„Die nächste Sau“

M-Commerce ist noch gar nicht richtig in Schwung gekommen, da gibt es schon die nächste Sau, die - natürlich in Form einer Pressemitteilung - durchs Dorf getrieben wird: V-Commerce.

Für alle Nichteingeweihten auch Voice-Commerce. Per Telefon beziehungsweise Handy werden über Sprachportale Tickets reserviert, Bücher gekauft oder Informationen abgerufen. Und wen wundert ´s: Der Markt für Voice-Commerce wird in wenigen Jahren größer sein, als der von E- und M-Commerce zusammen.

So ist jedenfalls Christoph Pfeiffer, Gründer und Vorstandsvorsitzender der Bad Homburger Claritiy AG zu vernehmen. Wenn diese Vorhersage nicht zufällig von dem nach eigenen Angaben führenden Software- und Servicelieferanten für Sprachportale in Europa gekommen wäre, wir hätten es fast ernst genommen. Böse könnte man aber auch behaupten, dass das vielleicht gar keine Kunst ist, denn M-Commerce wurde gerade erst als Hoffnungsträger auf der Cebit gehandelt, wohingegen E-Commerce noch der Durchbruch auf breiter Front fehlt.

Besonders brisant die vielfachen Belege für den zukünftigen Erfolg des V-Commerce innerhalb derselben Pressemeldung des Unternehmens: Bis 2010 werden 72 Millionen-Handy-Nutzer prognostiziert, bis 2005 wird es „nur“ 400 Millionen PCs weltweit geben!? Sogar Studien von Forrester Research werden herangezogen, um zu belegen, dass das Marktvolumen des V-Commerce im Jahre 2003 weltweit bei 450 Milliarden Euro liegen soll. Das gleiche Marktforschungsinstitut sprach 1999 von einem potenziellen weltweiten E-Commerce Umsatz in 2003 von 3,2 Billionen US Dollar.

Zahlen werden gerne herangezogen. Logik und saubere Abgrenzung selbiger bleiben häufig auf der Strecke. Man kann gespannt sein welche der vielen Prognosen eintreffen. Gerade vor diesem Hintergrund steht man als Konsument wie Journalist ratlos vor den Auguren. Sollen wir dem Propheten, der der E-Gemeinde gerade krampfhaft den V-Hype zu verkaufen sucht, glauben. Eines steht fest: Längst machen die Konsumenten nicht mehr alles, was auch technisch möglich ist, mit. Man fragt sich unwillkürlich: Haben die Prognostiker in den Unternehmen eigentlich nichts gelernt?