Handel muss mit veränderten Konsumaussichten rechnen

Die Zukunft ist nicht vorhersehbar, doch skizzierten Experten bei einer Tagung anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) anhand des heutigen Verhaltens und bereits einsetzender Entwicklungen Konsumperspektiven für Hersteller, Handel und Verbraucher bis zum Jahr 2020. Danach bestehen vor allem in demografischen Verschiebungen Herausforderungen.

Erhebliche Auswirkungen auf das wirtschaftliche Leben wird laut Dr. Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, zum Beispiel die künftige demografische Entwicklung Europas haben. Insgesamt werde die Gesamtbevölkerung zwar in etwa gleich groß bleiben, jedoch deutlich älter sein. Solche Entwicklungen würden großen Einfluss auf den privaten Konsum nehmen, der von soziodemographischen Eigenschaften und Einstellungen bestimmt werde. Generell hätten ältere Menschen andere Konsumgewohnheiten als jüngere. Europa werde sich von einer langen Phase des Wachstums verabschieden und gesellschaftliche sowie wirtschaftliche Modelle finden müssen, nach denen künftig Wohlstand ohne Wachstum möglich ist.

Hinsichtlich der Entwicklung der regionalen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen untersuchte GfK „GeoMarketing“ in einer Studie Deutschland, Italien, Schweden und Polen, deren Ergebnis eine Prognose der Kaufkraft in diesen Regionen für das Jahr 2020 sei. Eine hohe Kaufkraft wiesen danach 2008 Regionen in Skandinavien, Südirland, Süddeutschland, Norditalien, dem Ballungsraum Île de France und der Schweiz auf. Am besten aufgestellt sei von den drei westlichen Staaten Schweden, wobei die Wachstumsregionen vor allem im Südwesten lägen. Polen werde weiter aufholen, wohingegen die Entwicklung in Italien weitgehend stagnieren soll. Deutlich schlechter sehe die Prognose in Ostdeutschland aus, wo eine schwache Einkommensentwicklung und Bevölkerungsverluste voraussichtlich für großflächig rückläufige Kaufkraftdichten sorgen. Getragen durch die alten Bundesländer werde sich Deutschland insgesamt jedoch positiv entwickeln.

Wie sich der Handel in den kommenden Jahren entwickeln könnte, habe Franz Tessun von „Future Thinking & Training“ anhand von fünf Szenarien gezeigt. Diese setzten sich aus der Kombination der Bereiche „Handel“, „Handelsumfeld“, „Konsument sowie Gesellschaft“, „Wirtschaft und Politik“ und 18 Schlüsselfaktoren wie beispielsweise „Nahversorgung“ oder „Soziodemografie“ zusammen. Denkbar wären folgende alternative Zukunftsvarianten. Erstens könnte geringes Wachstum die Gesellschaft spalten und zu preisorientiertem Discount-Einkauf führen, was einen „Handel in der gespaltenen Gesellschaft“ nach sich ziehen würde. Zweitens hätten solides Wachstum und konservative Strukturen regionalen Wettbewerb um zusätzliche Dienstleistungen im Handel zur Folge, sodass sich „der Handel im Frühlingserwachen“ befände. Drittens könnten das Wachstum neuer Märkte und die Dominanz der jungen Generation den Wettbewerb um moderne, zusätzliche Dienstleistungen im Handel fördern, was den „Handel als Innovationsführer“ ausweisen würde. Darüber hinaus führten Wachstum und moderne Strukturen möglicherweise zu regionalem, aber mobilem Wettbewerb um zusätzliche Dienstleistungen im Handel, sodass „der Handel als Trendsetter“ zu bewerten wäre. Letztlich könnte sinkender Wohlstand preisorientierte Konsumenten auch zu Direktkonsumenten machen, sodass „der Handel als virtueller Erzeuger“ gelten würde.

Zudem ist das Internet laut Friedrich Fleischmann, Head of International Retail Services der GfK Retail and Technology, mittlerweile für 1,6 Milliarden Menschen weltweit ein Bestandteil des täglichen Lebens geworden und ermöglicht einen rasend schnellen Austausch von Informationen. Das bedeute auch, dass Verbraucher besser über Produkte, Preise, Qualität oder nicht gehaltene Qualitätsversprechen informiert seien. Neue Herausforderungen für den Handel seien daher schnelle Sortimentswechsel, besser informierte Kunden, eine höhere Preistransparenz und die jederzeit verfügbare Online-Kaufoption.

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