„Mehrheit von Singles will Facebook nicht zum Dating nutzen“: Match Group-Chefin äußert sich zu Zuckerbergs Plänen

Facebook entdeckt das Flirten! Singles sollen künftig auf dem weltgrößten Social Network einen Partner finden können. Kein Wunder, dass die Ankündigung die Aktie des Marktführers Match Group unter Druck brachte. Nun schlägt die Tinder-Mutter zurück: Mit Quartalszahlen über den Analystenprognosen und einer sich selbstbewusst äußernden Chefin.
"Die Nutzer wollen nicht von Fremden in einem sozialen Netzwerk kontaktiert werden, das Verbindung zwischen Freunden und Familie herstellt", sagt Match Group-Chefin Ginsberg zu den Plänen von Facebook

Von Nils Jacobsen

Plötzlich hat Facebook den Dating-Markt entdeckt! Konzernchef Mark Zuckerberg überraschte vergangene Woche auf der Entwicklerkonferenz F8 mit der Ankündigung, ein Dating-Angebot für Singles starten zu wollen.

So sollen Facebook-Nutzer, deren Beziehungsstatus Single ist, künftig die Möglichkeit haben, andere Nutzer des Social Networks zu Dating-Zwecken kennenzulernen. Der Dating-Dienst sei von dem Nutzerprofil und Newsfeed losgelöst, d.h.: bestehende Freunde bekommen nichts von den Flirtversuchen mit. Freunde sollen in der Dating-App zudem nicht vorgeschlagen werden.

Match Group-Aktie stürzte an der Börse ab

Facebooks angekündigte Flirt-Offensive zeigte umgehend in Dollar und Cent Wirkung –  beim Branchenprimus Match Group, der das Dating-Verhalten paarungswilliger Groß- und Kleinstädter im Mobilzeitalter unter der einfachen Verwendung des Facebook-Profils perfektioniert hatte: Ein Wisch nach rechts, fertig war das Match.

Mit dem Markteintritt von Facebook könnten Flirtwillige nun bei der Kontaktsuche weiterziehen, befürchten Anleger. Entsprechend stürzte die Aktie der Tinder-Mutter an der Wall Street dramatisch ab: Das Papier verlor am Tag von Facebooks Ankündigung mehr als 22 Prozent an Wert – und hat sich bis heute nicht davon erholt.

Nach einer turbulenten Woche versucht Match Group-Chefin Mandy Ginsberg nun Zweifel zu zerstreuen. „Die große Mehrheit von Singles will Facebook nicht zum Dating wegen Daten- und Privatsphäre-Bedenken verwenden“, behauptete Ginsberg im Rahmen der Analystenkonferenz, die sich an die Bekanntgabe der Geschäftszahlen für das erste Quartal anschloss.

„Wichtiger noch: Die Nutzer wollen nicht von Fremden in einem sozialen Netzwerk kontaktiert werden, das Verbindung zwischen Freunden und Familie herstellt“, ist sich Ginsberg sicher.

Die Match Group-Chefin spricht aus Erfahrung. Bis Ende vergangenen Jahres benötigten Tinder-Nutzer einen Facebook-Login, um sich bei Tinder anzumelden. Seitdem es alternative Anmeldemöglichkeiten gibt, würden Tinder-Nutzer einen großen Bogen um Facebook machen. „In den zwei Monaten, nachdem wir eine Login-Alternative zu Facebook angeboten haben, ist die Anmeldung über Facebook von 100 auf 25 Prozent gesunken“, so die Match Group-Chefin. „Die Nutzer haben Facebook schnell und entschieden von ihrer Dating-Erfahrung getrennt“,  behauptet Ginsberg.

„Nutzer trennen Facebook von ihrer Dating-Erfahrung“

In Dollar und Cent hat die Match Group zumindest vor der Facebook-Offensive die Argumente auf ihrer Seite. Bei den Dienstagabend verkündeten Quartalszahlen für das abgelaufene März-Quartal konnte der seit November 2015 an der Börse geführte Dating-Anbieter die Wall Street-Erwartungen mit weiter zweistelligem Wachstum übertreffen.

Zwischen Anfang Januar und Ende März setzte die Match Group 407 Millionen Dollar um – 36 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum und 22 Millionen über den Analystenerwartungen. Der Konzerngewinn explodierte gar um 397 Prozent auf 99,74 Millionen Dollar.  Trotzdem konnte das starke Zahlenwerk die Sorgen um die neue Dating-Konkurrenz kaum verwischen: Die Aktie fährt Achterbahn und legte am Ende lediglich um rund 1 Prozent zu.