Gefälschte und nachgeahmte Ware: „Der Verbrauchern sollte informiertere Kaufentscheidungen treffen“

In der Vorweihnachtszeit decken sich Millionen Kunden in der EU-28 mit Weihnachtsgeschenken ein. Die negativen wirtschaftlichen Folgen von gefälschten Waren machen sich das ganze Jahr über bemerkbar. Laut einer Reihe von Studien, die vom Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) durch die Europäische Beobachtungsstelle durchgeführt wurde, gehen durch Produktfälschungen in neun Wirtschaftszweigen schätzungsweise über 48 Milliarden EUR —  bzw. 7,4 Prozent des Gesamtumsatzes —  pro Jahr verloren.
Echt oder eine Fälschung? In vielen EU-Ländern kaufen Verbraucher gefälschte Ware. Und das wirkt sich auf die Wirtschaft aus (© Screenshot Powatag 2015)

Betroffen sind die folgenden neun Wirtschaftszweige : Kosmetika und Körperpflegeprodukte, Bekleidung, Schuhe und Zubehör, Sportartikel, Spielzeug und Spiele, Uhren und Schmuckwaren, Taschen, Spirituosen und Weine sowie Arzneimittel. Bedingt durch diese Verkaufseinbußen werden in der EU unmittelbar 500 000 Arbeitsplätze abgebaut oder nicht neu geschaffen, da legal tätige Hersteller und bisweilen auch Vertreiber der entsprechenden Produkte weniger Menschen beschäftigen, als dies ohne Produkt- und Markenpiraterie der Fall wäre. 35 Milliarden Euro  entgehen den Volkswirtschaften der EU jedes Jahr durch die indirekten Auswirkungen von Produkt- und Markenpiraterie in diesen Branchen, weil die Hersteller weniger Waren und Dienstleistungen von Lieferanten beziehen, was zu einem Dominoeffekt in anderen Bereichen führt.

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Bezieht man die Folgewirkungen von Fälschungen auf andere Branchen mit ein, gehen weitere 290 000 Arbeitsplätze in anderen Wirtschaftszweigen der EU verloren. Insgesamt belaufen sich die jährlichen Verluste bei den Staatseinnahmen aufgrund von Produkt- und Markenpiraterie in diesen neun Wirtschaftszweigen, die sich in ausgebliebenen Einkommen-, Mehrwert- und Verbrauchsteuern niederschlagen, auf schätzungsweise 14,3 Milliarden Euro. Der Exekutivdirektor des EUIPO, António Campinos, erklärte dazu: Wir hoffen, dass die Ergebnisse unserer Studienreihe den Verbrauchern dabei helfen werden, informiertere Kaufentscheidungen zu treffen. Zwar ist die Situation nicht in allen Mitgliedstaaten gleich, doch das Gesamtbild zeigt sich eindeutig: die Produkt- und Markenpiraterie hat schädliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaften der EU und die Schaffung von Arbeitsplätzen.“

Italien

Schätzungen zufolge gehen jährlich 12,9 Milliarden EUR infolge von Produktpiraterie verloren, davon sind 8,1 Milliarden EUR unmittelbare Verluste in den genannten Wirtschaftszweigen, die sich auf 7,5 Prozent des Verkaufsumsatzes belaufen. Italien ist das am stärksten betroffene Land in puncto absoluter Verluste sowohl bei den Verkaufsumsätzen als auch bei den Arbeitsplätzen hinsichtlich aller Wirtschaftszweige und sowohl direkter wie indirekter Auswirkungen. Es ist das am schwersten betroffene Land hinsichtlich der Verkaufsumsatzeinbußen in den Bereichen Bekleidung, Arzneimittel, Taschen und Schmuckwaren und steht zudem in den beiden letztgenannten Branchen an erster Stelle bei den Arbeitsplatzverlusten.

