Deutschland – ein Kundenkarten-Entwicklungsland

Viele Unternehmen wollen durch gezielte Kundenbindungsmaßnahmen die Loyalität ihrer Kunden steigern. Zielsetzung des Kundenbindungsmanagements ist es, „die Bereitschaft zum Anbieter- bzw. Markenwechsel zu verringern, damit einhergehend die Wiederkaufrate zu erhöhen“ (Meffert 1998). Der folgende Beitrag zeigt, welchen Beitrag Kundenkarten dazu leisten können.

Das Ziel der Kundenbindung kann über verschiedene Strategien verfolgt werden: Vertragliche, technisch-funktionale, ökonomische und emotionale Strategien. Vordergründig mögen Verträge, Wechselkosten und Convenience zwar Kundenbindung suggerieren. Aber nur zufriedene, bestenfalls loyale Kunden fühlen sich dem Unternehmen verbunden und bleiben auch dann – freiwillig – als Kunden erhalten, wenn die faktischen Barrieren fallen und empfehlen das Unternehmen oder seine Produkte weiter. Auf diese Weise wird Loyalität erzeugt: Loyale Kunden zeichnen sich durch die Eigenschaften Verbundenheit, Freiwilligkeit, Weiterempfehlungen, Verteidigungsbereitschaft aus. Ein Schritt zu diesem Ziel kann die Ausgabe einer Kundenkarte sein.

Kundenkarten nach dem Wegfall des Rabattgesetzes

Kundenkarten als Mittel zur Kundenbindung erfreuen sich derzeit bei Unternehmen wie Kunden einer großen Beliebtheit, denn nicht zuletzt durch den Wegfall von Rabattgesetz und Zugabeverordnung im Sommer 2001 bieten sich für Handel und Dienstleistung eine Fülle neuer Ansätze. Seit dem 25. Juli 2001 sind die beiden Rechtsnormen aus den 30er-Jahren endgültig außer Kraft. Hintergrund ist die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. Danach müssen ausländische Anbieter, die über das Internet auf dem deutschen Markt Waren anbieten, sich nicht mehr an das deutsche Rabattrecht halten. Um Nachteile für deutsche Unternehmen zu verhindern war es notwendig geworden, das „tendenziell innovationsfeindliche Rabattgesetz“ (so das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) und die Zugabeverordnung abzuschaffen.

Zwar setzt auch weiterhin das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) den Kundenkartensystemen in Deutschland gewisse Grenzen, jedoch gilt es gerade jetzt die neuen Möglichkeiten weitestgehend auszureizen. Aufschlussreiche Erkenntnisse hierzu bietet die jüngst veröffentlichte Studie „Kundenkarten International – Best Practices“, welche durch die Analyse der führenden Kundenkartensysteme aus sieben verschiedenen Ländern , in denen es weder RabattG noch ZugabeVO gibt bzw. je gab, die „Do`s“ und „Don`ts“ rund um das Thema aufzeigt.

Eigene contra branchenübergreifende Kundenkarte

Beim Vergleich der verschiedenen Branchen fällt auf, dass in der Tourismus- und Reisebranche so gut wie kein Unternehmen ohne eigenes Kundenkartensystem auskommt. Insbesondere Hotelketten und Fluglinien setzen annähernd ohne Ausnahme auf Kundenkarten, meist in Form von Bonusprogrammen. Das wesentlichste Ziel liegt dabei jedoch in der strategischen Markenführung, verbunden mit Verkaufsförderungs- und Vertriebsaspekten. Angesprochen werden vor allem beruflich Vielreisende. Diesen werden persönliche Vorteile angeboten, sollten sie sich für das Angebot des kartenherausgebenden Unternehmens entscheiden. Ähnliche Motivationen liegen hinter dem – auch außerhalb der Tourismus- und Reisebranche – festzustellenden Trend, mehrere Kundenkarten zu akzeptieren. So bieten viele Unternehmen zwar eigene Kundenkarten an, nehmen aber trotzdem an einem oder mehreren unternehmensübergreifenden (Air Miles) oder kooperierenden (Lufthansa Miles & More) Programmen teil. Damit soll einem Kunden, der verschiedene Alternativen zur Auswahl hat, eine Entscheidungshilfe geboten werden.

Ein differenzierteres Bild ergibt sich beim Handel. Im weltweiten Vergleich sind in Deutschland Kundenkarten im LEH bisher relativ wenig verbreitet. Es wird aber deutlich, dass viele Unternehmen (zumindest in einigen Vertriebslinien) eine Strategie ohne Kundenkarte bestreiten und dennoch sehr erfolgreich sind. Betrachtet man die deutsche Einzelhandelskultur und vergleicht sie mit denen anderer Nationen, so zeigt sich auch ein möglicher Grund hierfür: Der seit Jahren andauernde Preiskrieg. Insbesondere die massive Führungsstellung der Discounter spricht gegen eine starke Verbreitung von Kundenkarten im LEH. Auch im Ausland wurden diese Erfahrungen gemacht: Discounter und sehr preisaggressive Unternehmen schafften ihre Kundenkarten-Systeme wieder ab, während hochwertige Anbieter durch ansprechende und kundenorientierte Kundenkartenprogramme noch erfolgreicher wurden. Ähnliches ist auch in Deutschland zu beobachten – service- und leistungsorientierte Unternehmen wie Douglas und Budnikowsky setzen ihre Kundenkartenprogramme mit großem Erfolg ein.

