China entwickelt Brands für Europa

Eine aktuelle Studie der Düsseldorfer Namensagentur Nomen untersucht Naming-Strategien chinesischer Unternehmen in Europa. Viele etablierte Markennamen tarnen sich westlich, während neue Marken die chinesische Herkunft selbstbewusst hervorheben. Letzteres sei ein Fehler, sagt Nomen-Geschäftsführerin Sybille Kircher, da chinesische Namen keine Markenwerte, sondern vielfach Ressentiments hervorrufen. Eine Doppelmarkenstrategie sei die erfolgversprechendste Lösung, wenn sich interkulturelle Gegensätze nicht überbrücken lassen. Im Bild: eine Herborist-Essenz der chinesischen Jahwa-Group.

Die Zeiten, in denen sich China nach westlichem Verständnis nur über Plagiate einen Namen gemacht habe, seien vorbei. Chinesische Unternehmen hätten das Thema Marke für sich entdeckt. Im Jahr 2010 habe China mit 1.057.480 Marken erstmals mehr Marken an als jede andere Nation angemeldet.

Zum Vergleich: In Deutschland waren es im gleichen Zeitraum nur 69.072 Marken. Das steigende Markenbewusstsein Chinas sei das Ergebnis der Marktöffnungspolitik, die in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts in kleinen Schritten begonnen habe. Inzwischen hätten enorme Veränderungen stattgefunden: So seien die staatlichen Unternehmen etwa zur Hälfte privatisiert und bereiten sich auf die Eroberung der internationalen Märkte vor.

In ihrer aktuellen Studie hat die Düsseldorfer Namensagentur Nomen International Deutschland untersucht, mit welchen Naming-Strategien chinesische Unternehmen auf dem europäischen Markt Fuß fassen wollen. Das Ergebnis: Bei der Wahl ihrer Markennamen beweisen chinesische Unternehmen Kreativität und steigendes Selbstbewusstsein. Vielen etablierten chinesischen Marken sieht man ihre Herkunft nicht an.

„Lenovo, Haier oder Alibaba sind Beispiele für die sogenannte Tarnstrategie“, erläutert Nomen-Gesellschafterin Sybille Kircher. „Diese westlich anmutenden Namen wurden gewählt, weil chinesische Marken im Ausland einen eher zweifelhaften Ruf genießen. Hierzulande assoziieren Verbraucher mit dem Label ,Made in China‘ unter anderem Plagiate, schlechte Qualität, niedrige Preise und Massenfabrikation zu oft menschenunwürdigen Bedingungen. Deshalb arbeiten chinesische Unternehmen intensiv an einer Korrektur ihres Negativ-Images. Sie versuchen, sich über ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis auf westlichen Märkten zu positionieren und unterstreichen dies mit ansprechenden Namen.“

Inzwischen zeichne sich ein neuer Trend ab. Immer mehr chinesische Unternehmen, darunter die Suchmaschine baidu.com, der Elektronikhersteller Changhong oder der Milchprodukteanbieter Mengniu, betonten mit ihren chinesischen Markennamen ihre Herkunft. Ob diese in Europa Fuß fassen könnten, ist nach Ansicht von Naming-Expertin Sybille Kircher jedoch fraglich.

„Die interkulturellen Hürden zwischen Europa und Asien sind unverändert hoch. Insbesondere die Anpassung des Markennamens ist eine wichtige Voraussetzung für den Markenerfolg“, betont sie. Ihrer Ansicht nach begehen chinesische Unternehmen, die markentechnisch in Europa „mit dem Kopf durch die Wand wollen“, einen großen Fehler. „Derzeit wiederholt sich, was europäische Unternehmen bereits in umgekehrter Richtung lernen mussten. Einen europäischen Namen kann man nicht eins zu eins nach Asien übertragen, da er keine Assoziationen und somit keine Markenwerte wachruft“, sagt Kircher. Umgekehrt sei das genauso. Fernöstliche Namen blieben Europäern fremd, auch wenn sie bei Muttersprachlern eine Fülle von Bildern und Emotionen auslösten.

„Wenn sich interkulturelle Gegensätze nicht überbrücken lassen“, sagt die Markenexpertin, „ist eine Doppelmarkenstrategie die beste Lösung.“ Erfolgsbeispiele sind Herborist, eine von der chinesischen Jahwa-Group für den westlichen Markt konzipierte Kosmetikmarke, und Shang Xia, eine von Hermès für den chinesischen Markt entwickelte Luxusmarke.

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