Marketing ist für Griesson – de Beukelaer seriöses Handwerk und kein glamouröses Abziehbild

Der Süßgebäckhersteller Griesson - de Beukelaer (GdB) aus Polch in der Eifel erzielt mit namhaften Marken wie der Prinzenrolle und Lizenzprodukten wie Mövenpick mittlerweile fast 500 Millionen Euro Umsatz. Der Mittelständler mausert sich vom Marktführer in Deutschland zum großen Spieler in Europa. Der finanzstarke Keksfabrikant hat zuletzt großes Interesse an weiteren Firmenzukäufen signalisiert. Trotz Tradition: Das inhabergeführte Unternehmen steht für rechtzeitigen Wandel. Die Lebkuchenproduktion wurde eingestellt, als der Saisonartikel noch ein Drittel zum Geschäft beitrug. Besitzer Heinz Gries holte mit Danone-Manager Andreas Land einen externen Nachfolger ins Haus und beteiligte ihn. Der neue geschäftsführende Mitgesellschafter spricht im Interview mit absatzwirtschaft-Redakteur Thorsten Garber über Vorbilder und Fortentwicklung.
Interview mit Herrn Andreas Land , Griesson - de Beukelaer GmbH & Co. KG

Herr Land, Sie sind jüngst als „Familienunternehmer des Jahres“ ausgezeichnet worden. Welche Vorteile ragen für Sie im inhabergeführten Mittelstand gegenüber Konzernen besonders heraus?

ANDREAS LAND: Langfristige Perspektiven, die an Lebenszeiten orientiert sind. Außerdem sind Verantwortlichkeit und Haftung stärker spürbar.

Das hört sich ja fast bedrohlich an.

LAND: Es ist aber keine Bedrohung. Es wirkt sich als Vorteil positiv aufs Management aus. Ohne echte Verantwortlichkeit und Haftung agiert ein Manager doch eher schlechter.

Was haben Sie durch den Schritt vom Danone-Manager zum GdB-Miteigentümer persönlich gewonnen?

LAND: Eben auch die direkte und unmittelbare unternehmerische Verantwortung. Im Prinzip habe ich im Gegensatz zur Zeit im Danone-Konzern keine Instanz mehr über mir. Das eigenverantwortliche Gestalten, also alle Fäden selbst in der Hand zu halten, macht den Unterschied. Die Entscheidungshoheit ist ein großer Gewinn.

Inwieweit sehen Sie Ihr Unternehmen als Vorbild für andere?

LAND: Ach, viele Wege führen doch nach Rom. Wir eignen uns nicht als Blaupause. Individuelle Lösungen gibt es für jedes Unternehmen. Einige unserer Elemente sind vielleicht vorbildhaft, aber das sollen dann andere für sich entscheiden.

Ihre Firma steht aber als Vorbild für eine rechtzeitige Wandlungsfähigkeit: Zum einen verabschiedete sich Heinz Gries als Alleinherrscher und holte Sie. Zum anderen stellten Sie die Lebkuchenproduktion ein, obwohl dieses Saisongeschäft noch ein Drittel zum Umsatz beitrug. Wie wichtig ist das frühzeitige Trennen?

LAND: Es ist ein wesentliches Kriterium für eine langfristige Orientierung. Wie substanziell dieser Schritt ist, kann man am Lebkuchengeschäft gut nachvollziehen. Lebkuchen waren eigentlich die Keimzelle des Unternehmens und haben bis zur Trennung die gesamte Geschichte mitbestimmt. Andere Produkte sind bei Griesson erst ab Mitte der 70er Jahre entstanden. Dann hat man auch schnell die Vorteile von Ganzjahresartikeln erkannt. Durch die Fusion Griesson – de Beukelaer hat sich das Unternehmen vom mittelständisch geprägten Handwerksbetrieb zum industriellen Markenartikler entwickelt. Auch wenn das Unternehmen ursprünglich eine andere DNA hatte, sind alte Gewohnheiten rechtzeitig abgelegt worden. Im Kern könnte das Vorbild für andere Unternehmen sein, die aber alle ihren eigenen Weg gehen müssen.