Während in den USA der Schwerpunkt auf firmeneigenen Kreditkarten liegt und in Großbritannien die unternehmenseigenen Bonusprogramme überwiegen, dominieren in Holland die branchenübergreifenden Bonusprogramme. Die sich in England dagegen nicht so recht durchsetzten konnten. Vergleicht man das dort größte unternehmensübergreifende Programm Air Miles mit den beiden größten Handelsprogrammen, Tesco Clubcard und Sainsbury Reward Card, so zeigen sich signifikante Akzenptanz- und Nutzungsunterschiede. Zwar nehmen über 300 Unternehmen am Air Miles Programm teil – doch die Akzeptanz auf Kundenseite ist durchwachsen. Die Verbraucher in Großbritannien antizipieren offenbar in hohem Maße den Nutzen, der ihnen durch die intensive Datennutzung bei Tesco und Sainsbury geboten wird. Das ausgefeilte Database-Marketing und Data Mining bildet denn auch die Ursache dafür, dass Air Miles von rund 4,5 Millionen, Sainsbury und Tesco jedoch von jeweils über 10 Millionen Karteninhabern genutzt werden. Zudem haben unternehmensübergreifende Programme oft die Eigenschaft, dass Loyalität zum Programm aufgebaut wird und nicht zu den angeschlossenen Unternehmen, die aus Sicht des Kunden weitestgehend austauschbar sind.

Kundenkarten – nicht nur für den Handel interessant

Beim Stichwort „Kundenkarten“ denkt man zunächst an Branchen wie Einzelhandel, Fluggesellschaften, Autovermietungen und Hotels. Dass auch in ganz anderen Branchen – bis hin zur Konsumgüterindustrie – Kundenkarten erfolgreich eingesetzt werden, wird dabei oftmals vernachlässigt. Im folgenden finden Sie daher eine kurze Übersicht über einige der „Exoten“ unter den Kundenkarten.

In Deutschland und Österreich geben auch Parteien Mitgliedskarten heraus. Während die Mitgliedskarte der österreichischen SPD gerade relaunched wird, haben auch die 760.000 Parteimitglieder der deutschen SPD die Möglichkeit, aus ihrer Mitgliedschaft einen Zusatznutzen zu ziehen. Seit Oktober 2000 besitzen alle Mitglieder eine SPD-Card. Eine Studie der SPD hatte ergeben, dass die Parteimitglieder sich einen Mehrwert aus ihrer Mitgliedschaft wünschen. Daher wurde versucht, Ident-Angebote geschaffen – Angebote, die möglichst den Kriterien sozial, innovativ, ökologisch und nachhaltig entsprechen. In Kooperation mit verschiedenen Partnern werden u. a. günstige Versicherungen, EDV-Lösungen, Touristikangebote, Musicalbesuche, Zeitungen oder Vergünstigungen beim Kinobetreiber Cinemaxx angeboten. Die Karte ist derzeit noch funktionslos und dient nur als Ausweis, soll aber als Kreditkarte mit Charity-Funktion ausgebaut werden. Auch die FDP will mit einer „Kundenkarte“ starten: Bestimmte Vergünstigungen, die die Partei erhält, sollen zukünftig an alle Mitglieder weitergegeben werden – die FDP soll, so Jörg Paschedag, Abteilungsleiter Organisation und Finanzen bei der FDP, zu einem „Netzwerk mit Nutzwert“ ausgebaut werden. Optional soll auch eine Kreditkarte ausgegeben werden.

Verkaufsförderung durch Kundenkarten

In den verschiedensten Fällen sind Debit- oder Kreditkarten mit einem Zusatznutzen für den Kunden ausgestattet – das können Versicherungsleistungen sein, Sonderkonditionen oder auch ein kulturelles Angebot. Besonders interessant erscheinen EC-Karte, Mastercard und Visacard, die die Schweizer Raiffeisenbanken seit dem Jahr 2000 ausgeben: Die Kreditkarte gilt als Eintrittskarte in mehr als 260 Schweizer Museen. Zusätzlich zum Karteninhaber können bis zu fünf Kinder kostenlos die Museen nutzen. Die Ziele, einen attraktiven Zusatznutzen anzubieten und die Schweizer Museen zu unterstützen, waren bereits nach einem halben Jahr erreicht.

