FC St. Pauli-Marketer Martin Drust: „Wir sind nicht ausgabenscheu“

Der FC St. Pauli will sich von der Marke zum Medium entwickeln. Mit dieser Aufgabe betraut ist der gestandene Agentur-Profi Martin Drust, früher bei Tribal DDB und Thjnk. Seine Erfahrung nutzt er für Innovationen aber auch für harte Verhandlungsführung mit Agenturen.

Wie stellen Sie sicher, dass die Werbung, die auf der Website vom FC St. Pauli zu sehen ist, auch zur Marke passt?

Es wird mit ziemlicher Sicherheit keine Displaywerbung geben. Programmatic-Systeme lassen wir außen vor. Aber es wird PreRolls geben, also sehr hochwertige Werbeformate und die sind tatsächlich in erster Linie unseren Hauptsponsoren vorbehalten. Drittvermarktung plane ich bislang gar nicht, da haben wir in der Vergangenheit auch schon schlechte Erfahrungen gemacht. Und tatsächlich reden wir bei Bannerwerbung und den TKP-Preisen dieser Tage ja über homöopathische Summen. Dafür muss ich mir keine Diskussionen ins Haus holen.

Sie sind es aus der Vergangenheit gewohnt mit sehr großen Budgets zu hantieren. Wie stellt sich das jetzt dar? St. Pauli ist chronisch klamm.

Es stimmt, ich war früher anderes gewohnt, aber Geld macht auch unkreativ und es ist nicht so, dass wir uns hier alles schenken lassen. Das ist uns in der Vergangenheit schon mehrfach auf die Füße gefallen. Nein, wer Geld verdienen will, muss im wirtschaftlich vernünftigen Rahmen auch Geld ausgeben. Und wir haben für die Website ganz klassisch eine Agentur beauftragt, damit wir die Zügel selbst in der Hand behalten. Wir sind nicht ausgabenscheu. Das gilt auch für Content. Uns ist natürlich klar, dass wir redaktionelle Leistung bezahlen müssen, aber dafür werden wir auch wesentlich höhere Erlöse erzielen, als bisher.

Wie steht es um die Digitalkompetenz im St. Pauli Marketing?

Wir sind fünf Leute. Eine Kollegin kümmert sich um das klassische Vereinsmarketing, zwei machen Jugendmarketing, eineinhalb sind für Soziales zuständig, also die Kiezhelden, und dann gibt es natürlich den Vermarkter, die UFA. Das war’s. Unsere Digitalkompetenz steckt vor allem im Medienbereich meines Kollegen Christoph Pieper, der den Medienhaus-Ansatz mit entwickelt hat. Insgesamt würde ich sagen, wir schieben an vielen Fronten gerade die richtigen Sachen an und setzen aufgrund unserer bescheidenen Manpower auf externe Beratung.

Wie kann ein redaktioneller Freigabeprozess mit so wenigen Leuten aussehen ?

Wir sind der FC St. Pauli, wir lassen unterschiedliche Meinungen zu. Natürlich werden wir versuchen, einzelne Sachen heraus zu filtern, aber das gilt vor allem für Dubletten, wenn zum Beispiel eine dpa-Meldung von St. Pauli-Fans via Twitter geteilt wird. Es wäre ja blöd und für das Google-Ranking schädlich, wenn das mehrfach erscheint. Uns ist schon klar, dass dieser neue Ansatz arbeitsintensiver ist als vorher.

Wenn ich Rostock-Anhänger wäre, würde ich am Sonntag früh um drei etwas Böses posten, weil da schläft das Marketing-Team.

Und dann soll was passieren?

Man nennt das landläufig Shitstorm.

Jetzt mal im Ernst: Was soll denn passieren? Hier kommen auch Leute her und schreiben böse Sachen mit einer Spraydose an die Stadionwand. Dann machen wir das halt weg.
Und im Zweifel regeln das dann unsere Fans. Wenn so etwas passiert, dann sind die Fans sofort da und rücken das Bild zurecht. Da haben wir einen großen Vorteil im Vergleich zu jeder kommerziellen Marke. Und man sollte beim Shitstorm ja auch darauf achten, ob man vielleicht selbst Mist gebaut hat und zu Recht einen abbekommt.