Automobilbranche bei der CES in Las Vegas (Teil 1): Aus Freude am Fahren lassen

Seit ein paar Jahren zeigen sich die Automobilhersteller gerne im digitalen Glamour der CES. Doch dieses Jahr wurde erstmals sehr deutlich, wie stark sich der Wettbewerb um die „neue Mobilität“ zuspitzt und wie viele artfremde Player plötzlich mitmischen.
Nissan experimentiert mit der Messung der Hirnaktivität während des Fahrens

Es ist eine harte aber gleichzeitig spannende Woche für die Autmobilmanager und –marketer. Eine Handvoll der Topmarken zeigt sich auf der CES in Las Vegas – nicht alle mit eigenem Stand aber zumindest mit Keynote-Auftritten – und dann pilgert man weiter nach Detroit, wo sich die gesamte Automobilgemeinde trifft.

Die gesamte Automobilgemeinde? Das ist wohl ein Begriff der Vergangenheit. In Las Vegas zeigte gefühlt jedes dritte Unternehmen irgendwas mit „Auto“ am Stand. Zu den Platzhirschen Mercedes, BMW, Toyota, Nissan, Kia oder Honda gesellten sich die Zubehörlieferanten in ungekannter Zahl. Bosch ist schon seit Jahren da, aber die B2B-Lieferanten Magna oder Continental tauchen plötzlich auf einer Veranstaltung auf, die Consumer Electronics Show heißt.

Samsung, Sony, LG wollen mitmischen im Automarkt

Das wäre ja noch zu verkraften. Man kennt seine Pappenheimer. Aber mit einem Mal taucht das Auto auch in den Keynotes von Samsung, Sony, LG und natürlich am Stand von Google auf. VW outet sich zu einem neuen Lieferanten namens NVidia – vormals bekannt als Hersteller von Grafikchips für PCs, heute Enabler für Software im Auto samt künstlicher Intelligenz und Spracherkennung. Und natürlich melden sich auch die Carrier aus der Telekommunikation zu Wort. Vodafone präsentierte eine Kooperation mit dem Kartendienst Here für noch akkuratere Navigation. Die Deutsche Telekom schwänzte Las Vegas zwar, ist aber an eigenen Telematiklösungen dran, wie zum Beispiel die Plug-and-Play-Lösung zum Nachrüsten namens Digital Drive.

Das Cockpit als Plattform

Und alle haben mehr oder minder die gleiche Idee: Das Auto bekommt jede Menge Sensoren, Displays und Datenschnittstellen und kann damit einerseits recht einfach personalisiert werden, andererseits hängt es in der Cloud und interagiert mit unterschiedlichsten Diensten oder anderen Geräten um eine nahtlose User Experience für bestimmte Aufgaben zu erzeugen. Und freilich ist die Plattformidee die Grundlage für alles, was in Sachen Smart City und Autonomes Fahren geschieht. So darf die Präsentation von Mercedes auf der CES keinesfalls unterschätzt werden. Zwar mag es aus Digitalsicht eher unspannend klingen, dass man die beiden Datenwelten im Cockpit – also Fahrzeugdaten und Unterhaltungs- bzw. Navigationsdaten – in einem Displaysystem vereinigt und dass deren Software recht frei konfigurierbar ist. Der User kann wählen, ob er lieber einen großen Drehzahlmesser und eine kleine Verbrauchsanzeige anschaut oder umgekehrt. Was aber dahinter steckt ist die Tatsache, dass sich Mercedes mit diesem Ansatz flexibler aufstellt. Man kann eigene Softwaremodule entwickeln und einpflegen, kann aber auch Drittsysteme integrieren, wenn der Kunde das dringend wünscht. Man denke an Unterhaltung via Spotify.

Das MBUX genannte System hat dann aber eben doch keine so ganz große Schöpfungshöhe. Und um etwas mehr Sex Appeal auszustrahlen, präsentierte man noch die Smart Studie Vision EQ, das selbstfahrende Auto für 2030 und gab sich damit ein Stückweit der Lächerlichkeit preis. Zunächst klingt 2030 sehr weit weg, angesichts der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeiten. Aber vor allem kann das Auto – wegen dem ein ganzes Segment des Las Vegas Boulevard abgesperrt wurde – eigentlich nichts außer schön aussehen. Es fuhr nämlich keineswegs autonom sondern im Abstand von fünf Metern folgte ein Steuerwagen mit Fernbedienung. Und selbst das große Display im Fahrzeug reagierte nicht auf Touch sondern spielte einen Film ab. Ein Dummy halt.