Erfolgskontrolle für den E-Commerce

Um Wachstumspotenziale in allen Geschäftsbereichen zu nutzen, braucht das Management ein strategisches Steuerungswerkzeug, das das Unternehmen als Ganzes abbildet. Die Balanced Scorecard (BSC) erfüllt diese Aufgabe: Sie zieht auch nicht-monetäre Parameter wie die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit zur Erfolgskontrolle einer Geschäftsstrategie heran. Die vom Business Intelligence-Anbieter SAS entwickelte Web Scorecard (WSC) nutzt das Konzept der Balanced Scorecard, um den Erfolg eines Unternehmens im Internet zu messen: Mit der WSC können Unternehmen die Qualität ihrer E-Commerce-Strategie überprüfen und so die Performance ihres Online-Shops optimieren.

Ob „Dotcom” oder traditioneller Großkonzern – wenn ein Unternehmen im Online-Handel Geld verdienen will, muss es sich auf die uralte Erfolgsformel vom „König Kunde“ besinnen und seinen Käufern eine Service- und Produktpalette bieten, die höchsten Ansprüchen gerecht wird – nur so können „Laufkunden“, die das erste Mal den Online-Shop besuchen, zu loyalen Stammkunden werden. Kundenorientierung im E-Commerce bedeutet zum Beispiel, Webseiten grafisch wie funktional optimal an die Bedürfnisse der Käufer anzupassen, lange Ladezeiten zu vermeiden oder das Produktangebot nach den Wünschen der Kunden zu gestalten. Doch wie erfährt der Onlinehändler, ob seine E-Commerce-Strategie den Anforderungen der Kunden gerecht wird? Hier gibt die Web Scorecard – eine Performance-Management-Lösung, die auf dem Konzept der Balanced Scorecard basiert, umfassend Auskunft über sämtliche Erfolgsparameter für ein profitables Online-Geschäft.

Die WSC erschließt Ursache-/Wirkungsbeziehungen zwischen den einzelnen Parametern, so dass Unternehmen aussagekräftige Informationen für zukunftsorientierte E-Commerce-Strategien gewinnen.
Bei der Web Scorecard steht die Diskussion der E-Business-Strategie am Beginn eines umfassenden Performance-Management: Was will das Unternehmen erreichen? Mit welchen Zielen und Maßnahmen? Welche Vorgaben können gesetzt werden? Die WSC übersetzt die Unternehmensvision und abstrakte E-Commerce-Strategien in konkrete Ziele, die zueinander in Beziehung gesetzt werden. Mit Hilfe von Kennzahlen kann das Management den Erfolg einer E-Commerce-Strategie in allen Unternehmensbereichen messen, die für den Online-Handel relevant sind. Um die Umsetzung der Strategien voranzutreiben, werden aus den Zielen Aktionen abgeleitet, mit denen diese Strategien verwirklicht werden sollen. Dabei entwickelt die WSC die Messgrößen aus drei Perspektiven, die alle Aspekte eines Internet-Shops abdecken: Die System-, die Angebots- und die Kundenperspektive.

Blick aus drei Perspektiven

Die Systemperspektive berücksichtigt die technologische Basis des Webauftritts wie die Serverlandschaft, Performanceaspekte oder auch Service Level Agreements mit Providern. Aus Anwendersicht spielt die End-to-End-Responsezeit eine zentrale Rolle bei der Beurteilung des Webauftritts. Auf Unternehmensseite liegt der Fokus auf der Serververfügbarkeit: Die Systemperspektive zielt auf den Datendurchsatz und die Auslastung der Server zu bestimmten Zeiten. Mit Methoden zum Fehler-Tracking können die Unternehmen bei einem Systemausfall im laufenden Betrieb eine exakte Ursachenanalyse vornehmen. Auf Basis dieser Informationen lassen sich die erforderlichen Serverkapazitäten realistisch einschätzen und die Service Level Agreements zwischen E-Commerce-Anbietern und ihren Providern an die Systemanforderungen anpassen. Strategische Ziele in der Systemperspektive könnten zum Beispiel sein, die Zeit für den Aufbau der Webseiten zu minimieren oder die Auslastung der Infrastruktur zu verbessern.

Die Angebotsperspektive adressiert den Zugriff auf Anwendungen und Inhalte: Welche Seiten werden wann und wie lange besucht? Welche Einstiegsseiten werden dabei gewählt? Was sind typische Ausstiegsseiten? Wo liegen Schwächen im Webdesign? Strategische Ziele liegen hier zum Beispiel im Ausbau der Besucherzahlen oder in der Attraktivitätssteigerung der Webangebote.

Die Kundenperspektive integriert zusätzliche Aspekte, die das Navigations- und Kaufverhalten der jeweiligen Kunden untersucht: Welche typischen Kaufmerkmale gibt es bei den Anwendern, welche Profile lassen sich daraus entwickeln? Welcher Kundentyp weist besonders hohe oder niedrige Kaufwahrscheinlichkeiten für ein bestimmtes Produkt auf? Diese Untersuchungen liefern Informationen für personalisierte Websites: Klickt sich ein Besucher mit einem definierten Profil auf die Website, erscheint automatisch ein auf seine spezifischen Interessen zugeschnittenes Angebot. In der Kundenperspektive zielt die Unternehmensstrategie beispielsweise auf eine hohe Konversionsrate, das heißt, möglichst viele Gelegenheitskäufer als Stammkunden zu gewinnen. Ein anderes Ziel könnte die Steigerung des Umsatzes pro Kunde sein.