Die Schweizer Helsana ist – mit über 3,5 Milliarden Franken Prämienertrag die führende Krankenversicherung der Schweiz. 2.500 Mitarbeiter betreuen die 1,4 Millionen Versicherten. Seit 1990 können die Versicherten der Helsana in 1.600 Schweizer Apotheken ihre Versichertenkarte nutzen – die Verrechnung erfolgt direkt zwischen Apotheke und Versicherung. Je nach Versicherungsdeckung bieten die Karten unterschiedliche Leistungen. Erfasst werden Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand der Versicherten. Abhängig vom Gesundheitszustand der Versicherten liegt der Umsatz pro Karte um 200,00 Franken.

Kundenkarten in diversen Branchen

Auch die amerikanischen Spielcasinos haben Kundenkarten für sich entdeckt – die beiden größten Casinobetreiber, MGM Mirage und Harrah’s Entertainment, bieten seit geraumer Zeit Kundenkarten an, um die Spieler enger an ihre Unternehmen zu binden. Die Spieler sammeln Bonuspunkte, die auch an den Spielgeräten angezeigt werden. Sie erhalten bei entsprechender Punktzahl günstige Prämien, Hotelangebote sowie Bargeld- und Essensgutscheine. Für besonders eifrige Spieler gibt es VIP-Karten mit Zutritt zu besonderen Lounges, persönlichem Service, Room-Upgrades und Show-Eintrittskarten. Durch die über die Kunden erfassten Daten erhalten die Casinos Informationen über Spielverhalten, Spielzeit und Strategien, aber auch über Essensgewohnheiten und weitere wahrgenommene Angebote. Entsprechend ihrem Wert für das Unternehmen können die Mitarbeiter die Gäste dann individuell behandeln. MGM erfasst die Daten sehr detailliert – noch werden sie allerdings nur teilweise genutzt. Harrah’s hat seit 1995 Daten über 23 Millionen Menschen gesammelt, acht Millionen von ihnen besitzen eine Harrah’s Total Rewards Card.

Selbst im Gesundheitswesen trifft man im Ausland mittlerweile auf Kundenkarten, so zum Beispiel bei der spanischen Privatklinik Clinicas Vital Dent. Hierbei steht für den Heraus-geber zum einen die Kundengewinnung und zum anderen die Kundenbindung im Vorder-grund. Gerade vor dem Hintergrund einer möglichen weiteren Liberalisierung und Privati-sierung des deutschen Gesundheitswesens ist dieses System einen intensiveren Blick wert.

Und auch die Hersteller nutzen den Kundenbindungs- und Verkaufsförderungseffekt von Kundenkarten. So arbeitet Coca-Cola beispielsweise in Holland recht erfolgreich mit einem Sammelprogramm – ähnlich den früheren „Knibbelbildern“, wie sie in den 70er Jahren in Deutschland zum Einsatz kamen. Die Karte spielt bei diesem System eine naturgemäß stark untergeordnete Rolle, da die Getränkeeinzelhändler vielfach rein logistisch nicht in der Lage wären, irgendeine Transaktion zu erfassen oder zu speichern. Einzig aus den Daten, die Coca-Cola aus der Prämien-Einlösung und aus den Antragsformularen sammelt, lassen sich für das Unternehmen Daten für sein CRM gewinnen.


Gemischte Zukunftsaussichten

Die Zukunftsaussichten für Kundenkartensysteme sehen Experten mit „gemischten Gefühlen“. Es ist davon auszugehen, dass bereits im Jahr 2002 zahlreiche Kundenkarten-Programme wieder eingestellt werden – zu halbherzig ist oft die Umsetzung, und zu uninteressant (bzw. zu austauschbar) sind die Leistungen aus der Sicht der Kunden. Der Trend wird dahin gehen, dass sich verschiedene Kundenkarten zu branchenübergreifenden Mehrwertprogrammen zusammenschließen werden – nur so – oder durch ein attraktives Mehrwertangebot – werden sich die kleinen Karten überhaupt gegen die „Großen“ wie Payback und Karstadt behaupten können. Mittelfristig werden medien-, standort- und branchenübergreifende Programme den größten Erfolg haben. Aber je später die unternehmensübergreifenden Mehrwertprogramme starten, desto schwerer werden sie es haben, sich gegenüber den Karten zu behaupten, die bis dahin die Stammplätze im Portmonee (und dem Herzen?) der Kunden erobert haben.

Wer mehr über die Gegenwart und die Zukunfts von Kundenkarten erfahren möchte, hat die Möglichkeit sich unter www.loyalty-hamburg.de/kuka_stud_landing_akt.html näher zu informieren oder die Studie direkt bei Loyalty Management Communications zu bestellen unter 040/72694727, Ansprechpartner: Herr Wassel.

Internet:
www.kundentreue.de
www.loyalty-hamburg.de

E-Mail:

info@loyalty-hamburg.de
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Autor: Patrick Wassel
eingestellt am 28. November 2001