Kundenpotenziale durch Datenaufbereitung heben

Noch immer betrachten Deutschlands Dienstleistungsunternehmen ihre Kunden im Antragsprozess überwiegend aus eindimensionaler Sicht, nämlich ausschließlich mit Blick auf das Risiko. Die Prozesse zur Erkennung von Kundenpotenzialen sind häufig überholt, ineffizient oder lückenhaft. Damit verschenken die Firmen Chancen. Das integrierbare Programm IRRISS kann dieses Problem jedoch lösen.

von Ulrich Zabel und Peter De Wendt

Aftersales-Analysen führen bei Dienstleistern oftmals zu ernüchternden Ergebnissen: Kunden mit hohen Ausfallwahrscheinlichkeiten werden abgelehnt oder in ihrem Nutzen eingegrenzt, obwohl gerade Kunden in diesem Segment oftmals den Firmen die größten Margen bescheren. Gleichzeitig aber greifen gerade diejenigen Kunden, die in ihrer Risikobeurteilung erstklassige Noten erhalten, viel zu wenig auf die Leistungen und Angebote des Unternehmens zurück.

Ein wesentlicher Grund dafür: Solvente Kunden werden nicht umfassend genug betrachtet, ihre Potenziale nicht ausgeschöpft. Ein Problem, mit dem viele Branchen zu kämpfen haben: Banken, Telekommunikationsunternehmen, Energieversorger, Versicherungen, aber auch E-Commerce-Händler. Sie alle stehen vor der Herausforderung, einen großen Kundenstamm möglichst individuell zu betrachten, aber gleichzeitig Prozesse zu standardisieren und die Kosten zu reduzieren. Die bisher dabei eingesetzten Technologien sind in der Regel unflexibel und gehen an den Erfordernissen eines modernen Customer Relationship Managements (CRM) vorbei.

Interne und externe Daten nutzen

Für Unternehmen empfiehlt es sich, neben der Risikobetrachtung parallel auch den Kundenwert zu berücksichtigen, kombiniert mit den vom Kunden gewünschten Leistungen. Eine solche Analyse liefert im Ergebnis das Kundenpotenzial – den sogenannten Zukunftswert des Kunden oder auch Customer Lifetime Value (CLV). Sie sollte unter Zuhilfenahme von internen und externen Daten erfolgen. Beispielsweise greifen Banken bei der Beurteilung von Kunden im Antragsprozess auf Daten von Auskunfteien zurück, um sich über bestehende Risikolagen zu informieren. Gleichzeitig verfügen sie aber oftmals auch über wertvolle eigene Daten, beispielsweise aus dem Data Warehouse sowie anderen operativen Systemen. Diese sollten ebenso genutzt werden – und zwar negative wie positive Informationen gleichermaßen.

Alle externen und internen Daten gilt es zusammenzuführen. So entsteht eine „integrierte Scorecard“. Sie dient der Entscheidungsfindung in einem Antragsprozess. Um das Kundenpotenzial umfassend ausschöpfen zu können, empfiehlt sich gleichzeitig eine Einteilung in Kundensegmente nach Risiko- und Wertegruppen.

IT-Unterstützung ist ein Muss

Eine solche Bewertung ist jedoch ein sehr zeitkritischer Faktor. Denn die Kunden verlangen sofort eine verbindliche Aussage über die geforderte Dienstleistung. Die Unternehmen sind daher auf die Unterstützung von IT angewiesen. Die Systeme müssen den Anwender in die Lage versetzen, im Rahmen einer Echtzeitverarbeitung binnen weniger Sekunden Entscheidungen auf Basis von Informationen aus unterschiedlichen Quellen und definierten Regeln zu treffen. Wichtig ist, solche Systeme zur Potenzialbestimmung optimal in die IT-Infrastruktur einzugliedern und Redundanzen zu vermeiden. Der Markt bietet inzwischen integrierbare Programme wie das „Insiders Risk Rule Integration and Scoring System“ (IRRISS) an, die sich mit wenig Aufwand einbinden lassen und damit hochflexibel sowie schnell anpassbar sind.

Die Prozessmaschine kann sowohl auf Unix als auch auf Windows basierenden Servern installiert werden. Da ein System wie das IRRISS auf Java basiert, bestehen keine großen Hardwareanforderungen. Das System liefert die Schnittstellen zu den gängigen Auskunfteien mit. Das Kundensystem kann dabei über viele Wege kommunizieren, zum Beispiel über Webservice, TCP/IP Socket oder direkt aus der Datenbank.

Ist ein solches System einmal aufgebaut, so kann es auch für andere Geschäftsprozesse genutzt werden – beispielsweise für ein internes Bestandsscoring zur Identifikation von Marketingpotenzialen, für die Ausfallfrüherkennung oder mittels des Kundenverhaltens zur Feinjustierung der Entscheidungsregeln.

Die Telekommunikationsbranche als Vorreiter

Bisher hat vor allem die Telekommunikationsbranche erkannt, wie wichtig es ist, den Kunden aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Gerade im Zuge der Zusammenführung von Mobilfunk und Festnetz stellen die Unternehmen ihre Prozesse aktuell neu auf, um ihren Kunden ganzheitliche Produktangebote zu machen und das Potenzial besser auszuschöpfen. Dabei werden die eigenständigen Systeme und darin vorhandene Informationen über die Kunden zusammengeführt. Eine Potenzialbetrachtung nutzt beispielsweise die Informationen aus einem neuen Mobilfunkantrag ebenso wie die Daten über das Verhalten des Kunden im Festnetzbereich.

Etabliert hat sich die Nutzung von IT-Systemen zur intelligenten Datenaufbereitung ebenso bei Auskunfteien. Große Chancen eröffnen sich aber beispielsweise auch für Banken: Viele etablierte Institute bieten Leistungen wie Kleinstkredite bisher nicht an, weil die Prozesskosten zu hoch sind. Die neuen IT-Programme schaffen hier Abhilfe: Sie automatisieren die Prozesse und deckeln die Kosten.

Über die Autoren:
Ulrich Zabel ist Principal Consultant beim Management- und IT-Beratungsunternehmen Steria Mummert Consulting.

Peter De Wendt arbeitet als Prokurist bei der Insiders GmbH, die sich schwerpunktmäßig Projekten im Bereich Risikomanagement widmet und Beratungssysteme beziehungsweise -Lösungen dazu anbietet.