Auf dem Weg zu mehr Perfektion mit Intent-based Marketing: Wer wird was wann wollen?

Aus der Flut an verfügbaren Daten für Online-Advertising ist es nicht immer einfach, die richtigen Informationen herauszufiltern, die einer Kampagne zum Erfolg verhelfen. Derzeit liegt der Fokus auf Intent-based Advertising, doch das funktioniert nur gut, wenn auch die Werbemittel dynamisiert werden.

„Was will der Kunde wirklich?“ – Der Marketer, der das weiß, kommt dem Ziel einer Conversion deutlich näher. Doch wie extrahiert man aus der Flut an verfügbaren Daten über Nutzer und deren Verhalten die Information, die Ausdruck über den nächsten Kaufwunsch, das Buchungsziel oder die Testanfrage vermittelt? Auf dieser Ebene genügen statistische Durchschnittswerte nicht mehr, da es um die individuelle Relevanz des Werbemittels geht, und die steht und fällt mit einer gewaltigen Anzahl, schwer berechenbarer Parameter im unmittelbaren Kontext der Nutzung: Ist der Kunde zuhause oder unterwegs? Hat er es eilig oder verfügt er über freie Zeit? Sucht er für sich oder für andere?

Amazon experimentiert auf Echo Show

Das Ziel des aktuellen Internetaufenthalts ist also der Schlüssel zur perfekt personalisierten Werbung. Das muss kein explizites Ziel sein, sondern kann auch auf ein implizites Wertemuster referenzieren, das die Wahrnehmung des Nutzers steuert. Amazon experimentiert aktuell mit Advertising-Formaten auf dem neuen Echo Show, dem Alexa-Lautsprecher mit Bildschirm. Ein Targeting-Parameter für Advertiser soll die Kaufwahrscheinlichkeit bei bestimmten Produkten sein.

Der Echo Show hat hierzulande noch kaum Verbreitung, kann aber eine neue Dimension des Targeting eröffnen

Was sich wie der Heilige Gral der Werbevermarktung anhört, ist es nicht wirklich. Den Ansatz gibt es längst im Google-SEM-Universum. Suchphrasen wie „Echo Show billig kaufen“ weisen darauf hin, dass der Nutzer eine andere Ebene im Sales-Funnel erreicht hat, als wenn er: „Künstliche Intelligenz im Smart Home“ ganz allgemein sucht. Doch einen Unterschied gibt es freilich: Die Daten von Amazon sind wesentlich genauer, zumindest, was die Conversions angeht.

Der Echo Show ist Amazons Einfallstor, um diese Daten in höhere Bereiche des Sales-Funnel zu erweitern. Wenn der Nutzer sich in frühen Inspirationsphasen Videos von Produkten anschaut, ist er eventuell noch nicht kaufbereit, aber dennoch empfänglich für Werbung, zum Beispiel in Form von Content Marketing. Die ersten vier Monate nach Erscheinen rangierte der Echo Show unter den Top 18 aller auf Amazon verkauften Technikprodukte. Erst Ende September brachen die Verkäufe empfindlich ein, als Google ankündigte, den Echo Show von Youtube auszusperren.

Emotionaler und faktischer Intent

Es wird noch dauern, bis der Echo Show in Deutschland zum Erfolgsmodell wird. Der Ansatz des Intent-based Marketing ist es längst. Persona-Modellierung nach dem Ansatz der Lymbic Types sucht nach den emotionalen Ankern bei bestimmten Zielgruppen. Identifiziert man dann auch noch Plattformen, auf denen bestimmte Typen häufiger anzutreffen sind, erzielt passgenau zugespitzte Kommunikation mehr Wirkung, ohne große Verlustrisiken einzugehen.

Beim erfolgreichen Lifestyle- und Jugend-Magazin Vice – das dieses Jahr seinen eigenen Fernsehsender in Deutschland starten will – arbeitet man mit einer Nutzertypologie, den sogenannten Mindsets: Explore, Connect, Lead, Express. Alle haben unterschiedliche Motivationen zur Nutzung der Informationen auf Vice und je nach Mindset, reagieren sie verschieden auf eingeblendete Werbung. Die Mindsets sind ein Targeting-Parameter für Werbekunden und zur internen Themenverlinkung.

Die Mindsets der Vice-Profile arbeiten mit den „Absichten“, die der Nutzer gegenüber den angebotenen Informationen hat

Bei Mr. Spex, dem Brillenhändler hat man sogar das Design der ganz realen Stores an den Bedürfnissen bestimmter Lymbic Types ausgerichtet. Und zwar nicht an den grundlegenden, sondern an sehr Moment-spezifischen Bedürfnissen. „Wir haben den Ladenbau an dem ausgerichtet, was wir in der Beobachtung der digitalen Customer Journey gelernt haben, und daran haben wir dann Services angedockt“, erläutert Mr. Spex Chef Mirko Caspar. Der Ansatz brachte ihm sogar einen red dot award für gutes Ladendesign ein.

Passende Werbung audspielen

Richtig spannend wird es, wenn der Intent direkt das Attributionsmodell bestimmt. Das bedeutet, dass der Advertiser entweder dynamische Werbemittel produziert, die sich in ihrer Aussage live an die vermuteten Informationsbedürfnisse anpassen, oder es werden eben solche Werbemittel vorproduziert. Chris Carter, Chief Marketing Officer von Rep Interactive, die unter anderem für Ford, Microsoft und Zappos Videos produzieren, erklärt: „Wir passen inzwischen sogar die Wahl des Hintergrundsprechers und dessen Text an die Zielgruppenprofile an, denn wenn wir deren Sprache nicht sprechen, hört uns keiner“.

Bis zu Ende gedacht hat den Ansatz auch einmal mehr Dyson. Nach Händetrockner, Staubsauger und Heizlüfter stand vor einem Jahr der Föhn im Mittelpunkt der Verkaufsbemühungen. Ein Föhn für 400 Euro! Dyson ließ eine relativ breite Zielgruppe von Frauen zwischen 20 und 50 analysieren und ermittelte sieben Informationsschwerpunkte, die zur Bildung einer Kaufentscheidung beitragen. In Deutschland will fast ein Viertel der potentiellen Kundenschar wissen, welche Einstellmöglichkeiten das Gerät hat. Der reine Lifestyle-Aspekt, der so stark im Fokus der Dyson-Produktlinien steht, interessiert hierzulande nur drei Prozent der Nutzerinnen und rangiert damit an letzter Stelle bei den Informationsbedürfnissen.

17 Prozent der befragten potentiellen Dyson-Kundinnen interessieren sich für die Temperatursteuerung und erhielten die passende Werbung

Die drei wichtigsten Aspekte: Einstellungen, feingliedrige Temperatursteuerung und Zeitersparnis setzte man in entsprechend einfache Kampagnenmotive um. „Daten-basiertes Marketing muss keineswegs spröde daher kommen“, analysiert Matthias Wesselmann, Vorstand von Fischer Appelt. „Die Intent-Daten sind ein gutes Werkzeug für mehr Relevanz, nicht mehr und nicht weniger.“