakter. Das ist heute wichtiger als je zuvor, denn Kommunikation wird durch Social Media zunehmend persönlich. Dabei ist es egal, ob es sich um externe oder interne Influencer handelt. Bei Microsoft setzen wir vor allem auf eigene Mitarbeiter.

Microsoft beschäftigt in Deutschland rund 2500 Leute. Fangen die jetzt alle an zu posten und zu bloggen?

Warum nicht? Ich möchte niemanden drängen, auf Social Media aktiv zu sein. Ich glaube aber auch, dass es bei vielen Bedenken gibt, die man ausräumen kann. Schon bei unseren New Hire Acts – die Einführungsveranstaltung für neue Mitarbeiter – erklären wir, wie wir das Thema sehen und welche Hilfen es gibt, etwa Coachings und Workshops. Wir haben auch ein Tool, mit dem wir die Leute unterstützen.

Was ist das für ein Tool?

Eine interne Website, im Stil einer Social-Media-Wall, die Content zur Verfügung stellt. In der Vergangenheit hielten vor allem zwei Dinge die Leute davon ab, bei Social Media aktiv zu sein: Sie wussten nicht, wo sie Content finden sollten, und sie hatten Angst, etwas falsch zu machen. Beide Probleme löst das Tool. Es bietet täglich neue Inhalte an, die freigegeben sind, die ich also bedenkenlos teilen und verbreiten kann.

Die Inhalte kommen von der Unternehmenskommunikation?

Nicht nur von uns, sondern auch von anderen Abteilungen. Außerdem laufen dort die Accounts des Managements ein. Darüber hinaus können die Mitarbeiter eigene Inhalte vorschlagen. Es sind gar nicht so wenige, die Blogs schreiben oder Fachbeiträge veröffentlichen.

Wenn die Mitarbeiter den Content einfach übernehmen, ist das aber weder persönlich noch authentisch.

So ist es nicht gedacht. Das Tool bietet die Möglichkeit zu kommentieren oder auch neu zu formulieren. Das geben wir den Mitarbeiter in den Coachings auch mit: Sagt Eure Meinung, zeigt Persönlichkeit, retweetet nicht einfach.

Wie verhindern Sie, dass Mitarbeiter in den sozialen Medien aus dem Ruder laufen?

Die Frage wird sehr oft gestellt, und meine Antwort löst meistens Erstaunen aus: Die Grundlage ist Vertrauen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, wenn wir an unsere Mitarbeiter glauben und sie unterstützen. Bisher hat das wunderbar geklappt. Selbst wenn mal etwas gepostet wird, was wir nicht so gut finden, lässt sich das auf persönlicher Ebene klären.

Woher wissen Sie, dass sich der Aufwand lohnt?

Das lässt sich glücklicherweise gut messen. Wir sehen über das Tool, wie viele Leute aktiv sind und wie viele Aktionen ausgeführt werden. Natürlich gibt es auch Kollegen, die auf Social Media aktiv sind, ohne das Tool zu nutzen. Aber auch da können wir über klassisches Social-Media-Monitoring die Reichweiten sehen. Außerdem kriege ich persönlich eine Menge Feedback, Leute sagen mir: Ihr seid sichtbarer geworden. Das ist mir fast wichtiger als Statistik.

Microsoft kooperiert zusätzlich mit externen Influencern. Mit wem zum Beispiel?

So gut wie immer mit Personen, die wir schon länger kennen und einschätzen können. Für unser neues digitales Zeichenbrett „Surface Studio“ zum Beispiel, das vor allem Künstler ansprechen soll, brauchten wir jemanden, der den Umgang damit authentisch zeigen kann. Dafür wählten wir Frau Hölle aus, im richtigen Leben Tanja Cappell, mit der ich schon in früheren Jobs Berührungspunkte hatte. Sie ist ein Lettering Artist und auf Instagram sehr präsent. Sie begleitete uns auf die Berliner Republica und zeichnete auf dem Device. Das hat wahnsinnig gut funktioniert.

Sie legen Wert darauf, Influencern kein Honorar zu zahlen, entschädigen sie aber für den Aufwand. Ist das nicht Wortklauberei?

Der Unterschied liegt für mich darin, dass wir Influencer nicht buchen wie Plakat- oder Kinowerbung. Geld dafür zu zahlen, dass ein Influencer mit dem Produkt vor der Kamera wedelt und sagt, das ist super, und am nächsten Tag sagt er das gleiche über das Konkurrenzprodukt, kommt für uns nicht in Frage. Aber wenn Frau Hölle mit dem Surface Studio für uns auf die Messe geht, entgelten wir diesen Aufwand selbstverständlich.

Influencer sind ein relativ neues Phänomen. Wenn die Grenze zwischen Information und Werbung verschwimmt: Ist das aus Ihrer Sicht eine gute Entwicklung?

Wenn ein Beitrag gesponsert oder auf andere Weise unterstützt wurde, sollte das immer transparent gemacht werden. Das ist jeder seinen Lesern oder Kunden schuldig. Stichwort Vertrauen. Gleichwohl glaube ich, dass die Unterschiede in der Wahrnehmung nicht mehr so groß sind. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass ich auch gesponserten Content gerne lese, wenn er inhaltlich gut ist und mir Mehrwert bietet.

Microsoft macht also nicht die Erfahrung, dass Influencer-Content kritischer wahrgenommen wird?

Ich würde sogar sagen, er kann glaubwürdiger sein, wenn Persönlichkeit und Botschaft zusammen passen.

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.