Die kostengünstige Art, verärgerte Kunden zurückzugewinnen

Oracle steht kurz vor der Übernahme von Rightnow. Der Grund: Rightnow treibt die Integration mobiler Daten und solcher aus sozialen Netzwerken mit Hochdruck voran. Und zwar nicht akademisch, sondern mit klarem Business-Mehrwert. Im Interview erläutert Greg Gianforte, Gründer und CEO von Rightnow, worin der Wert von Customer Experience Management liegt und welche spannenden Trends er derzeit sieht.

Herr Gianforte, warum passen Oracle und Rightnow zusammen?

GREG GIANFORTE: Ich darf das in dieser Phase natürlich nicht kommentieren. Aber so viel ist offensichtlich: Um weiter zu wachsen, brauchen wir mehr Leute auf der Straße, direkte Vertriebskontakte. Und die hat Oracle.

Sie stellen das Thema Customer Experience in den Mittelpunkt ihrer Softwarestrategie. Was hat es damit auf sich?

GIANFORTE: Die klassische Differenzierung nach Kanälen funktioniert nicht mehr. Wir müssen raus aus dem Silodenken. Customer Experience beschreibt die Summe aller Kontakte zwischen Unternehmen und Kunden, outbound und inbound. Das kann der Anruf bei einer Hotline ebenso sein wie das Betrachten eines Werbeplakats.

Das ist kein neuer Gedanke.

GIANFORTE: Absolut nicht. Neu ist aber, dass dieses Denken in naher Zukunft geschäftsentscheidend sein wird. Wir sehen derzeit, dass eine Produktdifferenzierung immer schwieriger wird und die Preisdifferenzierung praktisch gar nicht mehr möglich ist angesichts der Transparenz der globalen Märkte. Außerdem funktioniert klassisches Marketing immer schlechter. Die Botschaften tragen doch nur zu einer Erhöhung des Lärmpegels bei, dem die Kunden ausgesetzt sind. Das Schlachtfeld von morgen ist somit die Customer Experience. Hier können sich Unternehmen differenzieren und zum Beispiel die Kosten senken, die zur Rückgewinnung verärgerter Kunden nötig sind.

Ist nicht Apple ein gutes Beispiel dafür, dass Produktdifferenzierung funktioniert?

GIANFORTE: Ja und Nein. Ja, weil Apple Customer Experience zur Produktphilosophie gemacht hat. Aber gerade der Tabletmarkt zeigt, wie schnell Wettbewerber mit ähnlichen Produkten auf den Markt kommen. Da bleibt nicht mehr viel Innovationsvorsprung übrig. Und ich bin übrigens der Meinung, dass gerade Apple vorsichtig sein muss, denn im Servicebereich ist die Customer Experience nicht immer die Beste.

Sie haben gerade Supportimplementierungen für mobile Endgeräte gezeigt und setzen konsequent auf Apps. Wird der App-Hype anhalten?

GIANFORTE: Wir setzen deshalb auf Apps, weil wir im Web schon stark vertreten sind mit der Einbindung von Knowledgebases oder Kontaktmodulen. Es ist doch Unsinn zu glauben, dass Websites aufhören zu existieren, weil mobile hinzu kommt. Das wird nebeneinander existieren. Aber aus Sicht der Customer Experience können wir ein Smartphone nicht genauso behandeln wie einen Desktop-Client. Einerseits wissen wir mehr über den Nutzer, zum Beispiel seine aktuelle Position, andererseits kann seine Technik weniger leisten, zum Beispiel keine Videokonferenz.

Kritiker halten Ihnen entgegen, dass Customer Experience Management nur eine Worthülse für besseres Customer Relationship Management ist.

GIANFORTE: CRM ist teuer und für die meisten, die es ausprobiert haben, kam nicht viel dabei heraus. Der Fokus lag dabei ja immer auf der internen Prozessoptimierung. CEM ist weit mehr als das. CEM umfasst CRM und ergänzt die Kundenperspektive. Außerdem ist die Installation proprietärer Software kein Weg, der für Investitionssicherheit und Zukunftsfähigkeit steht. Das ist in etwa so, als würde man Kopfschmerzen stets mit einer Gehirnoperation behandeln. Das SaaS-Modell hat den Markt hier komplett umgekrempelt. Wir fangen mit einer Aspirin an und lösen bei unseren Kunden zunächst einzelne kleine Probleme. Der Kunde ruft den Teil unserer Lösung ab, den er benötigt. Tatsächlich machen unsere Kunden im Durchschnitt sechs bis acht Projekte in den ersten drei Jahren.

Gilt das auch für Business-to-Business?

GIANFORTE: Weniger. Unser Fokus liegt klar auf Business-to-Consumer. Bei B-to-B kann man die Servicekosten oft weiterberechnen, bei B-to-C fressen sie die Marge weg. Das bettelt ja förmlich um Automatisierung. Allerdings sehe ich auch einen Trend zur Konsumerisierung von B-to-B. Auch Geschäftspartner wollen so gut wie Kunden behandelt werden.

Wo geht die Entwicklung im Bereich Customer Experience hin?

GIANFORTE: Derzeit fokussieren wir auf Service und Support, das wird aber zusehends auch für das Marketing wichtig. Ich sehe zwei spannende Trends. Zum einen wollen wir die Kunden dazu bringen, anderen Kunden zu helfen. Husqvarna macht das toll mit der Answer Army. Und zweitens wäre die optimale Customer Experience natürlich die Beteiligung an der Produktentwicklung. Wir müssen die Konsumenten immer stärker in die Umgebungen der Unternehmen integrieren.

Das Gespräch führte Frank Puscher.

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