Handel nutzt Preisspielräume zu Weihnachten

Auf die Verbraucher ist Verlass, fasst die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) ihren aktuellen Consumer Index zusammen. In der überwiegenden Mehrheit würden sich deutsche Konsumenten weder durch Krisen und Skandale noch durch die Kapriolen des Wetters von ihren Gewohnheiten abbringen lassen. Im schlimmsten Fall verzichteten sie eine Weile auf Gurken und Salat, wie während der Ehec-Krise im Frühjahr. Oder sie tränken Tee statt Bier und äßen Gulasch statt Grillfleisch, wie in diesem verregneten Sommer. Aber weder Finanzmarkt- noch Eurokrise könnten sie aus der Ruhe bringen. Sowohl die Konsumgüterhersteller als auch der Handel fahren den Marktforschern zufolge gut mit der bedachten und unaufgeregten Art der Verbraucher.

Das positive Stimmungsbild, wie es auch der aktuelle GfK-Konsumklimaindex zeichnet, schließt nicht aus, dass das ein oder andere Unternehmen mit seinen Kunden hadert. Dies gilt fürs ganze Jahr wie auch fürs Weihnachtsgeschäft, das in diesem Jahr witterungsbedingt recht spät begann, zuletzt aber doch in Schwung kam. Auch hier muss laut GfK unterschieden werden zwischen Branchen, die von der späten festlichen Nachfrage profitieren und solchen, die davon enttäuscht sind. Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hätte sich den November 2011 sicher etwas winterlicher gewünscht. Das sonnige Wetter und vergleichsweise hohe Temperaturen hätten bei den Verbrauchern noch kein rechtes Weihnachtsgefühl aufkommen lassen. Die Folge sei ein später Start der Süßwaren in die Weihnachtssaison gewesen. Auch andere Sortimentsbereiche seien beeinträchtigt worden. Hinzu komme, dass der November 2010 für Fast Moving Consumer Goods (FMCG) und LEH ein sehr guter Monat war. Folglich hätten Basiseffekte eine bessere Umsatzentwicklung im laufenden Jahr „behindert“. Die Umsatzzuwächse von 1,3 Prozent für FMCG und 1,6 Prozent für die LEH-Vertriebsschienen bewertet die GfK daher als positiv. Sie resultierten jedoch nicht aus einer stärkeren Verbrauchernachfrage, sondern fast ausschließlich aus höheren Preisen.

Die Vollsortimenter im Lebensmitteleinzelhandel legten überdurchschnittlich zu und werden nach Prognosen der GfK als Jahresbeste durchs Ziel gehen. SB-Warenhäuser und Discounter hätten auch im November 2011 wieder gleichauf gelegen, aber deutlich hinter den Vollsortimentern. Das Wachstum der Discounter resultiere in deutlich höherem Maße aus Preissteigerungen als bei den anderen Vertriebsschienen. Die Preise seien aufs Jahr gesehen mehr als doppelt so stark gestiegen wie die der Vollsortimenter. Discounter könnten wegen ihres insgesamt niedrigeren Preisniveaus die teils deutlich steigenden Rohstoffpreise nicht so gut abfedern und müssten diese stärker auf die Endverbraucherpreise durchschlagen. Das Drehen an der Preisschraube, das nur zum Teil mit gestiegenen Rohstoffpreisen begründet werden könne, habe den Discountern jedoch keinen wirklichen Vorteil gebracht. Die promotionaktiven SB-Warenhäuser und die fleißig aktionierenden Drogeriemärkte hätten vor allem der Billigschiene Käufer und Umsätze streitig gemacht. Die Drogeriemärkte blieben laut Consumer Index im November zwar deutlich hinter der Entwicklung von Super- und Verbrauchermärkten zurück, liegen in der Kumulation fürs Jahr 2011 aber dennoch weit vorn. Der Hauptgrund dafür liege aber eher in der Stärke der LEH-Food-Vollsortimenter als in einer Schwäche der Drogeriemärkte, abgesehen von Schlecker. Allerdings sei die Preistendenz bei den Drogeriemärkten nach wie vor negativ, was am massiven Wettbewerb in diesem Segment liege.

Nachdem die von den Verbrauchern bezahlten Durchschnittspreise im LEH in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen waren, im Oktober zuletzt um 4,3 Prozent, habe sich der Preisauftrieb im November wieder etwas verlangsamt. Im LEH insgesamt seien die Preise in diesem Monat um 3,7 Prozent gestiegen. Ein Grund für den leicht gebremsten Preisauftrieb sei vermutlich ein Anstieg der Promotions, vor allem bei den LEH-Food-Vollsortimentern und den SB-Warenhäusern. Letztere erzielten mehr als ein Viertel ihres Umsatzes aus Aktionsverkäufen. Bei den Super- und Verbrauchermärkten sowie im Drogeriemarktbereich liege dieser Anteil bei einem knappen Fünftel, bei den Discountern trotz ihres dauerhaften Niedrigpreisniveaus bei rund einem Siebtel. Vollsortimenter hätten ihre Aktionen ausgebaut. Parallel dazu könne es sich der Handel bei einzelnen Artikeln auch erlauben, die aufgrund höherer Rohstoffpreise notwendigen Preiserhöhungen tatsächlich umzusetzen, wie etwa bei den zu Weihnachten beliebten Backzutaten.

Die wachsende Attraktivität der Vollsortimenter und der neuen Supermarktkonzepte für die Verbraucher zeige Auswirkungen nicht nur im Discountbereich, sondern auch im Fachhandel. Seit Monaten würden die FMCG insgesamt etwas schlechter abschneiden als die LEH-Vertriebsschienen Vollsortimenter, Discounter und Drogeriemärkte. Aufs bisherige Jahr gesehen betrage der Unterschied knapp einen halben Prozentpunkt. Das entspreche rund einem Viertel des Gesamtwachstums. Der Fachhandel sei nach wie vor insgesamt rückläufig. Im kommenden Jahr beschere der Kalender dem Handel ein wildes Auf und Ab. In den ersten drei Monaten seien allein wegen der Anzahl und der Lage der Einkaufstage rein rechnerisch jeweils drei Prozent mehr Umsatz möglich. Diese müssten natürlich „verdient” werden, zum Beispiel durch entsprechende Marketinganstrengungen. Denn auch wenn die Verbraucher mehr Zeit und Gelegenheit zum Einkaufen hätten, sei es nicht selbstverständlich, dass sie diese auch für den Konsum nutzten.

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