Studie zur Balanced Scorecard

Der Business Intelligence-Anbieter SAS und die Management-Consulting-Firma Horváth & Partner haben zusammen mit mehreren europäischen Universitäten eine Studie zur Balanced Scorecard erstellt. Befragt wurden 145 Führungskräfte aus etablierten Großunternehmen und nicht-börsennotierten Firmen in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien. Die Studie bestätigt die Stellung der Balanced Scorecard als wichtigstes Management-Konzept in europäischen Unternehmen: 98 Prozent aller befragten deutschen, 83 Prozent aller britischen und 62 Prozent aller italienischen Unternehmen sind mit dem BSC-Konzept vertraut. 25 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland, Italien und Großbritannien setzen die BSC bereits ein. In Deutschland planen 60 Prozent aller interviewten Unternehmen, die BSC bis zum Jahr 2002 einzuführen. Damit wird Deutschland bei der Realisierung dieses Konzepts vermutlich an der Spitze liegen.
„Die Balanced Scorecard wendet sich sowohl an Shareholder Value- als auch an Stakeholder Value-orientierte Unternehmen. Wie die Studie zeigt, ist dies ein Grund dafür, dass das Konzept in Europa so schnell Akzeptanz gefunden hat“, sagt Peter Horváth, CEO von Horváth & Partner. „Ein weiterer Grund dafür ist, dass mit der Balanced Scorecard ein leicht zu implementierendes, strukturiertes System vorliegt: Damit können Strategien in konkrete Aktivitäten übersetzt werden.“

Die Web Scorecard fasst verschiedene Kennzahlen zusammen, um Aufschluss über das Erreichen eines strategischen Ziels zu geben: Die Attraktivität des Webangebots kann zum Beispiel anhand der Kennzahlen „Anzahl Page Impressions”, „Anzahl Besucher”, „durchschnittliche Verweilzeit” und „mittlere Anzahl besuchter Seiten” gemessen werden. Grundlage der Messgrößen sind die Navigations- und Transaktionsdaten, die die Besucher einer Website mit jedem Klick produzieren. Die alleinige Analyse dieser Log Files reicht jedoch nicht aus: Um substanzielle Informationen über die Qualität des E-Commerce-Angebots zu gewinnen, müssen auch andere Unternehmensdaten – etwa aus ERP-Systemen – in die Performancemessung integriert werden. Hier helfen sogenannte E-Intelligence-Werkzeuge: Sie ermöglichen eine ganzheitliche Sicht in Richtung Customer Relationship Management, Supplier Relationship Management und IT Services Delivery.

„E-Intelligence“ für die Datenanalyse

Der Begriff E-Intelligence fasst verschiedene technologische und analytische Verfahren zusammen, mit denen sich die Messgrößen der WSC gewinnen lassen. Um eine qualitative Analyse der Transaktions- und Navigationsdaten sowie der Daten aus den ERP-Systemen vorzunehmen, brauchen Unternehmen „Web Intelligence”, wie eine Studie des Marktforschungsunternehmens Forrester Research formuliert: „Intelligenz” ist erforderlich, weil erst die qualitative Analyse der Daten richtungsweisende Ergebnisse zu Fragen wie „Wie identifiziere ich profitable Kundenkreise?” oder „Wie binde ich Kunden langfristig an mein Unternehmen?” liefern können.

E-Intelligence ermöglicht Unternehmen, ihr Online- Angebot optimal an die Kundeninteressen anzupassen, das Kundenverhalten genauer vorauszusagen, die gewonnenen Informationen und Erkenntnisse nach verschiedenen Kriterien aufzubereiten und an die Personen weiterzuleiten, die das Wissen benötigen. Dazu bedarf es leistungsstarker Analysewerkzeuge: OLAP (Online Analytical Processing) erlaubt das vielschichtige und komplexe Erkennen und Analysieren von Zusammenhängen, während Data Mining und Neuronale Netze auf bisher unbekannte Muster hinweisen und damit wichtige Informationen für neue Geschäftsmöglichkeiten im Cross Selling liefern. Unter Web Mining versteht man den Einsatz von Data Mining-Verfahren zur Analyse des Verhaltens von Webseitenbesuchern. Mit Hilfe von Web Mining lassen sich zum Beispiel Nutzerprofile zur Prognose des Kaufverhaltens modellieren.

Fazit

So wie die Balanced Scorecard ein Unternehmen mit all seinen Leistungstreibern, den nicht-physischen Vermögenswerten, dem intellektuellen Kapital und dem Innovationspotenzial abbildet, so gibt die Web Scorecard umfassend Auskunft über sämtliche Erfolgsparameter im E-Commerce. Dabei liegt der Fokus auf der Kundenorientierung: Nur wer dem Kunden das Einkaufen mit einem individualisierten Produktangebot, optimal gestalteten Websites oder kurzen Ladezeiten so angenehm wie möglich macht, kann seinen Internet-Shop profitabel führen. Ausgefeilte Analyseinstrumente wie die E-Intelligence-Tools liefern Web-Shop-Betreibern das notwendige Wissen, um den Erfolg ihrer E-Commerce-Strategie zu evaluieren.

Weitere Informationen zur klassischen Balanced Scorecard gibt es hier.


Autor: Jan-Ole Romann, Product and Solution Marketing, SAS Deutschland
eingestellt am 20. Dezember 2001

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