Customer Experience Networks: In der Geschäftswelt überlebt nicht der Stärkste

Services von Partnern und Zulieferern zusammenbringen und dem Kunden so die bestmögliche Erfahrung liefern – das ist eine Aufgabe, der sich Händler heute stellen sollten. Dazu sollten sie die Omnichannel-Strategie hinter sich lassen und ein Customer Experience Network aufbauen.
Vorteile der Plattform-Ökonomie sind die stärkere Vernetzung der Menschen. Der Kunde wird zum Herzstück eines Netzwerks aus Interaktionen

VonAutor / Redakteur: Antoine Rizk / Georgina Bott, zuerst erschienen auf Marconomy.de

„Es ist nicht die stärkste Spezies, die überlebt, und auch nicht die intelligenteste, sondern diejenige, die am anpassungsfähigsten auf Veränderungen reagiert.“ Dieser oft zitierte und fälschlicherweise Charles Darwin zugeschriebene Satz stammt eigentlich von Leon C. Megginson und bezog sich gar nicht auf die Biologie, sondern auf Managementpraktiken in der Geschäftswelt. Diese Aussage gilt in der heutigen Welt des Handels mehr denn je: Wer in der digitalen Revolution „anpassungsfähig auf Veränderungen“ reagiert, ist Teil der Plattform-Ökonomie.

Jenseits von Omnichannel

Die jüngst erfolgte Übernahme von Whole Foods durch Amazon war von der Einsicht getragen, dass reiner Onlinehandel auf die Dauer kein tragfähiges Modell ist (genauso wenig wie der reine stationäre Handel). Eine moderne Einkaufserfahrung muss kundenzentriert sein – der Kunde muss seine Einkäufe in digitalen und physischen Einkaufswelten tätigen können und dies als einheitliche Erfahrung wahrnehmen.

Physische und virtuelle Handelskanäle sind jedoch nicht die einzigen Teile der riesigen Handelsumgebung, die zum Kundennutzen beitragen können – viele weitere Elemente leisten ihren Beitrag zum Kundenerlebnis: Zulieferer, Banken, Behörden, Logistikanbieter usw.

Die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Händlern und externen Akteuren sollte ausgewogen erfolgen und unter dem Strich ein komplettes Bild ergeben. Ein typisches Beispiel dafür wäre, dass Händler die Zuständigkeit für Bestandsauffüllungsprozesse an Lieferanten abgeben, wie es bei der direkten Filialbelieferung der Fall ist. Das setzt jedoch Vertrauen voraus. Wenn Händler die Bestandsauffüllung in die Hände von Lieferanten legen wollen, müssen sie ihnen vollen Einblick in den Warenbestand, die Verkaufszahlen und andere relevante Daten geben.

 

Die Handelsumgebung als ein Customer Experience Network. (Bild: Axway)

Sofern Sie nicht die gesamte, eingangs erwähnte Handelsumgebung übernehmen können, müssen Sie Ihre Prozesse, Datenflüsse und Steuerungsmechanismen so anpassen, dass sie Teil dieses Systems sind – das wie eine Einheit im Dienste des Kundennutzens agiert. Um dem Kunden besser dienen zu können, werden Unternehmen in Zukunft ihren Zugriff auf die gesamte Umgebung inklusive Mitarbeitern, Lieferanten, Partnern, externen Datenquellen und Services optimieren und im Zuge dessen die erwähnten Customer Experience (CX) Networks schaffen müssen – unabhängig davon, ob der Kunde aus dem B2B- oder B2C-Bereich kommt.

Bei der Implementierung eines CX-Netzwerks geht es in erster Linie um die Schaffung einer Community mit Services über eine Plattform. Sein Erfolg wird davon abhängen, wie schnell Sie mit den Unternehmen in Ihrer Umgebung eine kritische Masse an Interaktionen erreichen können.

Das Kundenerlebnis aus heutiger Sicht

Kunden fühlen sich heute nicht mehr an ein einzelnes Geschäft gebunden. Vielmehr begreifen sie sich als Mittelpunkt einer Vielzahl von Services unterschiedlichen Ursprungs, die ihnen im Zusammenspiel dabei helfen, das Produkt zu finden, auszuwählen, zu kaufen und zu bekommen, das in einer konkreten Situation am besten ihre Bedürfnisse erfüllt.

Zudem ist der moderne Kunde heute viel besser informiert. Er studiert Bewertungen anderer Kunden, Produktkataloge und Vergleichsportale. Er kann nach den umweltbezogenen Merkmalen des Produkts fragen, sich im Herstellerkatalog informieren usw. Und Kunden sind nicht nur passive Empfänger von Informationen: Über Rezensionen, soziale Netzwerke, Interaktionen im Rahmen der Kundenbeziehung und indirekt über die Produkte, die sie besitzen, werden sie selbst zu Informationsquellen.

Und wichtiger noch: Kunden liefern Daten für ihre größere Umgebung. Beispielhaft wäre hier ein Interessent zu nennen, der Kontakt mit einer Immobilienfirma hatte, weil er ein neues Haus kaufen wollte. Dieses Ereignis in seinem Leben kann (neben vielen anderen) für seinen Händler für Heimwerkerbedarf besonders interessant sein, weil er davon ausgehen kann, dass Bedarf für Wandfarbe, Fußbodenbelag oder einen Rasenmäher besteht.

Die Plattform-Ökonomie

Die Plattform-Ökonomie hat ihre Vorteile bereits unter Beweis gestellt: Sie sorgt für eine stärkere Vernetzung der Menschen, weil Informationen effizient erfasst und geteilt sowie Bedarf und Nachfrage effektiv aufeinander abgestimmt werden.