Content-Marketing als Differenzierungsmerkmal für B2B-Marketer

Die zunehmende Nutzung von Social Media und das Aufkommen von Community-Marketing zeigen, dass der Kaufprozess nicht länger vom Anbieter angesteuert wird, sondern vom Abnehmer. Tatsächlich forschen potenzielle Käufer zunächst selbst gründlich nach, bevor sie überhaupt einen Anbieter kontaktieren. So hat eine Forrester-Untersuchung des B2B-Abnehmerverhaltens ergeben, dass Abnehmer fast 70 Prozent der benötigten Informationen selbst finden, während nur jeweils 15 Prozent davon vom Marketing beziehungsweise vom Vertrieb übermittelt werden.

Von Peter O´Neill

Darüber hinaus sind die Anforderungen, die Abnehmer von B2B-Produkten und –Dienstleistungen an informierende und beratende Inhalte stellen, äußerst verschieden, da sie auf ihrer Funktion, dem Geschäftsbereich, dem Standort sowie der Stufe des Kaufprozesses beruhen.

Die Bereitstellung einer effektiven, an den Kundenlebenszyklus angepassten Content-Marketing-Strategie ist für B2B-Marketer entscheidend, um sich positiv vom Wettbewerb zu differenzieren. Gute Inhalte sorgen dafür, dass potentielle Abnehmer auf ihrer Suche nach einer Lösung schneller ans Ziel gelangen. Da zudem immer mehr Business-Lösungen „as-a-Service“ angeboten werden, müssen B2B-Marketer mehr Verantwortung für die Bereitstellung von Inhalten an allen Touchpoints im Kundenlebenszyklus übernehmen und nicht nur für die Phasen Bewusstsein und Präferenz.

Bereitstellung der richtigen Inhalte für alle ist schwer

Das traditionelle Marketing-Content-Portfolio, konzipiert für Kampagnen zur Leadgenerierung nach dem Prinzip „Anbieten-Reagieren-Erfüllen“ oder für durch Sales Leads erzeugte Kaufprozesse ist längst nicht mehr aktuell. B2B-Marketer müssen die richtigen Inhalte generieren und diese allen möglichen Zielgruppen zum richtigen Zeitpunkt bereitstellen. Die Durchführung fällt ihnen jedoch immer schwerer (siehe Abbildung 1).


Die Generierung überzeugender Marketing-Inhalte entwickelt sich immer mehr zu einem komplexen Geschäftsprozess. Und zwar aus mehreren Gründen: So wird die Komplexität beispielsweise durch die starke Zunahme von Abnehmern und Einflussnehmern erhöht, da diese die B2B-Marketer dazu zwingt, eine noch breitere Gruppe von Anwendern beziehungsweise Nutzern von Applikationen und Technologien zu berücksichtigen. Des Weiteren wird die Agenda jetzt von den Abnehmern diktiert, da ihnen endlose Informationsquellen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus bedarf der Abnehmer zu verschiedenen Zeiten unterschiedlicher Inhalte. Doch was ihn überzeugt, variiert je nach Markt (basiert auf Unternehmenskultur und Marktreife). Und schließlich können falsch aufgefasste oder schlecht positionierte Inhalte heutzutage sogar der Reputation schaden.

Auch Content Delivery Vehicles sind kritisch

B2B-Marketer müssen nicht nur sicherstellen, dass ihr Portfolio die richtigen Inhalte enthält, sondern sie müssen auch eine zunehmende Anzahl von Marketing Vehicles (= Marketingträgern) zur Übermittlung dieser Inhalte verwenden. Interessenten stehen auf ihrem Weg zum letztendlichen Kauf zahlreiche erschiedene Marketingträger zur Verfügung, beispielsweise Broschüren, Suchfunktionen, Online-Medien, Veranstaltungen, Broadcast-Angebote und Social Media, um nur einige zu nennen. Darüber hinaus verwenden die meisten B2B-Anbieter und Dienstleister ebenfalls einen indirekten Kanal, um ihre Kundenzielgruppen zu erreichen. Somit entpuppen sich diese Partner gleichfalls als kritisches Marketing-Vehicle, das den Abnehmern Inhalte zur Verfügung stellt. B2B-Marketer, die mit ihren Inhalten auf die falschen Marketing-Vehicles ausgerichtet sind, müssen dafür in vielfältiger Weise büßen: Sie generieren weniger Leads, erzeugen niedrigere Responseraten und müssen längere Verkaufszyklen in Kauf nehmen. Der Clou besteht darin, dafür zu sorgen, dass in den 70 Prozent vom Abnehmer selbst gefundenen Inhalten entsprechender Marketing-Content zu finden ist.