Frankreich

Schätzungsweise 9,4 Milliarden EUR gehen jährlich infolge von Produktpiraterie verloren, davon sind 6 Milliarden EUR unmittelbare Verluste in den genannten Wirtschaftszweigen in Höhe von 6,6 Prozent des Verkaufsumsatzes. Dies entsprich 69 600 verlorenen Arbeitsplätzen, davon 38 500 unmittelbare Arbeitsplatzverluste in diesen Branchen. Frankreich ist das am zweitstärksten betroffene Land hinsichtlich der (direkten und indirekten) Gesamtumsatzeinbußen infolge von Produktpiraterie und das am drittstärksten betroffene Land in puncto unmittelbarer Verkaufsumsatzeinbußen. Im Hinblick auf die Arbeitsplatzverluste ist Frankreich das am fünftstärksten von Produktfälschungen betroffene Land.

Spanien

Schätzungen zufolge gehen jährlich 8,8 Milliarden EUR infolge von Produktpiraterie verloren, davon 7,1 Milliarden EUR unmittelbare Verluste in den genannten Wirtschaftszweigen, die sich auf 11,6 Prozent des Verkaufsumsatzes belaufen. Dies entspricht 98 500 verlorenen Arbeitsplätzen, davon 67 200 unmittelbare Arbeitsplatzverluste in diesen Branchen. Spanien steht an zweiter Stelle bei den Gesamtumsatz- und Gesamtbeschäftigungsverlusten und an dritter Stelle unter den Ländern mit höheren relativen Verlusten im Beschäftigungsbereich in den betroffenen Branchen. Spanien ist das Land der EU mit den höchsten Verkaufsumsatzeinbußen in den Bereichen Kosmetika und Weine und Spirituosen.

Deutschland

Schätzungen zufolge gehen jährlich 9,1 Milliarden EUR infolge von Produktpiraterie verloren, davon 6,1 Milliarden EUR unmittelbare Verluste in den genannten Wirtschaftszweigen, die sich auf 5,6 Prozent des Verkaufsumsatzes belaufen. Dies entspricht 84 400 verlorenen Arbeitsplätzen, davon 60 000 unmittelbare Arbeitsplatzverluste in diesen Branchen. Deutschland ist das am drittstärksten betroffene Land, wenn es um Gesamtumsatz- und Gesamtarbeitsplatzverluste infolge von Produktpiraterie geht, worin sich seine Bedeutung als Herstellerland widerspiegelt. Allerdings ist es auch das am fünftwenigsten von Arbeitsplatzverlusten in den genannten Branchen betroffene Land und steht an sechster Stelle bei den Verkaufsumsatzeinbußen, wobei die relativen Auswirkungen nur in einem Wirtschaftszweig – Taschen – über dem EU-Durchschnitt liegen.

Vereinigtes Königreich

Schätzungen zufolge gehen jährlich 7,5 Milliarden EUR infolge von Produktpiraterie verloren, davon 5,4 Milliarden EUR unmittelbare Verluste in den genannten Wirtschaftszweigen, die sich auf 6,7 Prozent des Verkaufsumsatzes belaufen. Dies entspricht 80 500 verlorenen Arbeitsplätzen, davon 50 800 unmittelbare Arbeitsplatzverluste in diesen Branchen. Das Vereinigte Königreich ist das am viertstärksten betroffene Land in puncto Arbeitsplatzverlusten infolge von Produktpiraterie und steht an fünfter Stelle hinsichtlich der absoluten Verkaufsumsatzeinbußen in allen Wirtschaftszweigen. Das Vereinigte Königreich ist das am schwersten von der Musikpiraterie betroffene Land.

Zur Studie: Die Studien wurden zwischen März 2015 und September 2016 vom EUIPO durchgeführt, um einen umfassenderen Überblick über die wirtschaftlichen Kosten der Produkt- und Markenpiraterie in der EU zu gewinnen. Die Studienreihe verfolgt auch die Auswirkungen von Produktfälschungen auf die öffentlichen Finanzen. Die Studienreihe wird im Laufe des Jahres 2017 mit Berichten über die wirtschaftlichen Auswirkungen von Produkt- und Markenpiraterie in den Bereichen Smartphones und Pestizide fortgesetzt und darüber hinaus noch weitere Wirtschaftszweige beleuchten, die hinsichtlich der Verletzungen von Rechten des geistigen Eigentums als anfällig gelten.