Heinz Gries’ Weg, Sie frühzeitig beziehungsweise rechtzeitig ins Unternehmen zu holen, wird von Wirtschaftsexperten als richtig mutig gehandelt.

LAND: Herr Gries ist als Unternehmer ganz sicher in vielen Punkten ein Vorbild. Das hängt mit seinen Charaktereigenschaften zusammen. Er ist offen und wandlungsfähig. Er gilt in der Branche und darüber hinaus als Vorbild, und ich selbst habe auch viel von ihm gelernt. Insgesamt betrachtet erzielen zum Wandel bereite Menschen auch überdurchschnittliche Wachstumsraten.

Was zeichnet gute Manager und Unternehmer aus, wenn sie Marketing im Sinne einer ganzheitlich lenkenden Disziplin der Unternehmensführung aus Kunden- beziehungsweise Marktsicht betreiben?

LAND: Der Anspruch an ein ganzheitliches Marketing ist für mich eine rein theoretische Diskussion, der wir uns nicht hingeben. Die gute Führung eines Unternehmens, das ja ständig Geld von Verbrauchern bekommt, muss mehr berücksichtigen als nur die Gewichtung der Disziplin. Für mich sind die Forschung und Entwicklung oder die Produktion nicht weniger wichtig. Zwischen diesem mitunter kurzlebigen Alltagsgeschäft und der langfristigen Pflege einer Marke ist es für jeden ein heftiger Spagat. Marken sind ein uns anvertrautes Gut mit einem Wert, vielen Assets und einigen Charakterecken. Brands sind deshalb nicht beliebig zu betrachten, sondern mit größter Sorgfalt. Denn Verbraucher nehmen Marken nur vertrauensvoll wahr, wenn sie von den Assets überzeugt sind. Für mich ist Marketing insofern ein seriöses Handwerk, kein glamouröses Abziehbild einer künstlerischen Disziplin.

Wie kultivieren Sie als Chef denn das Ineinandergreifen aller Unternehmensbereiche – insbesondere von Vertrieb und Marketing?

LAND: Indem wir insbesondere für diese beiden Bereiche eine Leitung haben, denn wir sehen Marketing und Vertrieb als Einheit zum Kunden.

Ihr Unternehmen kam ursprünglich aus der Handelsmarken-Herstellung, bis Sie auf starke Marken setzten. Mitunter greifen Verbraucher eher zu Billigprodukten. Sie selbst beklagten kürzlich, die Situation Ihrer Branche sei sehr angespannt. Mit welcher Strategie steuern Sie gegen?

LAND: Einen Trend zu Billigprodukten erkenne ich nicht. Unsere Branche hat eher Probleme auf der Rohstoffseite. Starke Markenartikel gehen immer. Insbesondere ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis stellt einen guten Absatz und Umsatz sicher. Echte Premiumprodukte haben sich in den vergangenen zwei Jahren allerdings etwas schwer getan. Der durchschnittliche Umsatz pro Kilo Gebäck steigt jedoch deutlich. Die großen Markenartikler erzielen gute Ergebnisse mit einem zweistelligen Plus in 2011.

Wie lässt sich Ihr ehernes GdB-Gesetz „Kein Geschäft ohne Gewinn“ auch in schwierigen Zeiten wie in den vergangenen Krisen einhalten?

LAND: Das Prinzip ist ein Muss, denn sonst kann man sich aus dem Geschäft verabschieden. Jedes Unternehmen hat nachhaltig Gewinn zu erwirtschaften. Ich weiß, dass es Manager gibt, die zwischenzeitlich eine andere Auffassung an den Tag legen und auf Kampfpreise setzen. Wir bleiben aber hart darin, profitabel zu sein.

Was sagen Umfragewerte über Ihre Bekanntheit und Ihr Image?

