Handelsmarken bedrohen die Innovationskraft

Vor dem Hintergrund der steigenden Anzahl von Handelsmarken in Europa hat die EU-Kommission eine Studie in Auftrag gegeben, die die Auswirkung der zunehmenden Konkurrenz zwischen Handelsmarken und Markenartikeln untersucht. Die Analyse enthält nach Informationen des Markenverbandes Feststellungen und Bewertungen, die für die Rolle von Handelsmarken bedeutend sind. Sie weise nach, dass in zahlreichen europäischen Ländern eine Nachfragemacht des Einzelhandels besteht, die zu einer Störung der Funktionsfähigkeit der Lebensmittelversorgung führen kann. Umsatzanteile würden als ein wesentlicher Gradmesser für die Abhängigkeit von Herstellern betrachtet.

Die Studie „The impact of private labels on the competitiveness of the European food supply chain“ widerlegt mehrere gern verwendete Argumente, mit denen Nachfragemacht häufig negiert wird: So könnten aufgrund verschiedener Geschäftsmodelle und Kostenstrukturen die geringeren Margen des Lebensmittelhandels gegenüber denen der Hersteller nicht miteinander verglichen werden. Hier seien Return on Investment oder die Eigenkapitalrendite geeignetere Maßstäbe. Ebenso führt die Studie aus, dass der Handel nur selten auf sogenannte „Muss-Produkte“ angewiesen ist, ohne die er sein Geschäft angeblich nicht machen kann.

Positive Effekte der Handelsmarken auf die Konsumentenwohlfahrt werden lediglich für den Fall bestätigt, dass sie Felder besetzen, die Markenhersteller nicht bearbeiten. Versuchten hingegen Handelsmarken, in direkten Wettbewerb mit Markenartikeln zu treten, seien diese insbesondere ein Mittel, um die Möglichkeiten eines Missbrauchs von Nachfragemacht zu verstärken. Zudem würde direkter Wettbewerb mit Markenartikeln echte Innovationen erfordern. Laut Studie können Handelsmarken gerade diese notwendige Innovationskraft für sich aber nicht in Anspruch nehmen. Sie würden regelmäßig erst zu einem späteren Zeitpunkt als Trittbrettfahrer-Produkte auf den Markt gebracht. Innovationen seien vielmehr dort besonders stark, wo der Anteil an Handelsmarken besonders niedrig sei. Am Beispiel Spaniens wird verdeutlicht, dass ein überproportionaler Anstieg von Handelsmarken die Konsumentenwohlfahrt dramatisch eingeschränkt hat.

Angesichts der Ergebnisse der Studie bleibt aus Sicht des Markenverbandes die effektive Kontrolle von Nachfragemacht eine kontinuierliche Aufgabe. „Die Defizite in der Missbrauchskontrolle, dazu zählt fehlende Klarheit über die Grenzen des Erlaubten, müssen dringend beseitigt werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Christian Köhler. Die Bedrohungsszenarien für die Konsumentenwohlfahrt umfassen der Analyse zufolge die Einschränkung von Produktvielfalt, Qualität, Innovationskraft und Preiswürdigkeit von Produkten. Es wird bestätigt, dass die aktuelle Rechtslage nicht ausreicht, um die bestehenden Gefahren zu bekämpfen. Daher ist es aus Sicht des Markenverbandes notwendig, die Defizite in der Missbrauchskontrolle zu beseitigen. Dies gelinge durch klare und handhabbare Sanktionen von Missbrauch, durch effektiven Schutz der Anbieter vor Sanktionen durch Kunden und durch die Priorisierung in der Verfolgungspraxis des Bundeskartellamtes. Und schließlich müsse die Fusionskontrolle durch den Gesetzgeber gestärkt werden, um einer weiteren Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel vorzubeugen.

www.markenverband.de