Erfolgsfaktor „Simplicity“: Warum Kundenservices einfach sein müssen

Märkte und Technologien werden vielschichtiger. Das Innovationstempo überfordert viele Kunden. Die Komplexität im Kundenservice lässt sich aber kaum reduzieren, denn die Vielfalt an Kanälen ist unverzichtbar. Was vermieden werden kann, ist Kompliziertheit, wie CRM-Experte Harald Henn erläutert.
Lernen via PC und nicht mehr im Seminarraum. Ist das die Zukunft? (© Fotolia 2015)

So sehr Smartphones, Apps und das mobile Internet mit seinem Komfort geschätzt werden, so groß ist gleichzeitig die Gefahr, im Dickicht der Medien, Kanäle und Systeme den Überblick zu verlieren. Durch Reduktion der Komplexität das Problem zu lösen, klingt einleuchtend. In vielen Fällen ist dies jedoch schlicht nicht möglich. Denn im Kundenservice haben es Unternehmen heute mit Telefon, Chat, SMS, Apps, dem Internet, Fax, E-Mail, dem Ladengeschäft oder der Niederlassung und eventuell noch dem Außendienst zu tun.

Vor zwanzig Jahren lief ein Großteil der Kommunikation offline; das Telefon war auf dem Vormarsch, E-Mail, Chat und Internet so gut wie nicht existent. Aber heißt Komplexität zu reduzieren, bestimmte Kanäle nicht mehr zu bedienen? Ein Ding der Unmöglichkeit! Und so verhält es sich mit vielen Dingen in einem Unternehmen. Die globalisierte vernetzte Welt ist hoch komplex.

Komplizierte Prozesse schmälern Kundenloyalität

Anders sieht es aus, wenn Dinge kompliziert sind: wenn Kunden etwas nicht verstehen, wenn es Widersprüche gibt, wenn die Produkte und Prozesse schlecht erklärt sind, sodass sie Zeit kosten oder schlichtweg nerven. Wenn zum Beispiel der neue Huawei USB Datenstick mit der neuen Version des Apple Macbook Pro Betriebssystems Yosemite nicht funktioniert, dann ist das komplex. Muss sich der Anwender zur Behebung des Problems bei seinem Provider durch Hotline Sprachdialog Menüs, Weiterverbinden zur Apple Hotline und das ständige Wiederholen des Sachverhaltes quälen, ist das kompliziert.

Kompliziertheit könnte auch als Maßeinheit für die Unwissenheit eines Kunden bezeichnet werden. Dies wäre an sich kein Problem, dem sich ein Unternehmen widmen müsste, wenn es keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Loyalität und Zufriedenheit eines Kunden hätte. Das Gegenteil ist aber der Fall: Es gibt einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Aufwand, den ein Kunde treiben muss, um sein Serviceanliegen zu lösen, und der Loyalität zu einem Unternehmen. Je weniger Zeit ein Kunde benötigt, je einfacher es ist, eine Lösung zu erhalten, umso höher sind die Auswirkung auf die Loyalität. Für den Kundenservice heißt das, Prozesse, Abläufe und Systeme einfach zu gestalten – wohl gemerkt: in einer komplexen Welt.

Wie lässt sich Simplicity erreichen?

Soll „Einfachheit“ die Maxime des Kundenservice sein, lassen sich die Systeme und Prozesse anhand der drei Prinzipien Kontext, Reduktion und Zeitaufwand wirkungsvoll an dieser Zielformulierung ausrichten:

1. Kontext

Unternehmen müssen verstehen, „wo der Kunde gerade steht“, was ihn bewegt, was ihm jetzt aktuell in seiner individuellen Situation hilft. Die Kernaufgabe lautet, den Kunden dort abzuholen, wo er sich gerade befindet. Dazu muss sich das Unternehmen in seine Situation hineinversetzen können. Welche Fragen und Sorgen hat der Kunde? Welche Informationen besitzt er? Welche Systeme hat er zur Verfügung? Was hilft ihm jetzt im nächsten Schritt?

2. Reduktion

Die Kunst des Weglassens, oder um es mit dem Mini-Werbeslogan „Reduce to the max“ zu sagen, muss zum Anspruch werden. Wenn die Verantwortlichen im Kundenservice bei Systemen und Prozessen auf Schnick-Schnack verzichten, wenn sie sich auf die relevanten Kernaufgaben fokussieren und alles Störende und Irritierende weglassen, dann haben sie ihr Ziel erreicht. Leider ist in der Praxis die Versuchung groß, dem Kunden vermeintlichen „Mehrwert“ zu bieten, wie der Link zu Partner-Angeboten oder bunte, schillernde Menüs, die gut aussehen, sich aber nicht selbst erklären. Minimalismus setzt sich leider in der Praxis noch selten durch.

3. Zeitaufwand

Zeitdiebe lauern überall im Kundenservice – oft unabsichtlich für den Kunden kreiert, dennoch ärgerlich. Denn wenn es überhandnimmt mit den Zeitfressern, dann sind diese Fehlkonstruktionen verantwortlich für Kündigung und Abwanderung.

Es sind mehrere Schrauben und Stellhebel, an denen der Kundenservice arbeiten muss. Zum einen gilt es, die Medien und Kanäle zu orchestrieren. Lässt sich die Komplexität schon nicht reduzieren, muss im Minimum dafür gesorgt werden, dass es keine Medien- und Kanalbrüche gibt und dass Inhalte und Informationen konsistent sind. Dazu ist es hilfreich zu analysieren, welche Medien und Kanäle zu welchen Zwecken im Kundenservice genutzt werden. Wie navigiert der Kunde? Welche möglichen Widersprüche und Irritationen gibt es bei den Inhalten?

Über den Autor: Harald Henn ist Geschäftsführer der Marketing Resultant GmbH und bietet Best Practice Beratung für Call Center und CRM-Projekte.

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