LAND: Als Unternehmensmarke treten wir kaum nach außen, aber unsere Produktmarken sind sehr bekannt. Die Prinzenrolle allein steht für 93 Prozent ungestützte Bekanntheit. Selbst Leicht & Cross hat noch einen guten Mittelwert von 43 Prozent. Die hohe Bekanntheit hängt auch mit der hohen Haushaltspenetration unserer Produkte zusammen. Gebäck nutzen 94 Prozent aller Haushalte.

Hersteller müssen nicht immer alles alleine machen. Kooperierende Partnerschaften halten in vielen Branchen vermehrt Einzug. Arbeiten Sie auch in solchen Gemeinschaften?

LAND: Durchaus und gerne. Wir haben das in der Vergangenheit schon mehrfach erfolgreich praktiziert. Unser Mövenpick-Gebäck wurde beispielsweise schon mit der Mövenpick-Marmelade vermarktet. Ähnlich gehen wir demnächst vor, wenn unser Tekrum-Eisgebäck „Decor on Ice“ gemeinsam mit Verpoorten Eierlikör in den Handel kommt. Gemeinsame Promotionsaktionen unserer TUC-Cracker mit Bier zur Fußball-Europameisterschaft im Sommer sind auch geplant.

Ihre eigene letzte große Dachmarken-Promotion hieß vor zwei Jahren „Die Freude am Keks“ und betonte die markenwerte Tradition, die Vertrautheit und die Qualität. Welche Strategie fahren Sie aktuell im Spagat zwischen Ihrer Unternehmensmarke und Ihrem Füllhorn voller Produktbrands?

LAND: Im Moment gibt es unsererseits keine Dachmarkenkampagne. Wir setzen derzeit eher auf die Belebung einzelner Produktmarken.

Welche Kriterien legen Sie bei der Priorisierung Ihrer Marken an?

LAND: Die orientiert sich an unserer Vermarktungsstrategie und wird entsprechend im Marketingplan frühzeitig festgelegt. Dabei können saisonale Aspekte den Ausschlag geben. So werden wir im Frühjahr, wenn die Menschen oft Gewicht abnehmen möchten, eher unser Leicht & Cross bewerben. Und zu Fußball-Großereignissen eher unsere salzigen Snacks.

Immer weniger Mittelständler können es sich nach Ihrer Einschätzung noch leisten, eine Innovation mit Millionen Werbegeldern bekannt zu machen. Schlagen Sie eine Alternative vor?

LAND: Im Massenmarkt gibt es die leider kaum, deswegen stimmt meine Aussage grundsätzlich. (schmunzelnd) Wir können es uns hoffentlich auch in Zukunft leisten.

Welche Ansprüche stellen Sie an Ihre Kommunikationsdienstleister?

LAND: Wir wählen Agenturen aus, bei denen wir als Kunde eine angemessene Bedeutung haben, die ein gutes Verständnis für unsere Branche mitbringen und es gewohnt sind, Familienunternehmen zu begleiten. In der Gesamtstrategie lassen wir uns langfristig und komplett von einer Agentur von A bis Z beraten, im Mediamix punktuell von mehreren und diversen Agenturen.

Gab es einen bestimmten Grund, warum Sie jüngst die Verantwortung für Ihren Mediaetat an die Agentur MEC übergeben haben, die den bisherigen Etathalter Pilot ablöst?

LAND: Der Grund ist einfach: Wir schreiben unseren Mediaetat regelmäßig neu aus. Der Wechsel war eine Folge daraus. Wenn Ihre Frage darauf zielt, ob wir unzufrieden waren, kann ich das verneinen. Dieser Vorgang ist ganz normal.

Das Gespräch führte Thorsten Garber.

Weitere Ausführungen von Andreas Land, etwa zu Übernahmekandidaten oder zu den Chancen der neuen Natursüße Stevia, lesen Sie in Ausgabe 4-2012 der absatzwirtschaft.

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