Das Jahrzehnt der Suchmaschinenoptimierung

Kennen Sie noch Fireball, Altavista oder Infoseek? Vor zehn Jahren waren sie das bevorzugte Arbeitsgebiet für Suchmaschinenoptimierer. Und für genau diese Suchmaschinen ließ ab dem Jahr 2000 auch die Verlagsgruppe Handelsblatt unter anderem den Internetauftritt der absatzwirtschaft für die bessere Auffindbarkeit optimieren. Google – heute der Platzhirsch – war nur Insidern der Szene bekannt.

von Martin Kurth

Den Auftrag für die Optimierung erhielt das Team der späteren Sumo GmbH, heute einer der Marktführer in dieser Branche in Deutschland. Alwin Pipper, Mitarbeiter Nummer eins und heute Teamleiter bei der Kölner Agentur, blickt zurück: „Damals mussten wir viel Aufklärungsarbeit leisten und zunächst das Prinzip Suche und den Nutzen einer Auffindbarkeit über Suchdienste erklären.“ Wer sich erinnert, kann bestätigen: Die Qualität der Suchergebnisse war eher dürftig und relevante Suchergebnisse waren teilweise erst auf den zweiten oder dritten Trefferseiten zu finden. „Das Hauptaugenmerk der Suchdienste lag damals darauf, die rasch steigende Flut neuer Webseiten in den Index aufzunehmen. Die Algorithmen zum Sortieren der Webseiten waren rudimentär, kein Vergleich zu den ausgeklügelten Systemen, wie wir sie heute kennen“, ergänzt Christian Mauer, Geschäftsführer von Sumo.

„Zudem nahmen die Redaktionssysteme der damaligen Zeit überhaupt keine Rücksicht auf Suchmaschinenfreundlichkeit. Eine Hauptaufgabe bestand für uns also darin, die technischen Schnitzer auf den Websites auszubügeln“, erinnert sich Stefan Fischerländer, ein weiterer Pionier im Bereich Search Engine Optimization (SEO). Er gründete 2000 „Suchmaschinentricks.de“, eine der bis heute einflussreichsten Websites der Branche.

War der Boom zu erwarten?

In den folgenden Jahren erfuhren Suchdienste den bis heute anhaltenden Boom. Von einer kleinen Nische hat sich Suchmaschinenmarketing zum Werbezweig mit höchsten Wachstumsraten und Milliardenumsätzen allein in Deutschland entwickelt. Haben die Experten damals schon diese Entwicklung geahnt? „Eigentlich nein, denn ich hatte offen gestanden vor zehn Jahren nicht gedacht, dass sich die klassische Volltextsuche von damals bis heute halten wird. Suchmaschinen sehen ja im Grunde genommen noch genauso aus wie vor zehn Jahren. Andererseits war mir 2000 schon bewusst, dass es zentrales Thema sein wird, gefunden zu werden“, resümiert Fischerländer. „Wir haben schnell gespürt, dass das ein richtig großes Thema wird – im Gegensatz zu manchen Investoren. Als wir 2002 versuchten, Venture Capital zu bekommen, um schneller wachsen zu können, sind wir reihenweise abgeblitzt“, kann Mauer heute lachen.

Begleitet wurde die Entwicklung der Suchmaschinen unter anderem von der Einführung der Sponsored Listings, manchen großen und vielen kleinen Veränderungen im Algorithmus der Suchdienste und der Entwicklung hin zu Universal Search sowie die kürzlich gestartete Echtzeitsuche.

Kampf gegen schwarze Schafe

Der rasante Aufschwung hatte auch seine Schattenseiten. Besonders zu Beginn bedienten sich schwarze Schafe immer wieder dubioser Abrechnungsmethoden oder unseriöser Optimierungsmaßnahmen. „Da hat man sich manchmal schon geärgert, wenn Kollegen, die sich nicht immer an die Vorgaben von Google & Co. gehalten haben, mit weniger Mühe genauso viel Erfolg hatten“, gibt Fischerländer zu.

„Zurückblickend wird aber auch deutlich, dass nur die Anbieter erfolgreich sein können, die respektieren, dass die Suchdienste die Regeln aufstellen“, fügt Mauer hinzu. In der Vergangenheit gab es daher immer wieder Versuche, verbindliche Qualitätsstandards aufzustellen. „Wie das im Detail aussieht, darüber wird bis heute heftig diskutiert. Wichtig ist aber grundsätzlich, die Professionalisierung der Branche voranzutreiben“, meint Fischerländer.

Vom Optimierer zum Berater

Momentan befindet sich die Branche im Wandel. Suchmaschinenoptimierung ist im Marketing-Mix etabliert. Webdesigner, Programmierer und Anbieter von Content-Management-Systemen – alle berücksichtigen SEO bei ihrer Arbeit. Damit ändern sich auch die Aufgaben für die Anbieter. „Zu einer ganzheitlichen Optimierung gehört mittlerweile zu einem großen Teil auch Konzeption, Beratung und Schulung“, berichtet Mauer. Gefragt ist also nicht mehr nur technisches Know-how, sondern immer stärker Consulting. „Seit gut einem Jahr steigt das Interesse an Workshops und Beratung deutlich an“, bestätigt Fischerländer. Unternehmen streben danach, selbst Wissen für die Optimierung ihrer Webauftritte aufzubauen. Der Trend geht zum Insourcing. Online ist für manches Unternehmen zu einem so wichtigen Kanal für Vertrieb, Marketing und Mitarbeitergewinnung geworden, dass der SEO-Fachmann im Unternehmen selbst sitzen soll.

„Qualität setzt sich durch“

Und die Herausforderungen? „Momentan ist ein guter und sauberer Linkaufbau ein Muss für ein gutes Ranking. In der Praxis wird dabei häufig auf gekaufte Links gesetzt, was eigentlich nicht Google-konform ist. Die größte Herausforderung bleibt daher, erfolgreiche Optimierung zu machen und gleichzeitig den Richtlinien der Suchdienste gerecht zu werden“, schildert Fischerländer. „SEO wird sicher noch komplexer werden. Das liegt an den immer kniffligeren Algorithmen und an der Masse an Webseiten, die in direkter Konkurrenz um eine gute Platzierung stehen. Letztlich wird sich auch in den nächsten zehn Jahren Qualität durchsetzen – sowohl in Bezug auf Webseiten als auch auf Dienstleister“, schließt Mauer.

Weitere Informationen finden Sie unter:
www.sumo.de,
www.suchmaschinentricks.de

Über den Autor:
Martin Kurth betreut Kunden der Sympra GmbH in Stuttgart und Themen aus den Bereichen Mobilität, IT und Telekommunikation. Zudem ist er Ansprechpartner, wenn es um Web 2.0, Web 3D, Social Commerce oder andere Cyberthemen geht.