Kolumne: Warum das Markenerlebnis „instagrammable“ sein muss und was Millennials erwarten

Markenerlebnisse sind heute facettenreicher denn je und ohne soziale Netzwerke geht nichts mehr. Produkte aus der Gastronomie und dem Tourismus sind längst selber zu Kommunikation geworden. „Insta-friendly“ soll es vor allem sein, wie unsere Kolumnistin Nina Rieke beobachtet.

Markenerlebnisse sind heute facettenreicher denn je, und speisen sich aus vielen Faktoren.  Ohne Social Media geht nichts mehr. Produkte und Angebote sind längst selber zu Kommunikation geworden.

So zeigen vor allem Tourismus und Gastronomie, das nur Produkterlebnisse für sich sprechen, wenn sie auch visuell ausreichend Stimulanz bieten. Was nicht „Insta-fähig“ ist, bringt keine Aufmerksamkeit. Wird nicht von Gästen dokumentiert und geteilt. Hotels und Restaurants, die diese Kriterien erfüllen, treffen damit auch einen klaren Anspruch der reisenden Millennials, wie eine Holidaycheck-Studie dazu zeigt.  

Gute Geschichte in Wort und Bild

„…die Reise muss vor allem auch eines sein: insta-fähig! Für die sogenannten „Digital Natives“ muss der Urlaub auch eine gute Geschichte abgeben in Wort und Bild, sodass das Erlebte den Daheimgebliebenen auf den Social-Media-Kanälen präsentiert werden kann.“ Eine britische Umfrage kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: so suchen bereits vierzig Prozent aller Reisenden unter 33 Jahren ihr Reiseziel nach Instagram-abilität aus. Kein Wunder, das „Instagrammable“ längst im Urban Dictionary zu finden ist.

So machen nicht nur Hotels sich diesen Faktor zunutze, wenn sie direkt beim Check in oder im Zimmer den Gast wissen lassen, welcher Hashtag zum Hotel passt. Und klar bekennen, dass sie sich darüber freuen, wenn die schöne Kulisse für Insta-Selfies genutzt und so promoted wird. Die wesentlichen Elemente für Insta-fähigkeit sind tolle knackige Farbflächen und ganz viel Retro-Design. Das New York Times Style Magazin hat im Dezember passenderweise die „most instagrammable rooms of the year“ gekürt.

Insta-friendlysoll es sein

Rund um den Globus entstehen Hotels, Restaurants und Cafes, die sich den Geltungsdrang, Narzissmus und Medienverhalten, der inzwischen längst auch Menschen jenseits der Millenial-Altersgrenze erreicht hat, zu nutzen machen. Sie sind bereits auf dieser Basis konzipiert und die Mitarbeiter entsprechend trainiert. Die FAZ berichtete unlängst über ein Kreuzfahrtschiff einer deutschen Reederei, das seinen Gästen bereits „instagrammable moments“ verspricht– denn sie werden in „unterschiedlichste Szenarios und Raumerlebnisse mitgenommen“.  

Restaurants beherrschen diese Technik oft perfekt – von der Beleuchtung über das Dekor bis zur Präsentation der Speisen ist alles darauf ausgelegt, als „insta-friendly“ zu gelten und bestmögliche Bühnen für sich selbst zu schaffen. Wesentliche Geburtshelfer für den Erfolg: die richtigen Designer. So werden Wanddekorationen ebenso wie Zuckerbeutel, Platzsets oder Servietten mit dem Hintergedanken der Fotofähigkeit entwickelt. Sprüche wie „hug more“ und ähnlich anschlussfähige Statements helfen.

Unter #thegoodsort finden sich über 1.000 Bilder des gleichnamigen klitzekleinen New Yorker Cafés – vor allem sein fotogener „Rainbow-Milkshake“ zeigt, wie Farbe, Food und Fotos eine tolle Kombi ergeben. Incentiviert wird die Verwendung hauseigener Restaurant-Hashtags immerhin bei einigen mit kostenlosen Getränken oder anderen Goodies.

Hapert es an der Usability?

Nur: gerade beim Reisen oder Essen geht es um mehr als nur eine schöne Optik – nämlich um das gesamte Erlebnis. Wie wichtig das ist, dürfte ich unlängst erfahren. Wie der Zufall es will, in einem absolut „instagrammable place“ –  die gelungene Hotel-Wiederbelebung eines in die Jahre gekommenen 70er Jahre Haus mit Hilfe von schönen Farben, Dschungeltapeten, Neonsigns und Designmöbeln. Der passenden Hashtag befand sich auch gleich in der Zimmeranleitung.

Service war allerdings Mangelware in dieser wunderbar bunten Welt. Kostenlose Extras wie Kosmetikprodukte auf Nachfrage, schnelles Troubleshooting bei Problemen und ein paar nette Worte bei Check-in – das sind immer noch Elemente der Brand Experience, die vielleicht nicht fotogen sind, aber ein Markenerlebnis zu einem Erlebnis, statt nur zu einer Tapete machen. In Ergänzung zu allen visuellen Highlights hätte es gerade das gebraucht – um die hübschen Bilder auch mit einem #totalsatisfaction Kommentar zu posten.

Was nützt also eine schöne Bühne, wenn die es an der Usability der schönen Oberfläche hapert? Im Kampf um Aufmerksamkeit werden somit vielleicht #instagrammableservices die nächste Stufe in der Customer Experience werden. Nicht ganz so bunt – aber umso näher an den Bedürfnissen der Gäste. Denn auch für Millennials geht es nicht nur um die Dokumentation der Momente, sondern um den Moment selbst.