Content Management wird strategisch

B2B-Marketer nehmen jetzt in zunehmendem Maße digitale Inhalte in ihren Content-Mix auf – und somit gehören die alten Instrumente des B2B-Marketings mit ihren Datenblättern, Imagebroschüren, White Papers und Kundenreferenzen bald definitiv der Vergangenheit an. Content Management entwickelt sich zu einem strategischen Marketing-Prozess, der von einem engagierten Team aus Produktmanagern, kreativen Designern und Autoren sowie Web-Content Managern regelmäßig besprochen wird. Eine Content-Management-Strategie umfasst die eingehende Erforschung und Dokumentierung der Zielgruppen, die Erstellung überzeugender Inhalte für jede Ziel-Persona und die Kanalisierung der Inhalte für Abnehmer in einer Weise, dass dieser sie findet, wenn er sie am dringendsten benötigt.

Experten-Tipp: Inhalte an das Informationsnutzungsmuster der Zielgruppe anpassen

Wenn erfolgreicher Marketing- Content auf den Informationsweg eines jeden Abnehmers ausgerichtet ist, müssen B2B-Marketer zunächst diese Wege identifizieren und verstehen. Forrester empfiehlt Folgendes:

1. Verwenden Sie Personas, um den Weg des Abnehmers zu organisieren, den dieser beschreiten wird. Personas bieten einen ausgezeichneten Rahmen zur Organisierung der Art des Inhalts, des Zeitpunkts, wann dieser benötigt wird und der Entscheidung, über welchen Träger der Inhalt in bereits vorhandenen Segmentierungen wie Funktion, Dienstalter oder Geographie übermittelt wird.

2. Verwenden Sie Daten und Erkenntnisse, um die Content-Bedürfnisse Ihres Abnehmers zu verstehen. Nutzen Sie vorhandene Datenquellen wie beispielsweise die Ergebnisse aus früheren Kampagnen, Nutzungsdaten Ihrer Website, Feedback von Vertrieb und Partnern und Ergebnisse von Tiefeninterviews. Füllen Sie Ihre Personas mit diesen Erkenntnissen.

3. Versuchen Sie nicht, alle Inhalte selbst zu erstellen. Wahrscheinlich gibt es bereits eine Fülle von Inhalten, die von Bloggern, Technologie- oder Business-Profis, Beratern und Partnern erstellt wurden, und die auf die Bedürfnisse Ihrer Abnehmer ausgerichtet sind. B2B-Marketer sollten nach Möglichkeiten suchen, diese Objekte in ihr Content-Portfolio aufzunehmen, statt sie erneut zu erstellen.

4. Suchen Sie nach Möglichkeiten zur Wiederverwendung. Ein spezifisches Content-Objekt kann oft unterschiedlichen Zielgruppen in verschiedenen Phasen des Kaufprozesses dienen. Erstellen Sie ein Venn-Diagramm für jedes Content-Objekt, um zu identifizieren, wie oder wo es sonst noch verwendet werden kann.

5. Setzen Sie Ihren Content dort ein, wo Abnehmer ihn finden können, doch drängen Sie ihn dem Kunden nicht auf. Identifizieren Sie die wichtigsten Destinationen (wie Websites, Gemeinschaften, oder Online-Publikationen), die Ihre Abnehmer nutzen. Nutzen Sie diese Destinationen, um Ihre Content-Objekte zu integrieren oder Teilinhalte zu erstellen.

Über den Autor: Peter O’Neill ist Vice President und Principal Analyst bei Forrester Research mit Sitz in Deutschland. Er ist auf B2B-Marketing spezialisiert. Peter O´Neills Blog: http://blogs.forrester.com/peter_oneill