Mehr Kompetenz über die Hotline

Die Call Center-Branche in Deutschland steht vor einem Transformationsprozess. Auf der Fachkonferenz G-Force in London erklärt Michael-Maria Bommer, Vice President des Software-Spezialisten Genesys Telecommunications Laboratories, die Perspektiven.

Von Gunnar Sohn

„Immer mehr Firmen und Institutionen sehen ihre Call Center nicht mehr als Insellösung, sondern als integralen Bestandteil der gesamten Unternehmensorganisation für den Geschäftserfolg, für die Kundengewinnung, Kundenbindung und für die Verbesserung der Kundenloyalität“, sagte Michael-Maria Bommer, Vice President des Software-Spezialisten Genesys Telecommunications Laboratories, auf der Fachkonferenz G-Force in London. Die aktuelle politische Diskussion über eine Verschärfung der Rahmenbedingungen für Service-Hotlines werde diesen Prozess beschleunigen.

„In vielen Ländern ist für die Verbraucher der Service-Anruf kostenlos. In Deutschland muss der Kunde in der Regel noch 12 Cent pro Minute zahlen. Es gibt einige Möglichkeiten für die Anbieter von Hotlines, zu einer Entschärfung der aufgeladenen Stimmung beizutragen. Man muss vor allen Dingen das so genannte Traffic-Management verbessern, um lange Wartezeiten an Hotlines abzustellen. Wir sollten zudem darüber nachdenken, in unserem Land die Serviceanrufe ohne Telefongebühren zu etablieren. Dann werden diese Anrufe zu einem Kostenfaktor für Unternehmen und man wird sich intensiver darum bemühen, die Prozessketten zu optimieren und die Vermittlung zu kompetenten Call Center-Agenten sicher zu stellen. Betriebswirtschaftlich ist es dann schon ein Unterschied, ob ich den Kunden an der Hotline schnell bediene oder er fünf Minuten in einer Warteschleife hängt und dadurch die Anrufkosten nach oben schießen“, so Bommer.

Technologisch sei man bereits soweit, Hotline-Anrufe intelligent zu managen und eine „First Call Resolution“ zu gewährleisten, also die Erfüllung der Kundenwünsche nach dem ersten Anruf. Die von Verbraucherschutzminister Horst Seehofer angedrohten Sanktionen gegen lange Hotline-Warteschleifen und die geforderte Garantie, zu Agenten verbunden zu werden, die dem Kunden auch wirklich weiterhelfen, sei eine Herausforderung für die Business Intelligence. „Das kann man allerdings nicht auf Service-Hotlines reduzieren. Der Kunde kommuniziert mit Unternehmen ja nicht nur über das Telefon, sondern auch über Briefe, Faxe und E-Mails. Die Zuordnung der Interaktion zum Kunden und zum richtigen Sachbearbeiter lässt sich nur über eine zentrale Plattform lösen, die alle Anfragen in die richtigen Bahnen leitet. Ähnlich wie bei der automatischen Anrufverteilung, muss eine automatische Arbeitsverteilung für eine effektive Auslastung aller Mitarbeiter sorgen. Mit einer Selbstverpflichtungserklärung der Wirtschaft und den von der Bundesregierung angedrohten staatlichen Sanktionen würde sich nur wenig ändern. Hier muss jede Firma seine Management-Hausaufgaben machen“, betont Bommer.

Allerdings sollte der politische Warnschuss nicht auf die leichte Schulter genommen werden. „In der Wirtschaft müssen wir uns auf der Metaebene stärker zur Dienstleistungsökonomie wandeln. Auf der Mikroebene geht es darum, mit moderner Technik und dem Wissen der Mitarbeiter die zentrale Intelligenz der Betriebsorganisation zu verbessern. Über das Interaction Management könnte das gesamte Unternehmen wie ein Service-Center agieren. Das ist mit erheblichen organisatorischen und abteilungsübergreifenden Änderungen verbunden. In einer organischen Firmenstruktur bestimmen die Fähigkeiten des Mitarbeiters und nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Abteilung den Erfolg des Unternehmens“, resümiert Bommer.

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